05.05.2024

Taiwan Today

Kultur

Sammler und Taiwanfreunde

01.07.2014
Im November 1974 besuchte Rolf Italiaander die Shuanglian-Grundschule in Taipeh und unterhielt sich während einer Kunstunterricht-Schulstunde mit den Kindern. (Archivfoto)
Spätestens seit der erfolgreichen Verfilmung seines Romans „Das Boot“ im Jahr 1981 ist der deutsche Schriftsteller Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) den meisten Menschen in Deutschland und den Nachbarländern ein Begriff. Buchheims kulturelle Leistungen gehen allerdings weit über das Feld der Kriegsbewältigungsliteratur hinaus. Buchheim brillierte daneben als Maler, Fotograf, Filmemacher und nicht zuletzt als Kunstsammler. Die weiteste Malerreise, die Buchheim unternahm, führte ihn im Jahr 1972 auch nach Taiwan.

Zu jener Zeit hatte das taiwanische Wirtschaftswunder gerade erst begonnen, und aus heutiger Sicht darf man die Insel während der frühen siebziger Jahre durchaus als Entwicklungsland bezeichnen. Für Buchheim mag gerade dies den Reiz ausgemacht haben, da die Natur größtenteils noch unberührt war und einem Maler mit ihren atemberaubenden Landschaften Inspirationen ohne Ende bieten konnte. Buchheim, der nach eigenem Bekunden eine enge Beziehung zu Taiwan hatte, war viel in der Bergwelt der Insel unterwegs und zeichnete beispielsweise am Ufer des Sonne-Mond-Sees im zentraltaiwanischen Landkreis Nantou Marmorsteine. Durch die Blüte des Fremdenverkehrsgewerbes ist der Sonne-Mond-See heute kein so ruhiges Fleckchen mehr wie zur Zeit von Buchheims Besuch.

Taiwanische Schausteller der Honan-Oper posierten im Juli 2005 anlässlich ihres Gastspiels im „Museum der Phantasie“ mit dem Schriftsteller und Museumsgründer Lothar-Günther Buchheim, der damals schon von schwerer Krankheit gezeichnet war. (Foto: Chen Keh-miin)

In den siebziger Jahren kam außerdem eine andere bekannte Figur des kulturellen Lebens nach Taiwan: Rolf Italiaander (1913–1991). Der in Deutschland geborene niederländische Schriftsteller und Ethnograf machte auf seinen Reisen durch die Welt Bekanntschaft mit vielen Kulturen, Religionen und Gebräuchen. Unter anderem hielt er sich 1974 und 1976 auch in Taiwan auf. Die auf der Insel gewonnenen Eindrücke fanden Eingang in sein 1970 gegründetes Museum Rade im Naturpark Oberalster am Rande Hamburgs. Bereits 1973 erschien der Katalog „Menschen, Götter und Dämonen: Kunst und Kunsthandwerk aus der Südsee. Sonderschau: 10 Künstlerinnen aus Taiwan“, der über 500 Exponate verzeichnete.

Eine faszinierende Parallele am anderen Ende der Republik ist das 2001 eröffnete Buchheim-Museum der Phantasie in Bernried am Starnberger See. Es beherbergt nicht nur Buchheims eigene Werke und eine Sammlung namhafter Expressionisten, sondern ist zudem ein Volks- und Völkerkundemuseum und stellt Gegenstände aus, die Buchheim auf seinen Reisen gesammelt hat, darunter Objekte aus Taiwan.

Buchheim ließ den Kontakt mit Taiwan zeitlebens nie abreißen. Hilfreich war dabei sicherlich, dass seit 1980 zwischen den Landkreisen Taipeh und Starnberg eine Partnerschaft besteht. Im Juli 2005 gastierte die Honan-Oper (豫劇) mit dem Ensemble des Staatlichen Kuo-Kuang-Musiktheaters aus der südtaiwanischen Stadt Kaohsiung in Buchheims Museum und bezauberte das Publikum mit Farbenpracht, Akrobatik, chinesischer Musikalität und hoher Schauspielkunst.

Die kulturellen Beziehungen zwischen Taiwan und Deutschland sind heute eng und reichhaltig. Taiwans Kulturministerin Lung Ying-tai (龍應台), seit Februar 2012 im Amt, lebte zwischen 1988 und 1999 in Heidelberg und stattete im Juni dieses Jahres der Schweiz und Deutschland einen offiziellen Besuch ab. Besonders erwähnenswert ist die Zusammenarbeit des taiwanischen Tanztheaters „Cloud Gate“ vom berühmten taiwanischen Choreographen Lin Hwai-min (林懷民) mit dem Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, und die Ausstellung von Kunstschätzen aus dem Nationalen Palastmuseum Taipeh in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn und anschließend im Alten Museum Berlin von Juli 2003 bis Februar 2004 machte internationale Schlagzeilen. Dieses besondere Verhältnis wurde sicherlich durch Vorläufer wie Buchheim und Italiaander begünstigt und gefördert.

Der in Deutschland geborene niederländische Schriftsteller und Ethnograf Italiaander interessierte sich bei seinen Auslandsreisen besonders für die örtlichen Kulturen, Religionen, Sitten und Gebräuche. Das Bild links zeigt ihn im Gespräch mit Geistlichen im buddhistischen Shandao-Tempel in Taipeh. (Archivfoto)

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