29.04.2024

Taiwan Today

Kultur

Mit weiblichen Augen

01.07.2013
In Das Zeitdiagramm der Mutter spielt Annie Hsiao-ching Wang (汪曉青) die Rollen von Fotografin und Motiv. Die Bilderreihe erkundet ein Mutter-Kind-Verhältnis über einen Zeitraum von 15 Jahren, das mit Wangs Schwangerschaft anfängt. Ein Thema ist das Verstreichen von Zeit, das Wang mit Fotos darstellt, auf denen das jeweils vorangegangene Foto als Hintergrund zu sehen ist. Mit der zunehmenden Zahl von Bildern gewinnt der Betrachter ein Gefühl von den facettenreichen Schichten der Vertrautheit, die sich zwischen einer Mutter und ihrem Sohn in diesem speziellen Fall und auch bei zwischenmenschlichen Beziehungen allgemein im Laufe der Zeit entwickeln.

Wang promovierte an der Schule für Kunst und Kommunikation der Universität Brighton in Großbritannien. Bei ihrer Arbeit stehen Gedanken über weibliche Identität und visuelle Kultur im Mittelpunkt, und Das Zeitdiagramm der Mutter kontempliert sowohl über Mutterschaft als auch über Selbstverständnis. Abgesehen von Fotografie arbeitet Wang in den Medien Malerei, Videos, gemischte Medien und Installationskunst. Sie ist künstlerische Leiterin des Chien Tien Art Space im osttaiwanischen Hualien, daneben lehrt sie an der National Dong Hwa University im Landkreis Hualien und der Taipei Municipal University of Education.


Dieses feierliche Ritual ist Ausdruck des Dankes für Schutz durch die fünf himmlischen Könige der Gegend. Die Zeremonie ist ein bedeutendes Ereignis, das nur ungefähr einmal in zehn Jahren auf der vorgelagerten Penghu-Inselgruppe stattfindet, und umfasst eine Prozession (rechts), bei der eine Statue des Führers der Könige herumgetragen wird, bevor man das Schiff anzündet bzw. zur „Patrouille der Gegend hinausschickt“. (Foto: Chang Yung-chieh)

Die zwei Fotoreihen von Chang Yung-chieh (張詠捷) sind durch ihren dokumentarischen Stil gekennzeichnet. Kultur und Tradition stehen bei Changs Darstellung der Rukai-Ureinwohner im Dorf Kochapongane im südtaiwanischen Landkreis Pingtung im Vordergrund. In der Sprache der Rukai bedeutet der Name des Dorfes „Erben des Nebelparders“, und so lautet auch der Titel der einen Bilderreihe. Durch das Objektiv der Kamera beobachtet Chang nicht nur die Schönheit der traditionellen Rukai-Kultur, sondern auch den schwierigen Ablauf der kulturellen Anpassung, mit dem der Volksstamm zu schaffen hat.

Ewiges Schatzschiff ist Changs zweite Fotoreihe und befasst sich mit den kunstvoll geschmückten Booten, die auf einem leichten Holzrahmen gebaut und als Opfer für die Götter verbrannt werden, in diesem Fall als Gabe für die Himmlischen Könige. 1996 kehrte Chang in ihre Heimatstadt auf der Inselgruppe Penghu vor Taiwans Westküste zurück, und im Laufe der folgenden sieben Jahre baute sie eine Organisation auf, um die kulturelle und mündlich überlieferte Geschichte der Inselgruppe aufzuzeichnen, und örtliche volkstümliche Rituale hielt sie mit ihrer Kamera fest. Durch ihre Bilder gewinnt man ein Gespür für das Alltagsleben und die religiösen Glaubensvorstellungen der Menschen auf Penghu.





Kinder in traditioneller Tracht erwarten den Beginn einer örtlichen Festlichkeit (Foto: Chang Yung-chieh)


Auf einer Salzfarm in der südtaiwanischen Stadt Tainan schaufelt ein Arbeiter Salz auf Lehmparzellen. In der Gegend befinden sich die ältesten Salzpfannen des Landes, die mittlerweile eine Touristenattraktion geworden sind. (Foto: Chang Hsiu-huang)

Die Schönheit von Taiwans Umwelt ist das zentrale Thema der Bilderreihe Licht und Schatten von Chang Hsiu-huang (張秀凰), wobei sie sowohl abgelegene Orte in den Bergen als auch urbane Zentren abgelichtet hat. Chang bringt eine breite Palette von Techniken zur Anwendung, um die vielfältige Landschaft der Insel einzufangen. „Taiwans geringe Größe bedeutet, dass man relativ leicht sehr unterschiedliche Szenerien nacheinander bewundern kann, von Berglandschaft bis zum Blick aufs Meer“, beschreibt sie.

Ihre berufliche Laufbahn begann Chang indes nicht als Fotografin. Eine Zeitlang arbeitete sie in einem Büro, verfolgte aber trotz Druck vom Beruf ihre Leidenschaft für Fotografie. Zunächst knipste sie als Hobby Blumen, mit der Zeit entwickelte sich dies zur Arbeit als Landschaftsfotografin. Durch diesen Ablauf lernte sie, trotz der geringen Größe der Insel den Reichtum von Taiwans Umwelt und Kultur hochzuschätzen.






Fische, vom Leuchtgeschoss der Fischer aufgescheucht, springen aus dem Wasser. Feuerfischerei ist eine traditionelle Fangmethode. (Foto: Chang Hsiu-huang)


Chien Fu-yu (簡扶育) zeichnet Geschichte von einem weiblichen Standpunkt aus auf. Anfang der achtziger Jahre kam sie in Kontakt mit der Frauenbewegung und arbeitete in einer Zeit großer gesellschaftlicher Umwälzungen, als der Kampf gegen das Kriegsrecht im Land auf Hochtouren lief, für mehrere einschlägige Zeitschriften.

In ihrer Bilderreihe Eine Geschichte der Frauen zeichnen die Porträts das Leben von Frauen auf, die im Bereich ihres eigenen Strebens große Erfolge erzielten, darunter Kunst, Literatur und Wissenschaften. Während die Fotos als Fenster auf das persönliche Leben bemerkenswerter Individuen, besonders älterer Frauen, gelten können, dehnen sie auch die Erzählung von Taiwans Entwicklung auf die Beiträge und Geschichte der Frauen aus.

„Um mich mit der Kamera und dem Stift als Werkzeug um Menschen und Dinge — besonders Frauen — zu kümmern und diese aufzuzeichnen, bin ich überhaupt erst zur Fotografie gekommen, und bis heute ist das ein Engagement von mir geblieben“, erklärt Chien.

(Deutsch von Tilman Aretz)

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