04.05.2024

Taiwan Today

Politik

Ein Rezept für Beteiligung

01.05.2014
Geschichten über den Erfolg des Gesundheitswesens der Republik China verbreiten sich weiter über den ganzen Erdball. Im März dieses Jahres etwa sagte Taiwans ehemaliger Gesundheitsminister Yeh Ching-chuan (葉金川) vor dem US-Senat aus, während im Land der unbegrenzten Möglichkeiten weiter über das Gesundheitswesen debattiert wurde. Man hatte Yeh eingeladen, im Senat die Vorzüge von Taiwans nationaler Krankenversicherung (National Health Insurance, NHI) zu erläutern. Im Januar dieses Jahres listete die Reiseinformations-Website CNNGo das NHI-System unter den zehn Dingen auf, die man in Taiwan besser mache als sonstwo. Die Republik China ist bereit, auf diesem Erfolg aufzubauen und zur Weltgesundheit beizutragen, indem das Modell von Taiwans Beteiligung an der Weltgesundheitsversammlung (World Health Assembly, WHA) — dem Beschluss fassenden Gremium der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) — erweitert wird und dadurch an WHO-Aktivitäten teilgenommen wird.

Beim Weltgesundheitsforum 2013, das im November vergangenen Jahres in Taipeh stattfand, bemerkte Staatspräsident Ma Ying-jeou (馬英九), dass das NHI-Programm 99,6 Prozent von Taiwans Bevölkerung erfasse. Gleichzeitig bietet das System Pflege in über 92 Prozent aller medizinischen Einrichtungen im Land, so dass man leicht Behandlungsmöglichkeiten finden kann. Patienten können überdies unter einem großen Angebot von Ärzten, Spezialisten und Heilkundlern traditioneller chinesischer Medizin (TCM) wählen.

Taiwans universaler Gesundheitsschirm wurde ohne wesentliche Ausgabensteigerung aufgespannt, denn mit weniger als 2 Prozent aller Gesundheitsausgaben sind die Verwaltungskosten von NHI die niedrigsten der Welt. Neben dieser Effizienz liegt die Zustimmungsrate unter den Patienten seit dem Beginn von NHI im Jahr 1995 zwischen 70 und 80 Prozent. Eine weitere Erhöhung der Effizienz brachte im Juli 2013 die Gründung des Ministeriums für Gesundheit und Soziales (Ministry of Health and Welfare, MOHW) mit sich, das einige Behörden aus dem Gesundheitsbereich, die zuvor in anderen Verwaltungszweigen angesiedelt waren, zusammenfasst. Nach Präsident Mas Worten ist das MOHW eine wichtige Komponente bei den Bemühungen der Regierung, der ganzen Nation umfassende Versorgung angedeihen zu lassen. Ein früherer Schritt in Richtung größere Effizienz wurde 2010 unternommen, als die Regierung damit begann, die Entwicklung eines elektronischen Archivs für medizinische Daten mit Zuschüssen zu finanzieren. Den Erwartungen zufolge sollen alle Krankenhäuser des Landes bis 2015 Zugang zu dem System haben.

Seit 2009 konnte Taiwan auf seinen gesundheitlichen Errungenschaften aufbauen, indem es als Beobachter an der WHA teilnahm. Die Gewährleistung universaler Gesundheitsfürsorge war zum Beispiel 2012 und 2013 ein wichtiges Diskussionsthema bei der WHA, und dank des NHI-Programms verfügt Taiwan über einen reichen Erfahrungsschatz, den das Land mit anderen teilen kann.

Lediglich ein oder zwei Wochen im Jahr in der WHA herumzusitzen gibt Taiwan indes wenig Gelegenheit, sein Fachwissen mit der internationalen Gemeinschaft zu teilen. Im Laufe von neun Tagen im Mai 2013 zum Beispiel eilten Taiwans Repräsentanten durch 23 technische Einschaltungen bei Komiteesitzungen und 21 bilaterale Konsultationen mit WHO-Mitgliedern. Damit Taiwan seinen Teil dazu leisten kann, die Visionen der Konferenz umzusetzen, ist es auch erforderlich, dass die Gesundheitsfunktionäre des Landes außerhalb des WHA-Rahmens Anschlussdiskussionen über drängende globale Gesundheitsfragen verfolgen.

Daneben wird Taiwan weiter als wichtiger Versorger für internationale Gesundheitshilfe agieren. Zum Beispiel unterhält Taiwan langfristige medizinische Hilfsmissionen für die Bekämpfung von Problemen wie Diabetes, Bluthochdruck und Parasiteninfektionen in verbündeten Ländern in Afrika, der asiatisch-pazifischen Region und Lateinamerika. Außerdem hat das internationale Gesundheits-Schulungszentrum Taiwan unterm MOHW über 820 ausländische Mediziner aus fast 50 Ländern ausgebildet, die nach Abschluss der Schulung in Taiwan in ihre Heimat zurückkehrten und dort ihre neu erworbenen Fertigkeiten einsetzten.

Mit Arbeit durch WHO-Kanäle könnte Taiwan in die Lage versetzt werden, weit mehr für die Weltgesundheit beizusteuern. Im Juni 2013 startete die WHO beispielsweise den Globalen Hepatitis-Netzverbund in Singapur. Bei der Verhütung und Behandlung von Hepatitis verfügt kaum ein Land der Welt über so reiche Erfahrung und modernere Methoden wie Taiwan. 1986 war Taiwan das erste Land der Welt, in dem Hepatitis B-Impfungen für alle Neugeborenen Vorschrift wurden. Dadurch wurde die Hepatitis B-Infektionsrate von rund 10 Prozent im Jahr 1984 auf 0,6 Prozent im Jahr 2009 gesenkt. Angesichts dieses Erfolges darf man sich fragen, wie viele Fälle chronischer Leberkrankheit in der ganzen Welt Taiwan durch Arbeit mit dem WHO-Netz verhüten könnte.

Im Mai 2005 verabschiedete die WHA eine Resolution, welche die Mitgliedsstaaten dazu aufruft, Krebskontrollprogramme zu entwickeln und zu verstärken. Die Republik China reagierte damit, dass sie das nationale Krebs-Verhütungsprogramm ankurbelte, das bis 2020 eine Verminderung der Krebs-Sterblichkeitsrate um 20 Prozent erzielen soll. Taiwans Forscher entwickeln nun neue Krebs-Untersuchungstechniken und nutzen überdies Gensequenzierung, um maßgeschneiderte Chemotherapie-Behandlungen zu gestalten, und mit solchen Durchbrüchen könnte man Patienten in der ganzen Welt helfen.

Vom erfolgreichen Betrieb eines universalen Gesundheitsfürsorgesystems bis zu medizinischer Hilfe im Ausland und reicher Erfahrung bei der Bekämpfung chronischer Krankheiten — Taiwan hat einen umfangreichen Erfahrungsschatz im Gesundheitsbereich angesammelt. Wie man so schön sagt, Krankheiten kennen keine Grenzen. Das Gleiche sollte für die Behandlung von Krankheiten gelten, und daraus folgt, dass es höchste Zeit ist, das WHA-Modell auszudehnen, damit Taiwan sich ausgiebiger an WHO-Aktivitäten beteiligen kann.

(Deutsch von Tilman Aretz)

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