08.05.2024

Taiwan Today

Kultur

Trittsteine im Norden

01.05.2013
Vor Taiwans Nordostküste bilden die Inselchen Huaping (花瓶嶼), Mianhua (棉花嶼) und Pengjia (彭佳嶼) eine Inselgruppe, die allgemein unter der Bezeichnung „Drei Nordinseln“ (北方三島) bekannt ist. Administrativ gehören die Inseln zum Verwaltungsgebiet des Bezirks Zhongzheng der nordtaiwanischen Hafenstadt Keelung. Als Staatspräsident Ma Ying-jeou (馬英九) am 7. September vergangenen Jahres Pengjia besuchte und den Souveränitätsanspruch der Republik China über die Diaoyutai-Inselgruppe (釣魚台列嶼) 76 Seemeilen weiter östlich bekräftigte, erregten die zuvor wenig bekannten drei Nordinseln sofort die Aufmerksamkeit von Bürgern in ganz Taiwan.

Pengjia, 33 Seemeilen nördlich von Keelung, nimmt eine Fläche von etwa 1,14 Quadratkilometern ein, Mianhua hat 0,12 Quadratkilometer Fläche, und Huaping ist mit lediglich 0,03 Quadratkilometern die kleinste Insel der Gruppe. Die Entstehung aller drei Inseln geht auf vulkanische Aktivität zurück. Heute bieten die erstarrten Gesteinsschichten in den umliegenden Gewässern einen guten Lebensraum für Korallen, Seetang und andere Organismen, die auf dem Meeresgrund gedeihen, woraus ein hochgradig vielfältiges Korallenriff-Ökosystem entstand.

Im Jahre 1994 beauftragte die Stadtverwaltung Keelung die Wildvogelgesellschaft Keelung damit, auf den drei Nordinseln ökologische Studien durchzuführen. Die Gesellschaft verzeichnete die Präsenz selten anzutreffender Vögel und Insekten und vermerkte ungewöhnliche geologische Formationen. Als besonders interessant galten die Beobachtungen von Seeschwalben (Sterna anaethetus) und Braunen Seeschwalben (Anous stolidus) — zwei Vogelarten, die nach den Gesetzen der Republik China unter Naturschutz stehen — auf Mianhua und Huaping. Daraufhin erklärte die Stadtverwaltung Keelung die beiden Inseln 1996 zu Wildtier-Schutzgebieten, weswegen sie für die allgemeine Öffentlichkeit gesperrt sind, nur Forschungsteams mit einer Sondergenehmigung der Stadtverwaltung Keelung haben noch Zutritt.

Pengjia unterliegt zwar nicht solchen Tierwelt-Beschränkungen, trotzdem braucht man für einen Besuch eine Erlaubnis von der Küstenwachenverwaltung (Coast Guard Administration, CGA), der für die Inseln zuständigen Behörde in Ministeriumsrang. Pengjia ist die einzige der drei Inseln, auf der Anzeichen für Besiedlung durch Menschen erkennbar sind, schon während der Qing-Dynastie (1644-1911, auf Taiwan 1683-1895) ließen sich Fischer dort nieder. Pengjias Bevölkerung besteht heute aus Angehörigen der Küstenwache sowie Personal der Wetterstation und des Leuchtturms auf der Insel.

In der Vergangenheit lebten auf Mianhua 44 Ziegen, die man auf das einsame Eiland verfrachtet hatte, um Fischern, die in der Gegend schiffbrüchig wurden, eine Nahrungsquelle für den Notfall zu bieten. Später erkannte man jedoch, dass die Ziegen eine ernste Bedrohung für brütende Seevögel und einheimische Pflanzen darstellten, und im August 1996 transportierte man sie zurück auf die Hauptinsel Taiwan. In den Jahren seither hat sich Mianhuas Vegetation wieder erholt, und die Oberfläche der Insel ist mit dem schönen Beifußgewächs Wohlriechende Aschenblume (Crossostephium chinense) bedeckt. Mianhua ist überdies wegen seiner Meereshöhlen bekannt, von denen viele über die Wasseroberfläche reichen.

Auf der winzigen Insel Huaping findet man eigentümliche Felsbrocken mit hohem Metallgehalt, die durch Oxidation grüne, eisengraue, rote und gelbe Farbtöne annehmen. Zwar liegt der höchste Punkt von Huaping nur 53 Meter über dem Meeresspiegel, doch aufgrund der zerklüfteten Riffe und des steilen, schroffen Terrains ist die Insel ein trefflicher Lebensraum und eine Brutstätte für Seevögel.

Dank Förderung durch die Meeresnationalpark-Zentrale (Marine National Park Headquarters, MNPH) begann die Wildvogelgesellschaft Keelung im September 2012 damit, in taiwanischen Grund- und Mittelschulen die Schönheit von Pengjia, Mianhua und Huaping mit Präsentationen vorzuführen, um die Schüler mit der Ökologie und Landschaft der Inseln bekannt zu machen. Das ist möglicherweise aber erst der Anfang der Bemühungen von MNPH für den Schutz der Insel, denn die Zentrale erwägt die Einrichtung einer Meeresschutzzone in ihrer Umgebung, in denen Schutzvorschriften wie in einem Nationalpark gelten würden. Die einst unbekannten drei Nordinseln machen sich nun als weiteres Beispiel für die Schönheit und Vielfalt von Taiwans natürlicher Umwelt einen Namen.

(Deutsch von Tilman Aretz)


Die Insel Pengjia, 33 Seemeilen nördlich von Keelung gelegen, ist die einzige der drei Nordinseln vor Taiwan mit menschlicher Besiedlung. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Wild Bird Society of Keelung)


Die Insel Mianhua ist bekannt für ihre spektakuläre Felssäule und Meeres-Höhlen, von denen viele bis über die Wasseroberfläche reichen. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Wild Bird Society of Keelung)


Das winzige Inselchen Huaping ist mit seinen felsigen Riffen und dem steilen, schroffen Terrain eine treffliche Zuflucht für Seevögel. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Wild Bird Society of Keelung)


Steinkorallen der Art Acroporidae. Die Gewässer vor Taiwans drei Nordinseln bieten einen guten Lebensraum für Korallen, Seetang und andere am Meeresgrund lebende Organismen. (Foto: Courtesy Marine National Park Headquarters)

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