03.05.2024

Taiwan Today

Gesellschaft

Familien von Opfern des Weißen Terrors erzählen ihre Geschichten

19.12.2014
Wang Shu-fang (Dritte von links), Direktorin der Abteilung für Kunst und Geisteswissenschaften im Kulturministerium der Republik China, am 14. Dezember mit Angehörigen von Opfern des Weißen Terrors im Qidong Poetry Salon. (Foto mit freundlicher Genehmigung des Kulturministeriums)
Familienangehörige von Opfern des Weißen Terrors wurden vom Kulturministerium der Republik China eingeladen, bei einem Geschichtenerzähl-Seminar des Ministeriums, das am 14. Dezember im Qidong Poetry Salon in Taipeh stattfand, ihre Geschichten von Schmerz und Trauer zu erzählen.

Kuo Peng-cheng war der Erste, der bei dem Seminar zu Wort kam. „Wir können die Lektionen der Geschichte vergeben, aber niemals vergessen“, zitierte er die letzten Worte seines Vaters Kuo Ting-sheng (der unter dem Pseudonym Bo Yang bekannt wurde), bevor der ehemalige politische Gefangene am 17. Mai 2008 starb.

Bo Yang, ein angesehener Menschenrechts-Aktivist und Opfer des Weißen Terrors, war verhaftet und ins Gefängnis gesperrt worden, weil er einen „Popeye“-Comic als sarkastische Antwort auf die autoritäre Herrschaft von Chiang Kai-shek, dem damaligen Staatspräsidenten der Republik China und Führer der Nationalen Volkspartei (Kuomintang, KMT), übersetzt hatte.

„Ich erzähle den jungen Leuten heute stets, dass seine Beharrlichkeit und starker Wille in so harten Zeiten wahrhaftig verehrungswürdig ist“, ergänzte Kuo. „Die Verhältnisse, derer wir uns heute erfreuen, verdanken wir den Tränen und dem Blut, welche die Freiheitskämpfer in der Vergangenheit vergossen haben.“

Lu He-ruo, der einst als „Taiwans Intellektueller Nr. 1“ gepriesen worden war, wurde beschuldigt, ein kommunistischer Spion zu sein. Sein Sohn Lu Fang-hsiung erzählte dem Publikum, dass sein Vater plötzlich auf der Flucht umkam, vielleicht wegen eines Schlangenbisses. Sein Leichnam wurde nie gefunden.

Huang Hsin-huas Vater Huang Hsien-chung und ihre schwangere Mutter wurden beide im Jahr 1951 angeklagt, kommunistische Spione zu sein, und kamen ins Gefängnis. Sie kam in der Strafanstalt zur Welt und wurde direkt nach der Geburt in ein Waisenhaus geschickt.

Ein Jahr nach der Anschuldigung wurde ihr Vater hingerichtet, doch am traurigsten macht es sie, dass sie erst mit ihrer Mutter zusammenkommen durfte, als sie fünf Jahre alt war. Obendrein gelang es ihr erst 60 Jahre später, ihren älteren Bruder Huang Wei-min zu finden, nachdem die Behörden das Testament ihres Vaters und damit zusammenhängende Dokumente freigaben.

Als sie Huang Wei-min schließlich ausfindig machte, war er bereits schwer an Krebs erkrankt. „Wenn die Regierung uns das Testament meines Vaters früher gegeben hätte, dann wäre mein Schmerz dadurch erheblich verringert worden“, sagte Huang Hsin-hua.

Das Ministerium hofft, dass mehr Menschen ihre Erfahrungen mit der Öffentlichkeit teilen. „Nicht nur politische Opfer, sondern jeder von uns sollte die eigenen Geschichten erzählen“, postulierte Wang Shu-fang, die Direktorin der Abteilung für Kunst und Geisteswissenschaften im Kulturministerium und fügte hinzu: „Das Geschichtenerzähl-Seminar hat das Ziel, Erfahrungen aus dem gewöhnlichen Leben zu sammeln, gemeinsame Erinnerungen zu teilen und historische Schätze in Fürsorge für Mitmenschen zu verwandeln.“

—Quelle: Taiwan Today, 12/18/2014 (SSC-GW)
—Zuschriften an die Taiwan heute-Redaktion unter taiwanheute@yahoo.com

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