03.05.2024

Taiwan Today

Politik

Verbindungen mit der Welt aufbauen

01.05.2013
(Foto: Central News Agency)
Seit Ma Ying-jeou (馬英九), Staatspräsident der Republik China, am 20. Mai 2008 zu seiner ersten Amtszeit vereidigt wurde, ist eine eindrucksvolle Zahl von kooperativen Abkommen mit Festlandchina unterzeichnet worden. Eine Einigung machte indes Mitte April dieses Jahres auf Beobachter einen besonderen Eindruck. Am 12. April jenes Monats waren von zunächst unbekannten Tätern gebastelte Sprengsätze in einem Waggon von Taiwans Hochgeschwindigkeitseisenbahn sowie vor dem Büro eines Parlamentsabgeordneten in Taipeh abgelegt worden. Die Höllenmaschinen konnten rechtzeitig gefunden und entschärft werden, doch allein in dem Zug hätte eine Explosion Hunderte von Menschenleben fordern können. Kurz nachdem sie die Bomben platziert hatten, flüchteten die Hauptverdächtigen in dem Fall, zwei Taiwaner, von Taiwan aufs chinesische Festland. Nur vier Tage später wurden beide drüben festgenommen und in ihre Heimat zurückgebracht, um von den Behörden vernommen zu werden.

„Ich möchte nicht nur Taiwans Staatsanwaltschaft und Polizei danken, sondern auch das Abkommen zur Verbrechensbekämpfung und gegenseitigen rechtlichen Beistand über die Taiwanstraße loben, das beide Seiten [am 26. April] 2009 unterzeichnet hatten“, schrieb Ma zwei Tage nach der Rückführung der Beschuldigten auf seiner Facebook-Seite. „Ohne die Mitarbeit der festlandchinesischen Seite wäre es unmöglich gewesen, bei dem Fall in so kurzer Zeit einen Durchbruch zu erzielen.“

Der besagte Pakt von 2009 ist lediglich eines von 18 Abkommen, die Taiwan und Festlandchina in den vergangenen fünf Jahren zu Punkten wie wirtschaftliche Zusammenarbeit, Nuklearsicherheit, Verkehr, Tourismus und anderes unterzeichnet haben. Die größte Beachtung fand das am 29. Juni 2010 unterzeichnete Rahmenabkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit (Economic Cooperation Framework Agreement, ECFA). ECFA schuf ein Forum für laufende Gespräche über niedrigere Zölle auf Gütern und breiteren Marktzugang für Dienstleistungen zwischen beiden Seiten.

Seit Präsident Mas Vereidigung für seine zweite Amtszeit am 20. Mai 2012 wurden zwei Abkommen unter Dach und Fach gebracht. Das Abkommen über bilateralen Investitionsschutz und -Förderung über die Taiwanstraße sowie das Bilaterale Abkommen über Zoll-Kooperation wurden am 9. August 2012 im Rahmen der achten Gesprächsrunde zwischen Chiang Pin-kung (江丙坤) von Taiwans Stiftung Austausch über die Taiwanstraße (Straits Exchange Foundation, SEF) und Chen Yunlin (陳雲林) vom festlandchinesischen Verband für Beziehungen über die Taiwanstraße (Association for Relations Across the Taiwan Straits, ARATS) unterschrieben. Die so genannten Chiang-Chen-Gespräche leisteten enorme Beiträge zu den Beziehungen über die Taiwanstraße, seit sie im Juni 2008 erstmals stattfanden, auch wenn Chiang mittlerweile sein Amt niederlegte und im September vergangenen Jahres durch Lin Join-sane (林中森) ersetzt wurde.

Nach den Worten von Präsident Ma ist die Verbesserung der Beziehungen über die Taiwanstraße ein langfristiges Ziel. „Ich habe schon lange, bevor ich 2008 mein Amt antrat, beschlossen, eine Annäherung an Festlandchina anzustreben“, erklärte Ma in seiner Eröffnungsansprache zu einer Videokonferenz am 16. April dieses Jahres mit dem Zentrum für Demokratie, Entwicklung und Rechtsstaatlichkeit (Center on Democracy, Development and the Rule of Law, CDDRL) in der Stanford University (Kalifornien, USA), bei der die ehemalige US-amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice den Vorsitz führte. „Um nach 60 unruhigen Jahren den Frieden in der Taiwanstraße zu gewährleisten, musste meine Regierung zwei Herausforderungen meistern — gegenseitiges Vertrauen zwischen beiden Seiten der Taiwanstraße schaffen und Taiwans Stärke neu aufbauen, so dass Frieden garantiert werden konnte“, sagte das Staatsoberhaupt.

Ma sprach außerdem über die Notwendigkeit, die Beziehungen über die Taiwanstraße zu verbessern, als er vor fünf Jahren sein Amt antrat. „Als 2003 die SARS-Epidemie ausbrach, hat Festlandchina Taiwans Bedürfnisse und Sorgen komplett ignoriert“, enthüllte Ma auf der Online-Veranstaltung. „Als jüngst die ersten Fälle von H7N9-Vogelgrippe auftraten, begannen Experten für öffentliche Gesundheit von beiden Seiten zusammenzuarbeiten, um einer Ausbreitung der Krankheit Einhalt zu gebieten.“

Der „Konsens von 1992“ (九二共識) zwischen Taiwan und Festlandchina bietet eine einzigartige Grundlage, auf der sich die Beziehungen über die Taiwanstraße entwickelt haben. Der Begriff kam auf, nachdem sich Vertreter der Regierungen in Taipeh und Beijing im Oktober 1992 zu Gesprächen in Hongkong getroffen hatten, die ersten Gespräche nach der Teilung über 40 Jahre zuvor. Diese Gespräche basierten auf dem formlosen, mündlichen Konsens, dass es nur „ein China“ gebe, Taipeh und Beijing allerdings jeweils ihre eigene Interpretation des Begriffes haben dürften. Für Taipeh bedeutet „ein China“ die Republik China, für Beijing dagegen die Volksrepublik China. Auf dieser Grundlage konnten die Regierungen auf beiden Seiten der Taiwanstraße verhandeln und gegenseitiges Vertrauen aufbauen, und der Austausch über die Taiwanstraße gewann außerordentlich an Schwung, wie man an den 18 Abkommen ablesen kann.

Zur Zeit gibt es pro Woche 616 planmäßige Direktflüge über die Taiwanstraße, ein krasser Gegensatz zu dem Verbot von Direktflügen vor Mas Amtsantritt vor fünf Jahren. In der Zeit vor 2008 waren Taiwanbesuche von Festlandchinesen überwiegend Geschäftsreisen oder dienten beruflichen Zwecken, 2007 kamen etwa 70 000 Besucher von dort ins Land. Mit der Lockerung der Beschränkungen wurden Touristen zugelassen, zunächst Reisegruppen und später auch Einzelreisende, und seitdem sind die Besucherzahlen dramatisch angestiegen, im vergangenen Jahr wurden 2,5 Millionen Reisen von drüben nach hüben registriert. Seit Oktober 2008 gestattet Taiwan festlandchinesischen Studierenden, Kurse in Tertiärinstitutionen für bis zu einem Jahr zu besuchen, zuvor waren maximal vier Monate erlaubt. Festlandchinesen, die einen Studienabschluss anstreben, können seit August 2010 Anträge auf einen regulären Studienplatz in Taiwan stellen. Im vergangenen Jahr nahmen 17 469 festlandchinesische Studierende in taiwanischen Colleges und Universitäten Unterricht, davon 1879 mit dem Ziel eines Studienabschlusses.

Der Präsident und seine First Lady: Ma Ying-jeou und Chow Mei-ching. (Foto: Central News Agency)

Präsident Mas Festlandchinapolitik hat nicht nur die Beziehungen über die Taiwanstraße verbessert, sondern wurde auch von der US-Regierung begrüßt, bemerkt Raymond F. Burghardt, Vorsitzender der Washingtoner Zentrale des American Institute in Taiwan (AIT) und von 1999 bis 2001 Leiter des AIT-Büros in Taipeh. Das AIT, 1979 nach dem Ende der diplomatischen Beziehungen zwischen der Republik China und den USA gegründet, dient seither als Vertretungsbüro der USA in Taiwan. „Ich erinnere mich sehr gut, wie es war, als der Dialog über die Taiwanstraße [vor Präsident Mas Amtsantritt] mangelhaft war“, kommentierte Burghardt während eines öffentlichen Seminars in Washington DC im April dieses Jahres über die Beziehungen zwischen Taiwan, Festlandchina und den USA. „Es war eine Lage, die für die nationalen Sicherheitsinteressen der USA sehr beunruhigend war. Beunruhigend deswegen, weil fehlende Kommunikation leicht zu Fehlkalkulationen führen kann. Fehlkalkulation kann Konflikte nach sich ziehen, und Konflikt kann leicht zur Folge haben, dass die USA hineingezogen werden. Deswegen war es eine sehr wichtige Leistung der Regierung von Ma Ying-jeou, diese Situation zu beenden, und das wurde und wird von uns sehr begrüßt.“ Der US-amerikanische Beamte fügte hinzu, der jüngste positive Austausch zwischen Taiwan und Festlandchina diene auch den kommerziellen Interessen der USA. Burghardt: „Amerikanischen Firmen gefällt das ebenfalls.“

Nach den Worten von Chao Chun-shan, Vorsitzender der Stiftung für asiatisch-pazifische Friedensstudien in Taipeh, sollten die Reaktionen der USA gegenüber Taiwan nach dem Inkrafttreten der Festlandchina-Politik von Präsident Ma die Sorgen mancher Beobachter zerstreuen, dass engere Beziehungen mit Festlandchina auf Kosten der taiwanisch-amerikanischen Beziehungen gehen könnten. Im Oktober vergangenen Jahres zum Beispiel kündigte die US-Regierung die Aufnahme Taiwans in ihr Visabefreiungs-Programm (Visa Waiver Program, VWP) an. Dabei handelt es sich um ein Schema, durch das Bürger aus nicht mehr als 37 Staaten die USA für touristische oder geschäftliche Zwecke für bis zu 90 Tage ohne Einreise-Sichtvermerk besuchen dürfen.

Die Regierung von Ma Ying-jeou hat überdies gute Beziehungen mit Japan aufgebaut, ein weiterer wichtiger Nachbar und Handelspartner der Republik China, trotz der einander widersprechenden Souveränitätsansprüche über die Diaoyutai-Inseln (釣魚台列嶼), einem Archipel ungefähr 102 Seemeilen vor Taiwans Nordostküste. Im April 2012 verstärkten sich die Spannungen um die Inseln, als Shintaro Ishihara (石原慎太郎), ehemaliger Gouverneur von Tokyo, die Einrichtung eines privaten Fonds vorschlug, um mehrere der Inseln käuflich zu erwerben und damit Japans Souveränitätsanspruch über das Gebiet zu zementieren. Um die Situation zu entschärfen, kündigte Präsident Ma im August des gleichen Jahres die Friedensinitiative Ostchinesisches Meer (East China Sea Peace Initiative, ECSPI) an, welche alle drei Beteiligten, welche die Inseln beanspruchen, also die Republik China, Japan und Festlandchina, dazu aufruft, Kontroversen über Souveränität hintanzustellen und die Naturschätze der Region gemeinsam zu erschließen.

Ein wesentliches Resultat von Mas Initiative ergab sich, als Taiwan und Japan im April dieses Jahres ein Fischereiabkommen unterzeichneten. Zuvor wurden taiwanische Fischer, die in Gewässern nahe der Diaoyutai-Inseln, die sie seit langem als traditionelle Fischereigebiete betrachten, ihrem Gewerbe nachgingen, häufig von Schiffen der japanischen Küstenwache bedrängt, weil sich dort die Ausschließlichen Wirtschaftszonen (Exclusive Economic Zone, EEZ) der Republik China, Japans und Festlandchinas im Ostchinesischen Meer überschneiden. Das jüngst unterzeichnete Abkommen legt eine Zone fest, in der die Rechte der taiwanischen Fischerboote geschützt sind, einschließlich Gebiete mit zusätzlich insgesamt 1400 Quadratseemeilen, die sich zuvor außerhalb der Region befanden, wo die Küstenwachenverwaltung der Republik China (Coast Guard Administration, CGA) Patrouillen durchführt. Das Abkommen nimmt die Gewässer im Umkreis von 12 Seemeilen um die Diaoyutai-Inseln ausdrücklich aus, obwohl die Republik China ihren Anspruch über dieses Gebiet aufrechterhält. Das Abkommen enthält eine Ausschlussklausel, laut der die Bestimmungen im Abkommen die Standpunkte beider Parteien hinsichtlich Seerechtsfragen nicht einschränken.

Das Fischereiabkommen ist ein provisorisches Arrangement, das Taiwans Fischereirechte schützen soll, bis der Souveränitätsstreit um die Diaoyutais beigelegt ist, und es kann als wichtigstes Abkommen zwischen Taiwan und Japan betrachtet werden, seit die beiden Seiten während Mas erster Amtszeit im September 2011 das Bilaterale Taiwan-Japan Investitions-Arrangement unterzeichneten. Sowohl das Investitions-Arrangement als auch das Fischereiabkommen gelten als bedeutende Meilensteine in der Entwicklung der Beziehungen zwischen beiden Ländern, seit die diplomatischen Beziehungen im Jahr 1972 beendet wurden.

Auf lange Sicht hofft der Präsident, dass das jüngste Abkommen ein Ausgangspunkt für die drei Länder sein könnte, die Diaoyutai-Kontroverse auf friedliche Weise zu lösen. Bei der Videokonferenz im April zitierte Ma eine alte chinesische Redensart, nach der „eine Reise von tausend Meilen mit einem kleinen Schritt beginnt“, eine Anspielung auf den langen Weg von Verhandlungen, den die Beteiligten noch vor sich haben. Taiwan kann den Weg ebnen, indem die Rolle des Friedensvermittlers übernommen wird, warb Ma.

Abgesehen vom Verhältnis zu den Vereinigten Staaten und Japan baut die Republik China engere Beziehungen mit der ganzen Welt auf, was man ablesen kann an der deutlichen Zunahme der Anzahl von Ländern und Gebieten, welche in den jüngsten Jahren taiwanischen Staatsbürgern visafreie Einreise oder Ankunftsvisa gewährt haben. Im Mai 2008 gab es 54 solcher Staaten oder Gebiete, bis Mai dieses Jahres war diese Zahl auf 132 gestiegen. Das hat viel mit der flexiblen Außenpolitik (活路外交) zu tun, welche die Regierung von Präsident Ma verfolgt und durch die ansonsten freundlich gesinnte Nationen weniger zögerlich wurden, engen Austausch mit Taiwan zu pflegen.

Am 19. März dieses Jahres besuchten der Präsident und die First Lady Chow Mei-ching (周美青) die Inaugurationsmesse von Papst Franziskus im Vatikan. Es war das erste Mal, dass ein Staatsoberhaupt der Republik China persönlich bei einer solchen Zeremonie zugegen war, seit das Land vor 71 Jahren offizielle Beziehungen zum Heiligen Stuhl aufbaute. Ma war außerdem der erste Präsident der Republik China, der während seines Besuches Taiwans Vertretungsbüro in Rom besichtigte.

Seit November 2012 können Taiwaner bis zu 90 Tage visafrei in die USA reisen. Rechts im Bild Außenminister David Lin bei der Zeremonie zum ersten Flug nach dem Inkrafttreten der Visabefreiung. (Foto: Central News Agency)

Die flexible Außenpolitik soll Taiwan in der internationalen Gemeinschaft mehr Möglichkeiten bescheren. Das Land ist mittlerweile wieder in der Weltgesundheitsversammlung (World Health Assembly, WHA), dem Beschluss fassenden Organ der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) der Vereinten Nationen (United Nations, UN), vertreten und wurde im Mai 2009 als WHA-Beobachter zugelassen, 38 Jahre nach dem Rückzug der Republik China aus der UN 1971. „Die Fakten beweisen, dass Fortschritt bei den Beziehungen über die Taiwanstraße unsere Errungenschaften, mehr Spielraum auf der internationalen Bühne zu erlangen, nicht behindert“, sagte Ma in seiner Antrittsrede für seine zweite Amtszeit vor einem Jahr, und die flexible Außenpolitik bezeichnete er als wichtige Säule für nationale Sicherheit. In der nahen Zukunft erhofft sich die Regierung durch ihr Festhalten an der flexiblen Außenpolitik Chancen auf Beteiligung an mehr UN-Organen wie die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (International Civil Aviation Organization, ICAO) und die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC), von denen die Republik China seit 1971 ausgeschlossen ist.

Im Hinblick auf Festlandchina wird die Regierung von Präsident Ma den Dialog zwischen beiden Seiten der Taiwanstraße stärken, wobei ein großer Teil der Aufmerksamkeit der Aufgabe gewidmet wird, dass beide Seiten Büros in den großen Städten gegenüber eröffnen, um die Interessen von Geschäftsleuten, Studierenden und der allgemeinen Öffentlichkeit zu vertreten, kündigte Ma in seiner Ansprache zum Nationalfeiertag am 10. Oktober 2012 an. Unterdessen haben Taiwan und Festlandchina sich auf schnelle Nachfolgegespräche über Güterhandel geeinigt, um die ECFA-Verhandlungen abzuschließen und den Austausch über die Taiwanstraße auszuweiten, im Mai wurde außerdem eine Einigung über Dienstleistungen angekündigt. ECFA ist laut Ma von großer Wichtigkeit, weil dadurch Taiwans Handelsbeziehungen mit anderen Ländern begünstigt werden, was die laufenden Gespräche mit Neuseeland und Singapur über Abkommen zu wirtschaftlicher Zusammenarbeit zeigen.

ECFA könnte sich als Wendepunkt für Dienstleistungsfirmen erweisen, die momentan ungefähr 70 Prozent von Taiwans Wirtschaftsleistung erbringen, meint Wang Jiann-chyuan, Vizepräsident des Chunghua-Instituts für Wirtschaftsforschung (Chung-Hua Institution for Economic Research, CIER). Solche Betriebe sind meist recht klein, doch indem sie die Gelegenheit bekommen, den festlandchinesischen Markt zu erkunden, einen der größten und am schnellsten wachsenden Verbrauchermärkte der Welt, könnten sie an Einfluss und Aussichten gewinnen, prophezeit er.

Im März dieses Jahres wurden die Verhandlungen über das Handels- und Investitions-Rahmenabkommen (Trade and Investment Framework Agreement, TIFA) zwischen Taiwan und den USA wieder aufgenommen. Es war 1994 als Rahmen für Verhandlungen zwischen Taiwan und den USA über Handelsfragen unterzeichnet worden, und man hatte TIFA-Fragen in bilateralen Gesprächen erörtert, bis sie 2007 vor allem wegen Uneinigkeit über US-amerikanische Exporte nach Taiwan von Rindfleisch, das den Futterzusatz Ractopamin für mehr mageres Fleisch enthält, ausgesetzt wurden. Der Zwist wurde Ende Juli 2012 beigelegt, als Taiwans Legislativ-Yuan (立法院), also das Parlament der Republik China, eine zulässige Obergrenze von 10 Teilen Ractopamin per Million im Fleisch festsetzte. Dem Beschluss war im gleichen Monat eine Ankündigung der Codex Alimentarius-Kommission — einer 1962 von der Ernährungs- und Landwirtschaftskommission der UN und der WHO gemeinsam gegründeten Organisation für Lebensmittelstandards — vorangegangen, welche dieses Niveau der Substanz in Rind- und Schweinefleisch akzeptierte.

Im Einklang mit Taiwans Bemühungen, Handel zu entwickeln und an der regionalen Wirtschaftsintegration teilzuhaben, enthüllte Ende März dieses Jahres der Exekutiv-Yuan (行政院), also das Regierungskabinett oder der Ministerrat der Republik China, politische Richtlinien für die Einrichtung von Freien Wirtschaftszonen (Free Economic Zone, FEZ). Daraufhin wurden Taiwans fünf Handelshäfen (die Häfen von Keelung, Kaohsiung, Suao, Taipeh und Taichung) sowie der Internationale Flughafen Taiwan Taoyuan zu Versuchsstätten für das Projekt bestimmt.

Die FEZ-Initiative wird die Vorteile von Taiwans menschlichen Ressourcen, Informations- und Kommunikationstechnologien sowie der zentralen geographischen Lage in Ostasien und der besonderen Wirtschaftsbeziehungen mit Festlandchina nutzen, um hochwertige ökonomische Aktivität zu fördern. Die Initiative steht zudem in enger Übereinstimmung mit Mas Ziel, in die Transpazifische Partnerschaft (TPP) aufgenommen zu werden, über die derzeit 12 Staaten in der pazifischen Region verhandeln, unter ihnen die USA und Japan. „Dies sollte die erforderlichen Bedingungen für die Beteiligung des Landes in TPP schaffen können und Taiwans Wirtschaft eine neue Chance bieten, in Schwung zu kommen“, sinniert Wang. Zu diesem Zweck rät der CIER-Repräsentant, die Regierung solle keine Zeit verschwenden, Bestimmungen zu überarbeiten und die Koordination zwischen an dem Projekt beteiligten Regierungsbehörden zu fördern, um den Erfolg der Initiative zu gewährleisten.

Insgesamt steht Taiwan nach Darstellung einiger internationaler Organisationen verglichen mit vielen anderen Volkswirtschaften der Welt recht gut da, trotz mancher Fragen, welche die Regierung energisch angeht wie etwa Sorgen in der Öffentlichkeit über steigende Wohnraumpreise und das zunehmende Wohlstandsgefälle. So war zum Beispiel im Bericht über globale Wettbewerbsfähigkeit 2012–2013, veröffentlicht vom Weltwirtschaftsforum, Taiwan unter 144 Volkswirtschaften auf Rang 13 eingestuft worden. Im Dezember 2012 setzte Business Environment Risk Intelligence, ein führendes US-amerikanisches Forschungsinstitut, Taiwan im Hinblick auf Investitionsklima unter 50 bedeutenden Volkswirtschaften auf Platz 4. Im Konjunktur-Index 2012 vom Legatum Institute, einer angesehenen Organisation für Staatstätigkeit in London, rangierte Taiwan von 142 Ländern an 20. Stelle.

Es gibt für Taiwan weiterhin viel Raum, noch strahlender auf der Weltbühne zu glänzen, nun, wo Taiwan an engeren Beziehungen mit der Welt arbeitet und sich bemüht, die Rolle des Friedensvermittlers in der Taiwanstraße und im Ostchinesischen Meer zu erfüllen. „Taiwan steht als Friedensschöpfer in der Region Ostasien hervor, wo es gegenwärtig potenzielle Instabilitäts-Herde gibt wie die koreanische Halbinsel, das Ostchinesische Meer und das Südchinesische Meer“, zählt Chao von der Stiftung für asiatisch-pazifische Friedensstudien auf. „Diese Rolle ist vor diesem Hintergrund besonders eindrucksvoll.“ Als demokratischer Staat und bedeutende asiatische Volkswirtschaft, die unter der Regierung von Präsident Ma eine Rolle im regionalen Frieden und wirtschaftliche Integration anstrebt, darf Taiwan für die kommenden Jahre mit Recht Hoffnungen auf mehr Aufmerksamkeit und wirtschaftliches Gedeihen hegen.

(Deutsch von Tilman Aretz)

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