03.05.2024

Taiwan Today

Gesellschaft

Naturgetreue Bilder von Taiwans Flora und Fauna

01.05.2014
Der Künstler und Naturforscher Chiu Chen-tsung erfüllte sich seinen Traum, Malerei und Illustration zu seinem Beruf zu machen. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Chiu Chen-tsung)
In Taiwan gibt es eine Reihe von Künstlern, die sich mit Malerei und Zeichnen von Tier- und Pflanzenmotiven befassen. Von diesen ist der 1954 im zentraltaiwanischen Taichung geborene Chiu Chen-tsung (邱承宗) zweifellos einer der besten, und er engagiert sich ohne Wenn und Aber für diese Kunst, indem er Illustrationen für Bücher gestaltet.

Chiu wuchs auf dem Land auf, und die interessante Umgebung nah an der Natur legte bei Chiu schon früh die Saat, aus der später ein naturliebender Künstler hervorging. Obwohl er von Kindesbeinen an künstlerisches Talent an den Tag legte, bezeichnete sein Vater den Wunsch des Sohnes als brotlose Kunst und sagte: „Von Malerei kann man nicht leben.“ Chius Malwerkzeug wurde von seinem Vater weggeworfen. Nach der Mittelschule musste er auf Wunsch seines Vaters die Berufsschule besuchen und in der Oberschule das Fach Elektrotechnik belegen, weswegen er nach Abschluss der Schule eine Zeitlang in einer Elektronikfabrik arbeitete. Zwar hatte er dank dieser Ausbildung ein stabiles Einkommen, doch fehlte ihm irgendwie etwas im Leben, und das lag an seiner Zuneigung zur Kunst. Schließlich folgte er seiner Sehnsucht nach Tokyo, wo er Werbefotografie lernte und sich mit der Zeit für Kamera und Pinsel als Werkzeuge seines künstlerischen Schaffens entschied. Malerei ist endlich sein richtiger Brotberuf geworden.

Im Jahr 1985 schloss er seine Ausbildung an der Fachschule für Fotografie in Tokyo ab. Nach einigen Drehungen und Wendungen, wie es das Leben nun einmal mit sich bringt, gründete er im Alter von vierzig Jahren einen eigenen Verlag namens Red Tomato Publishing Co., mit dem er sowohl seine eigenen Interessen als auch die Einkommensquelle für die Familie pflegen konnte. Er begann, naturwissenschaftliche Bücher mit eigenen Illustrationen für Kinder und Jugendliche zu schreiben, und ist dadurch Autor, Zeichner und Verleger seiner Bücher in einer Person.

Zwei Langarmkäfer der Art Cheirotonus formosanus. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Chiu Chen-tsung)

Mit Preisen ausgezeichnet

Seither wurden viele seiner Werke ausgestellt, und er hat zahlreiche Auszeichnungen für seine Illustrationen erhalten. Einige seiner Arbeiten wurden mit dem staatlichen Preis Golden Tripod in der Kategorie wissenschaftliche Bücher für Kinder und Jugendliche geehrt. Im Jahr 2000 wurde sein Bildband „Schmetterlinge“ und im Jahr 2006 „Die neue Welt der Insekten“ für den internationalen Illustrationspreis der Kinderbuchmesse Bologna ausgewählt. Chiu Chen-tsung war bei der Messe in Bologna der erste Taiwaner, dessen naturwissenschaftliche Bildbände für den Teilbereich „Non-Fiction-Werke“ ausgewählt wurden. Für den Preis im Jahr 2006 zum Beispiel hatten Illustratoren aus 59 Ländern und Regionen insgesamt 2544 Werke als Beiträge eingereicht, von denen nicht mehr als 92 Werke ausgewählt wurden.

Begeisteter Insektenfreund

Chiu Chen-tsung auch ein begeisteter Insektenfreund. Das liegt vielleicht daran, dass er in seiner Kindheit mit seinen Eltern nah an der Natur lebte und er in seiner täglichen Umgebung Schmetterlinge und Käfer sehen konnte. Darum sind Insekten ein konstantes Lieblingsmotiv für seine Illustrationen.

Sein größter Wunsch für sein Leben ist, ohne Lebensstress durch die Natur zu streifen, nach Belieben die Geheimnisse des Insektenlebens zu entdecken und die faszinierende Insektenwelt mit Fotoapparat und Pinsel aufzuzeichnen.

Eine Libelle der Art Rhipidolestes aculeatus. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Chiu Chen-tsung)

Sein Stil der Insektenillustrationen erinnert an den französischen Grafiker und Illustrator Bernard Durin (1940-1988), denn seine Illustrationen sind genau so reich an Details wie ein Foto wie Durin. Chiu entdeckte schon als Kind die Schönheit der Insekten für sich selbst und für seine Kunst, was für ihn eine tief verwurzelte Leidenschaft ist.

Wald und Libellen

In den letzten Jahren wurde Chiu ein eifriger Beobachter von Libellen. Taiwan hat eine reichhaltige Fauna mit 140 Libellenarten, mehr als genug für jemanden, der Freude an Libellenbeobachtung hat. Oft fährt er morgens mit dem Motorrad auf dem Land zu Bächen und Teichen, um Libellen zu beobachten und abzulichten.

Bei sich zu Hause züchtet Chiu überdies Libellenlarven in einem Aquarium. Besonders interessiert er sich für das Brutverhalten und den Wachstumsprozess der Libellenlarven. Zu diesem Zweck kaufte er in einem Geschäft für optische Utensilien ein Mikroskop, das verbunden mit einer Kamera stark vergrößerte Aufnahmen liefern sollte, doch er war mit den damit erzeugten Bildern nicht zufrieden. Um die Ausgaben für das teure Gerät nicht abschreiben zu müssen, verbrachte Chiu fast einen Monat damit, das Gerät versuchsweise umzubauen, bis endlich eine optimale Fotoqualität gelang. Neben der Beobachtung der Natur kann er so nun überdies den Blick auf eine weitere Welt unter seinem Mikroskop ermöglichen.

Auf diesem Gemälde stellte Chiu Chen-tsung zwei verschiedene Hirschkäferarten beim Kampf dar: Lucanus formosanus und Dorcus schenklingi. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Chiu Chen-tsung)

Auf diese Weise entstand auch sein neuester Bildband „Ah! Libelle“. Er enthält viele Libellenfotos, die Chiu mit großem Aufwand und Fleiß unter teilweise schwierigen Umständen anfertigte. Sein vorletztes Werk heißt „Unser Wald“. Dies kann als Höhepunkt seiner herausragenden Kunst betrachtet werden, denn Chiu hat die Schönheit Taiwans in der einzigartigen Flora und Fauna des Waldes präsentiert. Taiwans Waldfläche beträgt 21 000 Quadratkilometer und macht damit über die Hälfte der Landesfläche aus. In Bezug auf das Verhältnis von Wald zu Landesfläche ist Taiwan eines der zehn waldreichsten Länder der Erde.

In diesem Bildband hat Chiu mit seinen kreativen und äußerst naturgetreuen Bildern von Insekten, Vögeln und Reptilien in ihrer natürlichen Umgebung eine Tür für uns geöffnet. Denn so nah die Wälder uns auch erscheinen, so fremd sind sie uns eigentlich. Selbst die kleinsten Details hat Chiu wunderbar festgehalten, und seine Malerei bietet fast noch mehr Detailtreue, als ein Foto es vermag. Auf Chius Bildern finden sich nicht nur in Taiwan endemische Arten, sondern auch viele andere Arten. Viele der Bilder laden zum Entdecken ein, so findet man auf den Bildern nach und nach immer mehr Details.

Ausstellungen in Deutschland

Chius Bilder waren zweimal in Deutschland ausgestellt. Die Bilder von seinem Bildband „Schmetterling“ wurden erstmals im Jahr 1998 bei der Eröffnung einer Ausstellung exotischer Schmetterlinge im Botanischen Garten München gezeigt. Die Bilder von „Unser Wald“ waren im Jahr 2013 im Zoologischen Museum Hamburg zu sehen. Beide Ausstellungen erhielten vom Publikum begeisterte Resonanz.

Chiu Chen-tsungs Bilder waren zwei Mal in Deutschland ausgestellt. Die Bilder aus der Reihe „Unser Wald“ waren im vergangenen Jahr im Zoologischen Museum Hamburg zu bewundern. (Foto: Chen Keh-miin)

Vor drei Jahren hat Chiu seine Tätigkeit im eigenen Verlag eingestellt und konzentriert sich jetzt ausschließlich auf die Illustration für seinen naturwissenschaftlichen Bildband mit selbst erstellten Motiven. Er nimmt auch keine Auftragsarbeiten von anderen Verlagen mehr an und erfüllt sich damit seinen Lebenswunsch — nur von seinen Interessen und Hobbys zu leben. Chiu: „Meine besten Bilder sind deswegen noch nicht fertig.“ Auf dieses Ziel will er unermüdlich hinarbeiten.

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