28.04.2024

Taiwan Today

Politik

Hilfe effizienter machen

01.09.2014
In São Tomé und Príncipe verabreicht ein Tierarzt einem Ferkel eine Injektion. Im Jahr 2012 startete Taiwan ein Schweinefleisch-Produktionsprojekt in dem afrikanischen Land. (Foto mit freundlicher Genehmigung vom International Cooperation and Development Fund)
In diesem Jahr erschien São Tomé und Príncipe, ein Inselstaat vor Afrikas Westküste und seit Mai 1997 diplomatischer Partner der Republik China, erstmals auf der Traumferien-Wunschliste der Reise-Website CNN Travel. Mei Hsiao, freiwillige Hilfsdienstleistende aus Taiwan, freut sich über die Aufnahme des afrikanischen Landes in die CNN-Liste, denn seit ihrer Ankunft dort im August 2012 befasst sie sich mit der Entwicklung von Marketingprogrammen im Fremdenverkehrsbereich für die Regierung von São Tomé und Príncipe. Hsiao arbeitet als Freiwillige des Internationalen Kooperations- und Entwicklungsfonds (International Cooperation and Development Fund, ICDF), Taiwans wichtigster Organisation für Auslandshilfe, und ihr zweijähriger Freiwilligendienst ging im August dieses Jahres zu Ende.

Dank ihrer 15-jährigen Erfahrung mit Arbeit im Tourismussektor und ihrer hervorragenden Englischkenntnisse (die Amtssprache in São Tomé und Príncipe ist Portugiesisch) wurde sie im vergangenen Jahr ausgewählt, das Tourismusamt von São Tomé und Príncipe bei internationalen Fremdenverkehrsmessen in Berlin und London zu repräsentieren. Sie half außerdem dabei, englischsprachige Werbematerialien wie Broschüren, Filme, Karten, Videos und Websites zu erstellen, daneben leistete sie der Regierung bei ihren Bemühungen Beistand, die Zahl internationaler Flüge in das afrikanische Land zu erhöhen, und organisierte Kulturtourismus-Feste und Workshops.

„Die Regierung von São Tomé und Príncipe bestimmte Fremdenverkehr zum Schlüsselsektor für Entwicklung, doch das Budget für Marketing ist nicht gerade üppig“, weiß Hsiao. „Zur Teilnahme an Reisemessen zum Beispiel muss das Land häufig internationale Organisationen um Finanzhilfe bitten, was bedeutet, dass eine Entscheidung der Regierung, ob man sich eine Teilnahme leisten kann, oft erst in letzter Sekunde gefällt wird. Trotzdem habe ich immer mein Bestes gegeben, bei der Entwicklung des Fremdenverkehrspotenzials im Land zu helfen. Dazu bin ich hier. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass mehr ausländische Touristen die Gelegenheit nutzen, sich der Schönheit von São Tomé und Príncipe zu erfreuen. Sie werden eine großartige Erfahrung machen, und ihre Besuche werden für die Einheimischen Arbeitsplätze schaffen.“ Die Aufnahme des Landes in die diesjährige Wunschliste von CNN Travel scheint dabei hilfreich zu sein, denn seither konnte die ICDF-Freiwillige wesentliches Wachstum bei der Ankunft von Besuchern verzeichnen.

Ende Januar dieses Jahres besuchte Ma Ying-jeou (馬英九), Staatspräsident der Republik China, São Tomé und Príncipe im Rahmen einer Dreiländerreise, bei der er auch im westafrikanischen Burkina Faso und im mittelamerikanischen Honduras Station machte. Die Auslandsreise — Mas neunte seit seinem Amtsantritt im Mai 2008 — vollendete seine Bestrebung, Staatsbesuche bei allen 22 diplomatischen Verbündeten der Republik China zu machen. Die Reise festigte die Beziehungen der Republik China mit den verbündeten Nationen und bestätigte die Staatspolitik der flexiblen Außenpolitik (活路外交), versicherte das Staatsoberhaupt bei seiner Rückkehr am 30. Januar auf dem internationalen Flughafen Taiwan Taoyuan. Bei der flexiblen Außenpolitik bemüht Taiwan sich, den internationalen Spielraum auszudehnen und die Spannungen über die Taiwanstraße zu vermindern, indem man pragmatische Kultur- und Wirtschaftsbeziehungen auf der Grundlage von Würde, Flexibilität sowie gegenseitigem Vertrauen und Vorteil pflegt. Die Führer der drei diplomatischen Partner der Republik China, die Ma während der Reise besuchte, versprachen anhaltende Unterstützung für Taiwans bedeutungsvolle Beteiligung an internationalen Organisationen und ihren Aktivitäten, kolportierte Ma.

Während der achttägigen Reise konnte das Staatsoberhaupt nach eigenen Worten ein tieferes Verständnis für die Errungenschaften der kooperativen Entwicklungs- und humanitären Hilfsprojekte gewinnen, die in den Partnernationen ausgeführt werden. Er nutzte die Besuche auch dazu, Gedanken mit anderen Staatschefs auszutauschen und neue Wege der Zusammenarbeit zu erkunden.

Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat die Republik China zahllose internationale Hilfsprojekte initiiert, welche auf der Wettbewerbsfähigkeit des Landes und Taiwans Entwicklungserfahrung aufbauen. Die Projekte werden in den Partnerländern vom ICDF, von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), den Botschaften der Republik China, Vertretungsbüros und technischen Fachleuten ausgeführt. Seit der Gründung des ICDF im Jahr 1996 wurden Projekte im Namen des Außenministeriums umgesetzt, daneben wurden selbst finanzierte Programme durchgeführt. Im vergangenen Jahr tätigte die unabhängige Organisation gut 80 Kooperativprojekte, die von über 160 Technikern und Projektmanagern in 29 Ländern in Afrika, der asiatisch-pazifischen Region, in der Karibik, Lateinamerika und Nahost beaufsichtigt wurden. Die Projekte sollen die Kapazitäten der Partnerländer entwickeln, im Mittelpunkt stehen dabei Bereiche wie Viehzucht, Aquakultur, Gesundheitsfürsorge, Informations- und Kommunikationstechnologie (Information and Communications Technology, ICT), kleine und mittlere Unternehmen, Berufsschulung und andere.

Bauern bei der Arbeit in einem Neulandgewinnungsgebiet in Bagré (Burkina Faso). Taiwans Finanzierung, Reissorten und landwirtschaftliche Technologie trugen dazu bei, im vormals unfruchtbaren Land Reisfelder anzulegen. (Foto mit freundlicher Genehmigung vom International Cooperation and Development Fund)

Nach den Worten von Yen Ming-hong, dem stellvertretenden Direktor der ICDF-Abteilung für technische Zusammenarbeit, hat seine Organisation in den jüngsten Jahren mehrere Anpassungen bei der Projektplanung und Umsetzung vorgenommen, um die Effizienz und Nachhaltigkeit zu steigern. „Wir legen nun besonderes Gewicht darauf, eine Gesamtlösung für die komplette Versorgungskette einer Branche zu bieten — von der Produktion und Verarbeitung bis zu Vertrieb, Marketing und Verkauf“, legt er dar. „Wir konzentrieren uns überdies auf Lokalisierung, was wir durch Kapazitätenbildung erreichen wollen. Deswegen fordern wir die Einheimischen auf, eine aktive Rolle bei der Durchführung von Projekten, die der ICDF organisiert hat, zu spielen, während die taiwanischen Techniker als Berater fungieren und ihr Knowhow zur Verfügung stellen. Außerdem setzen wir Projektfristen, zum Beispiel fünf Jahre, und übergeben die Projekte dann an die Einheimischen, damit nach Abreise unserer Techniker für Kontinuität gesorgt ist. Auf diese Weise können wir mit anderen Projekten für unterschiedliche Gewerbe weitermachen.“

Große Unterschiede

Ein Projekt für São Tomé und Príncipe zu gestalten, ein Land mit nur etwa 187 000 Einwohnern, unterscheidet sich laut Yen erheblich davon, eines zu entwerfen, das auf die Bedürfnisse der 17,8 Millionen Menschen in Burkina Faso zugeschnitten ist. Wenn der ICDF ein Projekt kreiert, werden die ökonomischen und sozialen Bedingungen, die Geografie, Beschränkungen und Ressourcen in dem Partnerland genau geprüft, damit das Projekt inhaltlich den Entwicklungsbedürfnissen vor Ort entspricht.

„São Tomé und Príncipe ist stark von importierten Lebensmitteln abhängig, weil es nicht genug Land für den Anbau von Feldfrüchten und für Viehweiden gibt, daher ist Nahrungsmittelsicherheit ein drängendes Problem für das Land“, weiß er. „Aus diesem Grund haben wir dort im Jahr 2012 zwei Entwicklungsprojekte in Gang gebracht, die bis 2017 laufen sollen. Eines der Projekte zielt ab auf Nahrungsmittel-Anbaupflanzen, das andere auf die Erzeugung von Schweinefleisch. Demgegenüber legt die Regierung von Burkina Faso besonderes Gewicht auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Im vergangenen Jahr begann der ICDF dort ein groß angelegtes Berufsschulungsprojekt, das bis 2016 laufen und den Einheimischen dabei helfen soll, Fertigkeiten zu erwerben, die sie auf dem Arbeitsmarkt brauchen.“

Die beiden jüngsten Projekte in São Tomé und Príncipe sind darauf gerichtet, die begrenzte Landfläche optimal zu nutzen, indem man die Produktivität je Einheit erhöht. Das Projekt für Nahrungsmittel-Anbaupflanzen legt den Schwerpunkt auf die Erzeugung örtlicher Anbaupflanzen wie Kassave, Mais, Sojabohnen und Süßkartoffeln. Mitglieder der Technischen Mission Taiwan (Taiwan Technical Mission, TTM) versorgen die Bauern vor Ort mit hochwertigen Sorten und unterweisen sie in Anbaumethoden, Düngerverwendung und Behandlung nach der Ernte. Das Ziel des Programms besteht in der Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion in dem afrikanischen Land um über 60 Prozent, so Yen. Gleichzeitig geht es bei dem Schweinefleischprojekt des ICDF um Einfuhr besserer Zuchtschweine aus Großbritannien, Bau eines Zuchtzentrums und Formulierung von Standard-Betriebsverfahren für Schlachtung, Verarbeitung und Fleischverkauf. Damit soll das Schweinefleischgewerbe des Landes wiederbelebt und 80 Prozent der Inlandsnachfrage befriedigt werden.

Kao Xiang-tai, Mitglied des TTM-Teams in São Tomé und Príncipe, zeigte sich beeindruckt von der Beteiligung dortiger Regierungsbeamter an ICDF-Entwicklungsprojekten, besonders bei der Zusammenarbeit mit der TTM zur Landvermessung und zum Organisieren von Workshops für Bauern. „Ich freue mich zu sehen, dass das Verhältnis [zwischen Gastgeber und Geberland] von Geben-und-Nehmen, dem üblichen Modus in der Vergangenheit, umgewandelt wurde in das heutige partnerschaftliche Verhältnis“, schwärmt Kao. „Durch dieses Modell werden unsere Hilfeprojekte nicht nur effizienter und dauerhaft, unsere Praxis kommt so auch in Einklang mit heutigen internationalen Normen für Entwicklungshilfe.“

Ein taiwanischer Techniker (rechts) zeigt einheimischen Frauen in Burkina Faso im Rahmen eines Berufsausbildungsprogramms vom ICDF, wie man Zutaten für Backwaren vorbereitet. (Foto mit freundlicher Genehmigung vom International Cooperation and Development Fund)

Im gleichen Tenor versichert Tsai Ming-yi, ein taiwanischer Hydraulik-Ingenieur, der in Burkina Faso als Berater tätig ist, das Augenmerk der Auslandshilfe der Republik China für den Aufbau von Kapazitäten und Partnerschaften für nachhaltige Entwicklung habe dort positive Resultate gezeitigt. Zum Beispiel gab es wesentliche Verbesserungen bei den Lebensverhältnissen der Bauern in einem Neulandgewinnungs-Gebiet in Bagré (Provinz Boulgou, Region Centre-Est). Seit 1994 steuert Taiwan zur Entwicklung der Gegend bei, indem landwirtschaftliche Technologie, Finanzierung und Reissorten geboten werden. „Dieser Tage sehe ich häufig örtliche Bauern, die unter der sengenden Sonne auf dem Feld arbeiten, ohne sich je auszuruhen“, wundert sich Tsai. „Das liegt vermutlich daran, weil sie jetzt wissen, dass sie einen guten Preis für ihre Erntepflanzen bekommen können. In der Erntezeit kann man ihre Freude am Lächeln in ihrem Gesicht ablesen.“

Im Dezember 2009 übergab die TTM die Verwaltung für das Neulandgewinnungs-Gebiet an das Bagré-Staudammverwaltungsbüro unter dem Landwirtschaftsministerium von Burkina Faso. 2011 schickte der ICDF jedoch Tsai und einen taiwanischen Landwirtschaftsexperten in das südlich von Mali gelegene westafrikanische Land, um bei den örtlichen Bauern die Anbautechniken und die Fähigkeit, Bewässerungssysteme instand zu halten, zu stärken. „Mit Taiwans technischer Hilfe wurde einstiges Ödland [in Bagré] in fruchtbare Reisfelder verwandelt, die derzeit gut 26 Prozent der gesamten Reisproduktion des Landes ausmachen“, berichtet Tsai. „Zu sehen, wie diese fleißigen Bauern den Lohn für ihre harte Arbeit einfahren können, gibt mir das Gefühl, dass meine Arbeit sich lohnt.“

Im Hinblick auf die Umsetzung des Berufsschulungsprojekts von ICDF in Burkina Faso meint Yen, die Organisation arbeite daran, in einer örtlichen Universität und vier Berufsschul-Colleges Abteilungen für gewerbliche Bildung einzurichten, außerdem sollen 2 nationale und 13 regionale Schulungszentren geschaffen werden. Der ICDF schickte überdies taiwanische Fachleute ins Land, um technischen Unterricht zu erteilen sowie Anleitung für die Zusammenstellung von Lehrmaterial und Beistand bei der Entwicklung eines Fertigkeiten-Zertifizierungssystems und Beschäftigungsdienstes. Daneben bietet die Organisation Mikrokredite, um Absolventen der Schulungsprogramme zu ermuntern, kleine Unternehmen aufzubauen wie Bäckereien oder Kfz-Werkstätten.

Während seines Staatsbesuches in Burkina Faso machte Ma darauf aufmerksam, dass die Republik China und das afrikanische Land eng und lohnend in Bereichen wie Landwirtschaft, Bildung, Gesundheitsfürsorge, Solarenergie und Berufsschulung zusammengearbeitet hätten. Um seine Feststellung zu untermauern, nannte Präsident Ma die Ergebnisse einer jüngsten Umfrage im Auftrag der US-amerikanischen Botschaft in Burkina Faso über örtliche Einstellungen zur von Geberländern geleisteten Hilfe. Die Umfrage wurde im Jahr 2013 durchgeführt, und es ging daraus hervor, dass 91,45 Prozent der Befragten sich zufrieden über die Hilfe der Republik China äußerten. Dass die Hilfe der Republik China für Burkina Faso die höchste Zustimmungsrate aller Geberländer erhielt, führe die Effizienz dieser Hilfe vor, urteilte Ma.

Die letzte Station der Auslandsreise von Präsident Ma im Januar dieses Jahres führte ihn und seine Delegation nach Honduras, wo Ma der Amtseinführung des neuen Präsidenten Juan Orlando Hernandez beiwohnte und die Kooperation zwischen der Republik China und Honduras in den Bereichen Landwirtschaft, Aquakultur, Bildung, Gesundheitsfürsorge, ICT, Infrastruktur und Tourismus (letzteres ein neuer Zweig der Auslandshilfe der Republik China) inspizierte. Während seines Aufenthaltes in Honduras besuchte Ma Valle de Angeles, ein malerisches Kolonialstädtchen nordöstlich der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa. Valle de Angeles ist deswegen bemerkenswert, weil dort ein Projekt vom Typ „Eine Stadt, ein Produkt“ (One Town, One Product, OTOP) stattfindet, das gemeinschaftlich vom ICDF und dem Präsidialamt der Republik Honduras ausgeführt wird. Das OTOP-Programm war 1989 in Taiwan von der Verwaltung für kleine und mittelständische Unternehmen im Wirtschaftsministerium angeleiert worden, um das Wachstum einheimischer kultureller Gewerbe zu stützen. Das OTOP-Projekt in Valle de Angeles begann 2012 und soll bis Ende dieses Jahres laufen. Indem man Taiwans ausgiebige OTOP-Erfahrung einsetzt, um bei der Entwicklung typischer Produkte von honduranischen Städten zu helfen wie Calla-Lilien (Zantedeschia), Kaffee, Kunsthandwerk und Kunstwerke mit Maya-Kultur oder Engelsmotiven, hat das Projekt laut Ma den Reiz der Gegend und ihre Beliebtheit als Reiseziel außerordentlich erhöht.

Nach Yens Worten soll das honduranische OTOP-Projekt den Erfolg des Bezirks Yingge (New Taipei City), der zum Mekka des taiwanischen Keramikgewerbes geworden ist, nachahmen. Folgerichtig wurden taiwanische Handwerker in das mittelamerikanische Land geschickt, um Lehrerausbilder und Künstler dabei zu schulen, Kreativität in Produktdesign und -entwicklung einfließen zu lassen. Mitglieder des taiwanischen Teams helfen zudem in Valle de Angeles durch die Entwicklung von örtlichen Organisationen und Gründung von Vorführ-Geschäften und Besichtigungs-Einrichtungen bei Verwaltung, Werbung und dem Aufbau eines Images. Das kulturelle und kreative Projekt in Honduras war das erste dieser Art, das der ICDF in einem Partnerland in Gang gebracht hat, meldet der Vizedirektor der Organisation. Angesichts der positiven Ergebnisse in Valle de Angeles plant der ICDF, im Laufe dieses Jahres ein OTOP-Projekt im benachbarten El Salvador zu starten.

Ein taiwanischer Handwerker (rechts) zeigt einer angehenden Lehrerausbilderin in Valle de Angeles seine Techniken. (Foto mit freundlicher Genehmigung vom International Cooperation and Development Fund)

Abgesehen davon hat der ICDF 2013 zwei fünfjährige Schädlingskontrollprojekte in Mittelamerika vom Stapel gelassen. Die Initiativen sollen eine von Insekten übertragene bakterielle Zitruspflanzenkrankheit namens „Huanglongbing“ (黃龍病/HLB) — durch die sich Zitrusfrüchte wie Mandarinen grün verfärben — bekämpfen, und man will sich auch des Kaffeerostes annehmen, eines schädlichen Pilzes, der ganze Kaffeeplantagen ruinieren kann. Beide Krankheiten sind in Lateinamerika verbreitet und verursachen für Pflanzer von zwei der wichtigsten Anbaupflanzen der Region schwere Verluste. „Angesichts der grenzüberschreitenden Bedrohung durch Kaffeerost und HLB hat sich der ICDF dafür entschieden, Kontroll- und Verhütungsmaßnahmen durch regionale Zusammenarbeit zu fördern“, sagt Yen. Partner dabei sind die Internationale Regionale Organisation für Pflanzen- und Tiergesundheit (Organismo Internacional Regional de Sanidad Agropecuaria, OIRSA) mit Sitz in El Salvador und die Zentralamerikanische Bank für wirtschaftliche Integration mit Sitz in Honduras.

„Das Ziel der Schädlingskontrollprogramme besteht darin, ein volles Spektrum finanzieller und technischer Lösungen auszuarbeiten, um den Bauern zu helfen, die Qualität und die Erträge ihrer Anbaupflanzen zu schützen“, verkündet Yen. Unter den bislang entwickelten Lösungen sind die Einrichtung von Beobachtungs- und Meldesystemen zu nennen, die Verbesserung von Technologien für Diagnostik und Schädlingsverwaltung, Einführung und Anbau gesunder Setzlinge als Ersatz für infizierte und alternde Pflanzen, und Bereitstellung von Kleinkrediten, damit die Bauern Ausstattung und Düngemittel erwerben können.

Kampf gegen HLB

In Honduras bestellen über 4000 Zitrusbauern eine Gesamtfläche von 18 000 Hektar Land. Im vergangenen Jahr wurde Honduras schwer von HLB heimgesucht, die Produktion fiel um 30 Prozent. Zur Bekämpfung der Krankheit reisten drei honduranische Techniker nach Taiwan und nahmen im Mai 2013 an vom ICDF organisierten Schulungskursen über HLB-Kontrolle teil. Zwei Monate später schickte die Behörde taiwanische Landwirtschaftsexperten in das mittelamerikanische Land, um örtlichen Zitrusbauern zu helfen.

Taiwan trägt auch auf andere Weise zur Bekämpfung der Krankheit bei. Wu San-he absolvierte ein Magisterstudium in Entomologie an der National Taiwan University (NTU) in Taipeh und schloss sich nach dem Examen dem Jugend-Auslandsdienst Taiwan an, einer vom ICDF verwalteten Organisation, mit der junge taiwanische Wehrpflichtige ein Jahr Ersatzdienst anstelle des Pflichtwehrdienstes leisten können. Wu wurde 2013 nach Honduras geschickt, um dort in einer TTM zu arbeiten, und nach seinen Ausführungen weist Taiwan 60 Jahre Erfahrung beim Kampf gegen die Zitrusverfärbung auf und könnte einen wesentlichen Beitrag zur Kontrolle der Krankheit in Mittelamerika leisten.

„Man könnte sagen, HLB ist der ,Krebs‘ der Zitruspflanzen“, doziert Wu. „Die Krankheit sucht den Zitrusanbau in Mittelamerika in einem alarmierenden Ausmaß heim und vernichtet für viele Bauernfamilien die Haupt-Einkommensquelle. Deswegen arbeiten wir eng mit Fachleuten von der OIRSA zusammen, um Mittel zur Schädlingskontrolle zu entwickeln. Unser Ziel ist, dem Zitrusgewerbe der Region dabei zu helfen, seine volle Vitalität wiederzuerlangen. Ich habe vor, dabei mitzuhelfen, indem ich mein Wissen mit örtlichen Bauern teile, wann immer es möglich ist.“

Abschließend meint er mit einem Lächeln: „Natürlich möchte ich auch von ihnen lernen. Besonders mag ich ihre lockere Lebenseinstellung.“

(Deutsch von Tilman Aretz)

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