04.05.2024

Taiwan Today

Gesellschaft

Ewigjunge Träume

01.03.2013
Ein Plakat für Go Grandriders. Der Dokumentarfilm erzählt die Geschichte von 17 Senioren, die sich den Traum einer Taiwan-Motorradrundreise erfüllten. (Foto: Courtesy Merry Go Round Media Inc.)
Eine Zeile auf einem Plakat für den taiwanischen Dokumentarfilm Go Grandriders (zu Deutsch etwa: Gib Gas, Oldtimer) lautet: „Eines Tages, wenn du 80 Jahre alt bist, wirst du dich dann noch trauen zu träumen?“ Während viele Menschen beim Beantworten dieser Frage betreten ins Stocken kämen, hat eine Gruppe von Achtzigjährigen bewiesen, dass Träume und Leidenschaft im Alter nicht notwendigerweise verblassen — im November 2007 machten sie eine Motorrad-Rundreise um die Insel Taiwan. Der Kinostart eines Dokumentarfilms über die Fahrt trug überdies dazu bei, den Respekt vor Senioren zu erhöhen, und beflügelte Initiativen, Senioren beim Verwirklichen ihrer Träume zu helfen.

Der Film handelt von 17 Senioren, die zu einer 13-tägigen Reise über 1178 Kilometer aufbrachen, um sich den Traum zu erfüllen, rund um Taiwan zu knattern. Die „Oldtimer“-Reise, gefilmt von Howard Hua, war von der Senioren-Wohlfahrtsstiftung Hondao Senior Citizen’s Welfare Foundation, einer in der zentraltaiwanischen Stadt Taichung ansässigen Nichtregierungsorganisation (Nongovernmental Organization, NGO), arrangiert worden.

Hondao hatte Hua anfangs nur engagiert, um die Fahrt aufzuzeichnen und einen 15-minütigen Film zu produzieren, denn der NGO stand dafür lediglich ein kleines Budget von 200 000 NT$ (5128 Euro) zur Verfügung. Hua erstellte einen 48-minütigen Film, den die Stiftung ab 2008 auf mehreren öffentlichen Bildungsveranstaltungen zeigte, welche die Stiftung organisiert hatte, um ihre Botschaft zu betonen, Altern solle die Menschen nicht vom Träumen abhalten.

Später wurde der Streifen Go Grandriders dank der Hilfe der gemeinnützigen Organisation CNEX Foundation Ltd., welche den Vertrieb und die Vermarktung des Films übernahm, auf Spielfilmlänge mit einer Laufzeit von 80 Minuten ausgedehnt. CNEX widmet sich der Förderung von chinesischsprachigen Dokumentarfilmen und unterhält Büros in Taiwan, Hongkong und auf dem chinesischen Festland.

„Indem wir eine Rundfahrt um die Insel für ältere Leute organisieren, wollen wir die verbreiteten Ansichten über Alte in der Gesellschaft ändern und hervorheben, dass es nie zu spät ist, den eigenen Träumen nachzujagen“, sagt Doris Lin, geschäftsführende Direktorin von Hondao. „Wir möchten der Gesellschaft begreiflich machen, dass Menschen, wenn sie alt werden, immer noch über die Fähigkeit verfügen, etwas zu erreichen, und wir sollten sie unterstützen, anstatt sie zu entmutigen.“

Lin erinnert sich, dass von Anfang bis Ende viele Menschen Zweifel oder sogar Bedenken über die Idee äußerten, für Menschen über 80 Jahre eine Motorradtour um die Insel zu arrangieren, und es galt die einhellige Meinung, das Ganze sei zu riskant. Selbst nach dem erfolgreichen Abschluss der Reise mutmaßten manche Kritiker, die Teilnehmer seien für ihr Alter ungewöhnlich gesund.

Lin hält dagegen, von den 16 Männern und der einen Frau, die mitfuhren, hatte man bei zweien Krebs diagnostiziert, vier trugen Hörgeräte, fünf hatten Bluthochdruck und acht waren herzkrank. Das Durchschnittsalter der Biker betrug 81 Jahre, und alle litten an Arthritis.

„Gerade weil es normale Leute waren, war ihre landesweite Tour umso mehr eine Inspiration und legte Zeugnis ab über die Stärke des menschlichen Geistes“, hebt Lin hervor. „Senioren sollten das Recht und Gelegenheiten haben, das zu tun, was sie wollen, und ihr Leben zur Gänze ausleben. Sie tun Dinge eben nur auf ihre eigene Weise und in ihrem eigenen Tempo und brauchen manchmal Hilfe.“

Um die Sicherheit der betagten Biker zu gewährleisten, legte Lins Stiftung eine detaillierte Fahrtroute fest und traf weitere Vorbereitungen. So fuhr die Gruppe zum Beispiel mit ca. 40 Stundenkilometern, und alle 10 Kilometer wurde für eine Pause angehalten. Unterwegs wurden sie von 25 Freiwilligen begleitet, außerdem wurden ein Krankenwagen und ein Reisebus zur Weiterfahrt für alle Fälle in Bereitschaft gehalten.

Wang Zhong-tian, der 1927 in der festlandchinesischen Provinz Shandong geboren worden war und 1949 der von der Nationalen Volkspartei (Kuomintang, KMT) geführten Regierung der Republik China nach Taiwan folgte, konnte dank der sorgfältigen Arrangements von Hondao endlich seinen seit langem gehegten Traum einer Rundfahrt um die Insel verwirklichen. Der freundliche Methusalem, der seit fast 60 Jahren in Taichung lebt, wollte zwar immer eine solche Reise unternehmen, traute sich aber nicht, alleine aufzubrechen, weil er mit den Straßen nicht vertraut war. Außerdem befürchtete er, seine Unkenntnis des Holo-Dialekts könnte im südlichen Teil der Insel, wo die meisten Menschen diesen Dialekt sprechen, für Schwierigkeiten sorgen.

Im November 2007 brach die betagte Gruppe mit 16 Herren und einer Dame mit einem Durchschnittsalter von 81 Jahren in der zentraltaiwanischen Stadt Taichung zu ihrer Reise auf. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Hondao Senior Citizen’s Welfare Foundation)

Als er in einer Lokalzeitung von der geplanten Hondao-Tour las, meldete er sich daher sofort an, ohne viel Gedanken an seinen körperlichen Zustand oder andere Sicherheitsfragen zu verschwenden. Von gut 150 Bewerbern wurden 20 für die Fahrt ausgewählt, drei von ihnen mussten ihre Pläne dann allerdings begraben. Wang war so begeistert, zugelassen zu sein, dass er in den zwei Monaten vor der Abfahrt nicht eine der wöchentlichen körperlichen Trainingsstunden versäumte.

Ebenso wie Wang nahmen auch die restlichen Mitfahrer das Trainingsprogramm sehr ernst. Der damals 78-jährige Shih Yu-bao etwa brach gegen Mitternacht von seinem Haus im nordosttaiwanischen Yilan auf und traf am frühen Morgen in Taichung für die Gruppen-Trainingsstunden ein. Trotz der langen Anfahrt absolvierte Shih jede Unterrichtseinheit mit Begeisterung.

Am ersten Tag des großen Abenteuers widerfuhr Wang allerdings ein kleiner Unfall, er purzelte vom Moped und schürfte sich die Knie auf. Die Ursache des Malheurs war seiner Ansicht nach, dass die Brigade „zu langsam“ fuhr, außerdem hatte er die Gewohnheit, Mittagsschlaf zu halten, weswegen er am Lenker einnickte. Trotzdem hatte Wang unterwegs viel Spaß, er konnte sich an der schönen Landschaft erfreuen und begegnete vielen freundlichen, begeisterten Menschen, welche die Gruppe sehr gut behandelten.

„Wegen der Berichterstattung in den Medien und des Dokumentarfilms über die Taiwan-Rundfahrt werden Senioren von der Gesellschaft besser ,gesehen‘ und ,erkannt‘“, urteilt Wang. „Als ich 70 war, habe ich gelernt, wie man Auto fährt und Kalligraphie schreibt, und mit 80 erfüllte ich mir den Traum einer Tour um die Insel. Ich fühle, dass mein Leben immer interessanter und bedeutungsvoller wird.“

Volltreffer im Lotto

Als der 89-jährige Lai Hsiu-sheng von Hondao die Benachrichtigung erhielt, für die Fahrt zugelassen zu sein, war er so elektrisiert, dass er von seinem Stuhl aufsprang. Das Gefühl in dem Moment beschreibt er als „aufregender als ein Volltreffer im Lotto“, zumal er am Tag der obligatorischen Gesundheitsprüfung, als er die vielen Mitbewerber sah, sehr nervös war und sein Blutdruck stark anstieg.

Nach Lins Worten waren für Hondao bei der Auswahl der Teilnehmer die Resultate der Gesundheitsprüfung am Ende nicht das Hauptkriterium, nachdem der damals 87-jährige Lai Ching-yen, den man zum Leiter der Gruppe bestimmt hatte, Anregungen beigesteuert hatte. Der pensionierte Polizeibeamte machte den Vorschlag, Leute über 80 sollten vorrangig behandelt werden, da es für Jene die letzte Chance sei, eine solche Reise zu unternehmen.

Die ersten drei Tage der Fahrt waren für Lai Hsiu-sheng in der Tat etwas anstengend, da er Änderungen seiner Schlafgewohnheiten und anderer üblicher Tagesabläufe bewältigen musste, außerdem Muskelkater an den Armen und Hüften, doch nie kam ihm der Gedanke, aufzugeben. Zu den Höhepunkten der Tour zählte für Lai Hsiu-sheng rückblickend, er habe sich während der Fahrt der Gruppe durch den südtaiwanischen Landkreis Chiayi gefühlt, als sei er mit der Motorradkolonne des Staatspräsidenten unterwegs, denn die Polizei hatte an der Route dafür gesorgt, dass alle Ampeln grün zeigten. Er fand die ganze Reise über alle Maßen interessant und hatte so viel Spaß, dass er vergaß, daheim anzurufen, weswegen seine Frau und Kinder nach der Rückkehr erst einmal mit ihm schimpften.

„Mein Herz ist voll von wunderbaren Erinnerungen an Ereignisse, die ich mit den Kumpels und den Freiwilligen von Hondao, die uns während der Tour so fürsorglich betreuten, erlebte“, schwärmt Lai Hsiu-sheng. „Es war die unvergesslichste Erfahrung meines Lebens. Seitdem achte ich auch mehr auf Sport, denn nur mit guter Gesundheit kann ich weiter das tun, was mir Spaß macht.“

Der Regisseur von Go Grandriders war 26 Jahre alt und studierte noch am Graduierteninstitut für Angewandte Medienkunst der National Taiwan University of Arts in New Taipei City, als er an dem Film arbeitete. Hua war überrascht, dass es der Film nicht nur in die Kinos schaffte, sondern auch vom Publikum im In- und Ausland eine so überwältigende Resonanz erhielt.

In Taiwans Kinos spielte der Streifen über 30 Millionen NT$ (769 230 Euro) ein und wurde somit der kommerziell erfolgreichste Dokumentarfilm aus Taiwan. Der Film wurde für einen Dokumentarfilmpreis beim 17. Internationalen Filmfest von Busan (Südkorea) 2012 nominiert und im gleichen Jahr beim Hong Kong Asian Film Festival gezeigt.

Wie viele andere junge Leute hatte Hua anfangs Bedenken, sich mit den „Greisen“ abzugeben, da er annahm, diese seien ernst, stur und launisch. Während des Projekts bekam Hua zudem nicht viel Schlaf, denn er kam oft erst gegen Mitternacht ins Bett, musste aber anfangen, die Fahrer bei ihrem Tagewerk zu filmen, sobald sie morgens aufstanden, gewöhnlich ab 3 oder 4 Uhr in der Frühe.

Die taiwanischen Moped-Senioren feiern den erfolgreichen Abschluss ihrer 13-tägigen Rundfahrt. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Hondao Senior Citizen’s Welfare Foundation)

Seelenkraft überwindet Gebrechlichkeit

Trotzdem fand Hua an der Gesellschaft der Senioren bald Gefallen, und oft bewegten ihn ihre Geschichten und Handlungen. „Gelegentlich gaben sie Worte der Weisheit zum Besten, was mich sehr inspirierte“, behauptet er. „Außerdem war ihre Seelenkraft, mit der sie auf der ganzen Tour ihre Gebrechlichkeit, Ermüdung und andere Herausforderungen überwanden, wirklich bewundernswert.“

Am ersten Tag der Fahrt zum Beispiel musste der Gruppenleiter Lai Ching-yen wegen Blutarmut ins Krankenhaus, berichtet der Regisseur. Nach der Behandlung bestand Lai darauf, mit dem Reisebus der Gruppe hinterherzufahren, weil er als Gruppenleiter dazu verpflichtet sei. Ein paar Tage später musste er wegen der gleichen Beschwerden jedoch abermals in eine Klinik eingeliefert werden und vier Tage dort bleiben. Zwar konnte er den Rest der Fahrt nicht mit dem Motorroller vollenden, aber er gesellte sich mit dem Reisebus wieder zur Brigade und reiste so bis zum letzten Fahrtziel mit.

„Opa Lai sagte einmal, wenn man einem Traum nachjagt, vergisst man, wie alt man ist“, kolportiert Hua. „Seine Leidenschaft fürs Leben und sein Verantwortungsgefühl sind Dinge, wovon ich und andere junge Leute etwas lernen können.“

Ein weiterer ergreifender Moment kam, als der 79-jährige Fahrer He Qing-tong seine Motive enthüllte, an der Reise teilzunehmen — ein vor langer Zeit geleistetes Versprechen an seine Frau, sie zu noch einer Mopedreise um Taiwan herum mitzunehmen, wenn er 80 werden würde. Zwar war sie einige Zeit zuvor verstorben, doch er fuhr die gesamte Strecke mit einer Fotografie von ihr auf dem Lenker seines Rollers, um sein Gelübde zu erfüllen und der guten Zeit, die er mit ihr verlebt hatte, zu gedenken.

„In ihrem Alter hatten diese Fahrer so vieles erlebt, glückliche oder traurige Dinge“, philosophiert der Regisseur. „Als ich mir die Geschichten aus ihrem Leben anhörte, wurde mir klar, dass der Film, den ich drehte, nicht nur von der Fahrt um die Insel handelte, sondern auch vom Leben an sich. Die Botschaft des Films ist, dass man jeden Tag ausnutzen soll und nie zu alt ist, um etwas zu unternehmen.“

Laut Hua gab es von Zuschauern Reaktionen auf die vielen interessanten und manchmal bewegenden Geschichten der Teilnehmer, gleichfalls Eindruck machten die offensichtlichen Bande, die sich im Vorfeld der Fahrt und während der 13 Tage unterwegs zwischen den Fahrern entwickelten. Zusätzlichen Schub erhielt die Geschichte Anfang 2011, als die taiwanische TC Bank sie als Grundlage für ihre „Dream Rangers“-Werbung benutzte und erhebliches Interesse an dem Film aufbaute.

Der in Großbritannien geborene und heute in den USA lebende Peter Starr, ein preisgekrönter Filmemacher für Dokumentarfilme und begeisterter Motorradfahrer, zählte zu den Millionen von Menschen, die den Werbespot von TC Bank auf Youtube sahen. Starr war von der Geschichte so bewegt, dass er Taiwan im Oktober 2011 besuchte, um die betagten Biker persönlich kennenzulernen, und unternahm danach seine eigene Motorradtour um die Insel. Nach seiner Rückkehr in die USA schrieb er für eine bekannte US-amerikanische Motorradzeitschrift über seine Erlebnisse.

Im Oktober 2012 kam Starr nochmals nach Taiwan, diesmal in Begleitung von neun älteren amerikanischen Motorradfans, und sie machten eine siebentägige Tour zu einigen der landschaftlich reizvollsten Stellen des Landes, darunter den Alishan-Berg und den Sonne-Mond-See in Zentraltaiwan sowie den osttaiwanischen Landkreis Hualien.

„Meine erste Reise wurde durch meine natürliche Neugier und den Wunsch angeregt, mehr über den Mut und die Entschlossenheit dieser betagten [taiwanischen] Biker zu erfahren, die dem Alter und Krankheiten die Stirn boten“, begründet der 70-jährige Filmemacher, der selbst schon eine Krebserkrankung überlebt hat. „Ich fand, das sei ein Beispiel, das man mit anderen Senioren teilen sollte, ganz gleich wo sie lebten.“

Deswegen kam Starr 2012 wieder nach Taiwan, weil er den ursprünglichen Teilnehmern der Grandrider-Tour seine Ehre erweisen wollte, und um die wundervollen Freundschaften zu vertiefen, die er 2011 geschlossen hatte. „Alle von uns waren während der vorigen Fahrt mit solchem Respekt und solcher Wärme behandelt worden, dass wir davon angesteckt wurden und das an andere Senioren weitergeben wollten“, fügt er hinzu. „Wir machten das, um dafür zu sorgen, dass ihr Geist weiterlebt, selbst wenn sie persönlich älter werden und vielleicht nicht mehr wie 2007 Moped fahren können.“

Ein Trommel-Ensemble aus Senioren bei einer Darbietung in der Taipei Arena im Oktober 2012. Die Veranstaltung war von der Hondao-Stiftung organisiert worden. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Hondao Senior Citizen’s Welfare Foundation)

Neun der taiwanischen Grandrider begleiteten ihre amerikanischen Kollegen für eine kurze Strecke zu Beginn der Reise; von der ursprünglichen Gruppe waren drei Teilnehmer — He, Lai Ching-yen und Shih — mittlerweile verstorben.

Starr ist von der Arbeit der Hondao-Stiftung besonders beeindruckt. „Wir im Westen, und ich spreche dabei persönlich von meinen Kenntnissen über die USA und England, haben für die Alten in unserer Bevölkerung nicht sonderlich viel Respekt“, moniert er. „Nicht selten werden sie als altes Eisen und sogar nutzlose Last aufs Abstellgleis geschoben. Was Hondao dagegen mit den Senioren unternimmt, ist für uns ein ungeheuer wichtiges Beispiel, gleichzeitig eine großartige Sache, die man in die ganze westliche Welt exportieren kann.“

Die Stiftung fördert seit ihrer Gründung im Jahre 1995 aktiv Gemeindefürsorge für Senioren. Hondao betreibt gut 40 Zentren im ganzen Land, mit professionellen Pflegekräften, Krankenschwestern und Sozialarbeitern als Personal plus 1500 Freiwilligen. Ein Teil der Finanzierung kommt von mehreren Sozialwohlfahrts-Behörden der Zentralregierung und von Lokalverwaltungen.

Ein großer Teil des Beistandes richtet sich an alleinstehende Senioren, und man bietet ihnen Gesellschaft, warme Mahlzeiten und Hilfe bei Hausarbeiten, Einkauf und Arztbesuchen. Die Gruppe organisiert überdies eine Vielfalt von Freizeitaktivitäten für ältere Leute.

„Das Leben von Senioren sollte reichhaltiger sein und Möglichkeiten aller Art umfassen“, fordert Lin von der Hondao-Leitung. „Deswegen werben wir für ,aktives Altern‘, um Gelegenheiten für Pflege, Gesundheit, Beteiligung und Sicherheit zu optimieren, damit sich die Lebensqualität im Zuge des Alterns verbessert.“

Erst der Anfang

Der 1927 gebürtige Tan De-yu fühlte sich nach der von Hondao organisierten Moped-Rundfahrt um die Insel dazu ermutigt, anderen Zielen nachzueifern. Im Anschluss an die Tour absolvierte er jahrelang intensives körperliches Training und bestieg im Jahr 2010 im Alter von 83 Jahren mit Erfolg den 3952 Meter hohen Jadeberg, Taiwans höchsten Gipfel. 2011 reiste er in die USA und besichtigte die Skywalk-Sehenswürdigkeit am Grand Canyon. „Mein Leben ist nach 80 viel reichhaltiger geworden“, stellt er fest. „Das Gefühl, sich einen Traum zu erfüllen, ist das Süßeste im Leben!“

In diesem Geist startete Hondao 2010 das Programm „Träume altern nie“ und half seitdem fast 1500 Senioren, Ziele unterschiedlicher Art zu erreichen, etwa in einer Baseball-Mannschaft zu spielen, das Lesen und Schreiben chinesischer Schriftzeichen zu lernen, Lebensgeschichten aufzuschreiben und in der Taipei Arena aufzutreten — jener Veranstaltungsort ist mehr für Pop-Konzerte junger taiwanischer Entertainer bekannt. Zwar gibt es keine Pläne für eine weitere Mopedrundfahrt um die Insel, doch die Stiftung bot kürzere Touren für Senioren auf dem Soziussitz.

Laut Marchant Kuys, geschäftsführender Direktor von JT Tobacco International Taiwan Corp. (JTI), dem Sponsor des Programms „Träume altern nie“, setzt Hondao Maßstäbe für Professionalität und Pflege, und die Stiftung habe im Bereich von Fürsorge-Dienstleistungen für Senioren Innovation an den Tag gelegt. Neben finanzieller Unterstützung beteiligt seine Firma sich recht intensiv an den Diensten von Hondao, gut 80 Prozent der Angestellten von JTI waren als Freiwillige für die Stiftung tätig. „Uns ist klar, dass Taiwan die niedrigste Geburtenrate der Welt aufweist und Senioren [über] 10 Prozent der Bevölkerung ausmachen“, bemerkt Kuys. „Jeder von uns kann anfangen, Senioren dabei zu helfen, ihren Träumen nachzueifern, indem man ihnen zuhört, sie respektiert, an sie glaubt und sie unterstützt. Gemeinsam können wir auf lange Sicht ein alters-freundliches Umfeld schaffen.“

Es liegt auf der Hand, dass die betagten Mopedfahrer und ihr Film beträchtlich dazu beitragen, dieses Umfeld zu verwirklichen.

(Deutsch von Tilman Aretz)

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