07.05.2024

Taiwan Today

Kultur

Lee Ang trumpft mit neuem Film auf

01.01.2013
(Foto: Central News Agency)
Lee Angs (李安) neuer Streifen mit atemberaubenden 3D-Effekten, der am 21. November vergangenen Jahres in Taiwan, Indien und den USA seine Weltpremiere feierte und am 26. November in Paris sein europäisches Debut erlebte, ist seit dem 26. Dezember nun auch in deutschen Kinos zu sehen. Nach dem internationalen kommerziellen Kinostart spielte der Film, dessen Produktionskosten sich auf 120 Millionen US$ beliefen, bis zur Jahreswende über 300 Millionen US$ ein.

Der Film auf der Grundlage des 2001 erschienenen Romans „Schiffbruch mit Tiger“ vom kanadischen Schriftsteller Yann Martel handelt von einem indischen Jungen namens Piscine Patel, genannt Pi, dessen Eltern in Indien einen Zoo betreiben und sich aufgrund von Sorgen um die politische Lage in Indien zum Auswandern nach Kanada entschließen. Gemeinsam mit einigen Tieren aus dem Zoo sticht die Familie auf einem japanischen Frachtschiff in See, das jedoch in einem schweren Sturm untergeht. Die einzigen Überlebenden sind Pi und mehrere Tiere, die sich nach und nach gegenseitig auffressen, bis am Schluss neben Pi nur ein bengalischer Tiger übrig bleibt. In den Monaten auf dem Pazifik gelingt es Pi, die Raubkatze zu zähmen, bis das Rettungsboot mit den beiden von Hunger geschwächten Insassen an einer von Algen bewachsenen Insel antreibt. Zwar kommen die beiden dort wieder zu Kräften, doch als Pi entdeckt, dass die Algen nachts zu fleischfressenden Pflanzen werden, besteigt er mit dem Tiger wieder das Rettungsboot und begibt sich aufs Meer. Am Schluss werden sie an der mexikanischen Küste angeschwemmt, wo der Tiger auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Da Pi, als er später seine Geschichte erzählt, niemand seine Abenteuer mit den Tieren glaubt, konstruiert er seine Erlebnisse für die Zuhörer so um, dass Menschen die Rollen der Tiere erhalten.

Gedreht wurde der Film überwiegend in Taiwan, und alle in den Anfangssequenzen gezeigten Tiere stammten aus dem Zoo von Taipeh. Damit war der 1954 geborene Lee nach mehreren Hollywood-Erfolgen wieder in seiner Heimat tätig gewesen. Bei einem Filmfest in New York im September vergangenen Jahres betonte Lee, wie enthusiastisch und tatkräftig man ihn in Taiwan unterstützt habe, und tatsächlich verfüge Taiwan über alle Ressourcen, die man brauche, um Filme zu machen. Im Gegenzug hofft Lee, dass seine Arbeit in Taiwan und „die Hollywood-Erfahrung“ die taiwanische Filmindustrie ankurbelt, und er brachte seinen Traum zur Sprache, in der zentraltaiwanischen Stadt Taichung — wo man für den Film ein 150 Millionen NT$ (3,9 Millionen Euro) teures Wellenbecken mit 12 Wellengeneratoren errichtet hatte — einen Filmpark aufzubauen. Taiwans Kulturministerin Lung Ying-tai (龍應台) erklärte bei einer Begegnung mit Lee, sie hoffe, dass der neue Film mehr Autoren, Regisseure und Produzenten inspirieren werde.

Der taiwanische Regisseur Lee Ang kam im November vergangenen Jahres in seine Heimat, um bei der Premiere seines jüngsten Kinofilms „Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger“ dabei zu sein. Bei einer Pressekonferenz in Taipeh stellte er Suraj Sharma, den Hauptdarsteller des Films, vor. (Foto: Central News Agency)

Dem einheimischen Filmgewerbe riet Lee, sich auf computergenerierte Bildtechniken und visuelle Effekte zu konzentrieren, um international mitzuhalten, ein Rat, der angesichts von Taiwans Stärke bei Informations- und Kommunikationstechnologie Sinn macht. Im November 2012 war Lee bei der Eröffnung des hochmodernen Filmstudios VFX Center, der Taiwan-Niederlassung des US-amerikanischen Unternehmens für Trickfilm und visuelle Effekte Rhythm & Hues Studios Inc. (R&H) in der südtaiwanischen Hafenmetropole Kaohsiung, persönlich anwesend. Die Firma hatte sich aufgrund der positiven Erfahrungen in Taiwan während der Dreharbeiten zu dem Schritt entschlossen und hat bereits ein Schulungsprogramm für einheimische Digitalkünstler begonnen.

Bei Redaktionsschluss stand noch nicht fest, ob und für welche Kategorien der Preisverleihung vom Academy Awards „Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger“ nominiert werden würde, aber laut Medienbeiträgen bestehen gute Aussichten auf die Nominierung zum Oscar für beste Regie. Auch so kann sich die anfängliche Bilanz von Ehrungen sehen lassen. Das Werk wurde von der Zeitschrift Time Magazine zum Drittbesten Film des Jahres gewählt, vom Amerikanischen Filminstitut zu einem der zehn besten Filme des Jahres 2012 erklärt, vom Hollywood-Auslandspresseverband (Hollywood Foreign Press Association, HFPA) für 3 Golden Globes nominiert, daneben gab es unter anderem neun Nominierungen für den Kritikerpreis des nordamerikanischen Verbandes Broadcast Film Critics Association (BFCA) sowie etliche Preise von US-amerikanischen Filmkritikergesellschaften und –kreisen (Phoenix, San Diego, St. Louis, Las Vegas, Kansas City, San Francisco), meist in den Kategorien Beste Kamera und Beste visuelle Effekte. Bei so viel Zuspruch durch Publikum und Kritik darf man den anstehenden Galas für Golden Globes und Oscars mit erwartungsvoller Spannung entgegensehen.

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