29.04.2024

Taiwan Today

Politik

Streiflicht auf den Chinesisch-Deutschen Kultur- und Wirtschaftsverband

01.03.2014
Chu Chia-hwa (1893-1963), der zwischen 1914 und 1924 in Deutschland studiert hatte, gründete 1933 den Chinesisch-Deutschen Kulturverband. Im Laufe seiner langen Karriere war er unter anderem Bildungsminister, Verkehrsminister, Vizepräsident des Prüfungs-Yuan und Vizepremier der Republik China. (Foto mit freundlicher Genehmigung des CDKWV)
Der CDKWV war 1933 in Nanjing, der damaligen Hauptstadt der Republik China, von Chu Chia-hwa (朱家驊, 1893-1963) unter dem Namen „Chinesisch-Deutscher Kulturverband“ gegründet worden, nachdem Chu Ende der zwanziger Jahre schon den Deutsch-Österreichisch-Schweizer Klub (DÖS-Klub) ins Leben gerufen hatte. Chu hatte sich zwischen 1914 und 1924 zum Studium in Deutschland aufgehalten und 1922 in Berlin im Fach Geologie promoviert, und nach seiner Rückkehr nach China setzte er sich sehr für eine enge Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland ein.

Der Verband hatte hervorragende Verbindungen mit den höchsten Regierungskreisen beider Seiten. 1931 ernannte Staatspräsident Chiang Kai-shek (蔣介石, 1887-1975) Prof. Chu zum Bildungsminister, 1940 wurde Chu zum Präsidenten der Academia Sinica berufen. Nach der Gründung des Verbandes war Deutschlands Botschafter Oskar Trautmann (1877-1950, amtierte 1931-1938) Mitglied im Verbandsvorstand, wodurch ein enger Kontakt zwischen der deutschen Botschaft in China und dem Verband gewährleistet war.

Als jedoch die Arbeit des Verbandes richtig anlaufen sollte, brach im Juli 1937 der Chinesisch-japanische Krieg aus, der alles zunichte machte. Unter der Wucht des Vorstoßes japanischer Truppen verlegte die Regierung der Republik China im Oktober 1937 ihren Sitz westwärts nach Chongqing. Der Verband folgte nach, da er gemäß seiner Satzung immer in der jeweiligen Hauptstadt seinen Sitz haben sollte.

Während des Krieges zwischen China und Japan versuchte Botschafter Trautmann ohne Erfolg, zwischen den beiden Ländern zu vermitteln. Das Deutsche Reich verbündete sich mit Japan und erkannte im Mai 1938 das japanische Marionettenregime Mandschukuo in der Mandschurei an, was die Beziehungen zwischen Deutschland und China sehr beeinträchtigte. Ab Mitte 1941 lieferten die USA Kriegswaffen an China, und nachdem Hitler wenige Tage nach Japans Überfall auf Pearl Harbor im Dezember 1941 den USA den Krieg erklärt hatte, erklärte wiederum die Republik China Japan und Deutschland den Krieg.

Die Academia Sinica — hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1954 — wurde von 1940 bis 1957 von Prof. Chu Chia-hwa geleitet, der auch die Neugründung der Academia Sinica in Taiwan durchführte. (Archivfoto)

Von den deutschen Militärberatern, die sich zu jener Zeit in China aufhielten, waren indes einige nicht bereit, ins Deutsche Reich zurückzukehren, und widersetzten sich Hitlers Befehl, China zu verlassen. Der Verband beschaffte Unterstützungsgeld und griff damit einigen deutschen Offizieren unter die Arme. Deutsche Hochschulprofessoren, auch teilweise deutsche Frauen, die mit Chinesen verheiratet waren, aber durch den Tod ihrer Männer allein und mittellos dastanden, erhielten ebenfalls Hilfe durch den Verband.

Kurz nach der Kapitulation der Japaner 1945 brach der Bürgerkrieg zwischen den regulären Streitkräften der Republik China unter der Führung der Nationalen Volkspartei (Kuomintang, KMT) und Verbänden der chinesischen Kommunisten aus. Aufgrund des Vordringens der kommunistischen Truppen wurde die Republikhauptstadt im April 1949 nach Guangzhou verlegt, im Oktober des gleichen Jahres nach Chongqing, im November weiter nach Chengdu und im Dezember schließlich nach Taipeh. Der satzungsgemäß obligatorische Umzug des Verbandes störte dessen Arbeit sehr.

In der Nachkriegszeit musste der nach Taiwan übergesiedelte Verband wegen des Endes der militärischen Zusammenarbeit und fehlender diplomatischer Beziehungen seine Ziele neu definieren und eine neue Arbeitsweise finden. Nun rückte Kulturarbeit immer mehr in den Vordergrund. Im April 1961 veranstaltete der Verband einen Deutschkurs, der sich als außerordentlich populär erwies und deswegen weitergeführt wurde. Das Interesse am deutschen Sprachunterricht ging wahrscheinlich in erster Linie auf deutsche Stipendienangebote zurück, zumal Deutschland als Studienort sehr attraktiv war. Schon seit 1955 hat der Verband durch Auswahlprüfungen vielen Stipendiaten ein Studium in Deutschland ermöglicht, außerdem wurde vielen Selbstzahler-Studierenden Beistand bei bürokratischen Verfahren geboten. Ein weiterer Aspekt der Verbandsarbeit war der Austausch von Büchern zwischen beiden Seiten.

Chu Chia-hwas Nachfolger als Präsident des Chinesisch-Deutschen Kulturverbandes wurde 1963 Wego Chiang, der seinen mehrjährigen Deutschlandaufenthalt 1937 mit einem Studium an der Militärakademie München begonnen hatte und bis in die sechziger Jahre hinein hohe Posten in den Streitkräften der Republik China bekleidete. (Archivfoto)

Nach der Gründung des Deutschen Kulturzentrums im Juni 1963 gab der Verband seine Deutschsprachkurse dorthin ab, nahm jedoch weiterhin die Ausschreibung der DAAD-Stipendien und die Vorauswahl der Stipendiaten in Taiwan vor. Die Tätigkeit des Verbandes wurde zudem um den Bereich Wirtschaftsarbeit erweitert, chinesische und deutsche Firmen wurden bei einschlägigen Handels- und Investitionsfragen beraten. Dem erweiterten Aufgabenbereich wurde 1965 mit der Umbennung des Verbandes in „Chinesisch-Deutscher Kultur- und Wirtschaftsverband“ Rechnung getragen. Im gleichen Jahr erhielt der CDKWV überdies die Berechtigung, die Übersetzungen von Urkunden — sowohl vom Deutschen ins Chinesische als auch umgekehrt — zu beglaubigen.

Als öffentliche Körperschaft verfolgt der CDKWV heute energisch die Aufgabe, die kulturellen und wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Taiwan und den deutschsprachigen Ländern zu pflegen, solange die Republik China keine diplomatischen Beziehungen mit Deutschland, Österreich und der Schweiz unterhält.













Prof. Wang Jen-huong — hier im Bild mit Dr. Michael Zickerick, dem aktuellen Leiter des Deutschen Instituts in Taipeh — war von 1997 bis 2001 Präsident des CDKWV. (Foto mit freundlicher Genehmigung des CDKWV)

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