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Die Entwicklung der politischen Beziehungen zwischen der Republik China und Deutschland

01.03.2014
Staatspräsident Chiang Kai-shek (an der Beifahrertür) während einer offiziellen Zeremonie zum Nationalfeiertag 1953 mit Kwei Yung-chin (im Fond mit Mütze), dem letzten chinesischen Militärattaché im Deutschen Reich. (Foto aus unserem Archiv)

In der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts erschien Deutschland auf der Bildfläche der Geschichte Chinas. Besonders nach der deutschen Reichsgründung im Jahr 1870 wurde die starke Militär- und Industriemacht Deutschland in China, das damals Gefahren von innen und außen ausgesetzt war, als Vorbild angesehen.

Die wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit zwischen den beiden Seiten kann bis zum 19. Jahrhundert in der Qing-Dynastie (1644-1911) zurückverfolgt werden und erreichte in den dreißiger Jahren einen Höhepunkt. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war die Republik China beim Aufbau moderner Streitkräfte außerordentlich stark von der Unterstützung durch Deutschland abhängig.

Deutschland war auch ein wichtiger Handelspartner. Seit 1936 übertrafen die deutschen Exporte nach China die Ausfuhren Englands, und beim deutschen Außenhandel belegte China hinter den USA und Japan den dritten Rang. Zudem wurde China zwischen 1935 und 1937 nicht nur der größte Importeur von deutschen Rüstungslieferungen, sondern auch Deutschlands wichtigstes Exportland von Wolfram.

Allerdings fiel wegen Japans Invasionskrieg gegen China und Hitlers pro-japanischer Politik — beispielsweise die diplomatische Anerkennung des japanischen Marionettenregimes Mandschukuo im Februar 1938, der Abzug der deutschen Militärberater aus China im Juni 1938 usw. — ein Schatten auf die bilaterale Zusammenarbeit und die Beziehungen zwischen den beiden Seiten.

Im Juli 1941 hatte Deutschland überdies auf Drängen Japans das von Wang Jing-wei (汪精衛) geführte japanische Marionettenregime in Nanjing diplomatisch anerkannt. Infolgedessen brach die Nationalregierung der Republik China die diplomatischen Beziehungen zum Deutschen Reich ab. In der Zeit seither gelang es den beiden Seiten nicht, die in den dreißiger Jahren aufgenommenen politischen und diplomatischen Beziehungen wieder zu erneuern.

Das 1940 erschienene Buch der schweizer Journalistin Lily Abegg, die sich zwischen 1937 und 1939 in China aufhielt, erregte weithin Interesse. Der bekannte Politologe und Asienexperte Prof. Gottfried-Karl Kindermann las es als Teenager und führt seine Faszination für Ostasien und China mit auf die Lektüre zurück. (Foto: Chen Keh-miin)

Zwischen Frieden und Krieg

Trotz des Abbruchs der diplomatischen Beziehungen zu Deutschland rief die Nationalregierung der Republik China in Chongqing ihren Militärattaché Kwei Yung-chin (桂永清) nicht gemeinsam mit dem Botschafter nach China zurück, sondern versetzte ihn nach Bern, die Hauptstadt der Schweiz. Dort wurde er als höchster Vertreter der nationalchinesischen Regierung in Europa tätig und fungierte als Vorgesetzter für die letzten verbliebenen Diplomaten der Republik China auf dem europäischen Kontinent, außerdem hielt er weiter Kontakt mit dem deutschen Militär, um die Möglichkeiten für eine Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern nach dem Krieg vorzubereiten.

Tatsächlich hatte sich die Haltung der Regierung der Republik China gegenüber Deutschland auch nach dem Ende der diplomatischen Beziehungen nicht grundlegend geändert. Damals gab Chu Chia-hwa (朱家驊) als Leiter der Organisationsabteilung des Zentralkomitees der Nationalen Volkspartei (Kuomintang, KMT) der Organisation seiner Partei in Shanghai die Anweisung, in der dortigen Presse keine heftige Kritik an Deutschland zu üben und den Kontakt mit den deutschen Staatsangehörigen sowie deutschen Kaufleuten in Shanghai zu pflegen, um auf diese Weise die Organisationsarbeit im Untergrund zu begünstigen und KMT-Loyalisten in jenen Gebieten, welche von den Japanern besetzt waren bzw. vom japanischen Marionettenregime kontrolliert wurden, zu schützen.

Die Reichsregierung in Berlin wiederum hielt aufgrund der Erwägung, dass Chinas Nationalregierung nach dem Krieg immer noch ein wichtiger Geschäftspartner für Deutschland sein könnte, die nach wie vor bestehenden Beziehungen zwischen dem deutschen Militär und der Regierung der Republik China in der provisorischen Hauptstadt Chongqing aufrecht. Der von den beiden Seiten im Jahr 1936 unterzeichnete Warenaustauschvertrag („Hapro-Vertrag“) blieb im gegenseitigen Einvernehmen weiter gültig. Der Wehrwirtschaftsstab vom deutschen Kriegsministerium kaufte weiterhin in China strategische Rohstoffe. Deutschland war zur strategischen Versorgung dringend auf China angewiesen, und es lag im Interesse Chinas, die offiziellen Beziehungen zu Deutschland zum beiderseitigen Vorteil aufrechtzuerhalten.

Nach dem Angriff Japans auf Pearl Harbor am 8. Dezember 1941 jedoch erklärte die Nationalregierung der Republik China in Chongqing dem Deutschen Reich den Krieg und folgte damit dem Beispiel der US-Regierung und Großbritanniens. Mit diesem Schlusspunkt endete schließlich die über zehnjährige bilaterale Zusammenarbeit im wirtschaftlichen und militärischen Bereich.

Prof. Kindermann im Oktober 1975 mit Ding Mou-shih, dem damaligen Generaldirektor des Regierungsinformationsamtes, bei einem Besuch in Taipeh. (Foto aus unserem Archiv)

Allerdings ereigneten sich während der Zeit des Kriegszustandes zwischen der Republik China und dem Deutschen Reich keine eigentlichen Kampfhandlungen, und in den Gebieten unter der Kontrolle der Nationalregierung der Republik China wurden die deutschen Staatsangehörigen anhaltend gut behandelt und genossen Rechtsschutz. Die Nationalregierung in Chongqing erlaubte nicht nur den deutschen Staatsangehörigen, sich frei zu bewegen, sondern wies überdies den 1933 entstandenen Chinesisch-deutschen Kulturverband an, für die verschiedenen Bedürfnisse der deutschen Staatsangehörigen Hilfe bereitzustellen.

Wegen der großen geografischen Entfernung zwischen China und Deutschland ergaben sich keine direkten Interessenkonflikte zwischen beiden Seiten. Eine Analyse aus einem Bericht des deutschen Außenministeriums über die Deutschland-Politik der nationalchinesischen Regierung in Chongqing hob besonders hervor, dass trotz der Gründung des Militärbündnisses zwischen Deutschland, Italien und Japan im September 1940 die militärische Führung der Regierung in Chongqing weiterhin eine freundliche Haltung gegenüber Deutschland an den Tag legte. Daneben empfahl der Bericht, die Propaganda-Arbeit bei der nationalchinesischen Regierung in Chongqing zu verstärken, um auf die etwaige Möglichkeit hinzuarbeiten, die nationalchinesische Regierung dem alliierten Lager aus Großbritannien und USA zu entfremden. Nach dem Überfall des Dritten Reichs auf die Sowjetunion im Juni 1941 benutzte die deutsche Seite die nationalchinesische Regierung als Dialogkanal mit den Briten und Amerikanern. Zwischen 1943 und 1944 führten Chongqing und Tokyo auch über den deutschen Nachrichtendienst Geheimgespräche zur Beilegung des Sino-japanischen Krieges. Selbst im Kriegszustand bestanden zwischen Berlin und Chongqing subtile wirtschaftliche und geheimdienstliche Beziehungen.

Keine diplomatische Erneuerung nach 1945

Obwohl nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Regierung der Republik China ihre diplomatischen Einrichtungen in Deutschland wiederherstellen konnte, stand Deutschland infolge der Niederlage unter der Besatzung der Allierten und durfte keine unabhängige nationale Souveränität ausüben, wodurch die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen fehlten. 1949 wurde mit der Gründung der Bundesrepublik (23. Mai) und anschließend der DDR (7. Oktober) die Teilung Deutschlands besiegelt. Die Anfang Dezember des gleichen Jahres nach Taiwan verlegte Regierung der Republik China versuchte auf eigene Initiative, Kommunikationskanäle mit der neu gegründeten Bundesregierung zu etablieren, um wieder diplomatische Beziehungen aufnehmen zu können. Wegen der internationalen Lage im Kalten Krieg verfolgte die Bundesregierung jedoch eine Politik, weder die Regierung der Republik China in Taipeh noch das kommunistische Regime in Beijing anzuerkennen, um nicht in den Souveränitätsstreit über die Taiwanstraße hineingezogen zu werden und die eigenen Interessen nicht zu gefährden. Daher beschränkte sich das Verhältnis zwischen Taiwan und der Bundesrepublik Deutschland auf Wirtschafts-, Handels- und Kulturaustausch. Bis heute gibt es zwischen beiden Seiten keine diplomatische Anerkennung, bei einer Rückkehr zu diplomatischen Beziehungen wie in der Vorkriegszeit konnte kein Durchbruch erzielt werden.

Der 1909 geborene deutsche Missionar Pater Josef Meiners SVD (ganz rechts) während seiner Tätigkeit in Taiwan. Meiners hatte ab 1937 in China gewirkt, wurde nach der Gründung des kommunistischen Regimes inhaftiert und verbrachte fast drei Jahre im Gefängnis, bevor er 1954 ausgewiesen wurde. Ab 1960 lehrte er in Taiwan, wo er 1979 starb. (Foto: Courtesy Douglas Chang)

Allerdings blieb Deutschland in den Augen der Regierung der Republik China weiterhin eine einflussreiche Westmacht wie in der Vorkriegszeit. Zu den Gründen dafür zählten die bei Staatspräsident Chiang Kai-shek (蔣介石) fest verwurzelten Vorstellungen über die gute Tradition des deutschen Militärs und auch die Beiträge deutscher Militärberater bei Modernisierung und Umgestaltung der chinesischen Streitkräfte vor dem Krieg.

Aber auch die Deutschen konnten nicht übersehen, dass die taiwanischen Behörden im Großen und Ganzen einen guten Eindruck von Deutschland hatten, und zeigten sich zuweilen überrascht über das traditionell hohe Ansehen, welches die deutschen Errungenschaften bei militärischen, medizinischen, kulturellen und sonstigen Dingen in nationalchinesischen Regierungskreisen genossen, in einem Maß, dass man sich im Hinblick auf den Aufbau bilateraler Beziehungen und den damit verbundenen politischen Einfluss zuviel versprach.

Hallstein-Doktrin hinderlich

In der Zeit des Kalten Krieges und der damit verbundenen ideologischen Konfrontation zwischen Ost und West hatte die Republik China auf Taiwan wegen der besonderen geografischen Lage und der streng antikommunistischen Haltung bei der Ost-West-Konfrontation einen ähnlichen Status wie Westdeutschland im westlichen demokratischen Lager und der antikommunistischen Front. Daher hob die Regierung der Republik China seit 1949 häufig hervor, dass die beiden Länder in dieser Hinsicht gemeinsame Interessen hätten. In einem Brief an Bundeskanzler Adenauer schrieb Chu Chia-hwa, damals Vizepremier der Republik China und Präsident des Chinesisch-Deutschen Kulturverbandes, dass trotz der kurzfristig unterbrochenen diplomatischen Beziehungen zwischen der Republik China und der Bundesrepublik Deutschland sich die traditionelle Freundschaft zwischen den beiden Seiten im Geiste nie geändert habe, und er werde weiterhin darauf hoffen, dass die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern wiederhergestellt werden könnten.

Das Schild der chinesischen Militärmission, die 1945 im besetzten Berlin eingerichtet und von Kwei Yung-chin geleitet wurde. (Foto: Chen Lih-jean)

Eine Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit der Republik China hatte indes für die Bundesregierung leider keine Priorität, und außenpolitisch hielt sie getreu der Hallstein-Doktrin an dem Prinzip einer „Ein-Deutschland-Politik“ fest. Unter diesen geschichtlichen Bedingungen nahm die Bundesregierung im Souveränitätsstreit über die Taiwanstraße eine Haltung der vorsichtigen Neutralität ein, und es wurden weder Rotchina noch die nationalchinesische Regierung diplomatisch anerkannt.

Des Weiteren hatten sich im Jahr 1949 die DDR und die Volksrepublik China gegenseitig anerkannt, im Jahr darauf wurden offizielle diplomatische Beziehungen aufgenommen. Wenn die Bundesregierung unter diesen Umständen die diplomatischen Beziehungen mit der Regierung der Republik China wiederhergestellt hätte, dann wären auf internationaler Ebene völkerrechtlich für „Zwei China“ vollendete Tatsachen geschaffen worden, es hätte auch ungünstige Auswirkungen auf die eigene „Ein-Deutschland-Politik“ nach sich ziehen können. Man befürchtete eine Kettenreaktion in den Ländern der Dritten Welt, die DDR diplomatisch anzuerkennen und so in der Welt die Situation der zwei Deutschlands zu zementieren.

Für die kühle Haltung der Bundesregierung im Hinblick auf eine Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit der Republik China gab es übrigens noch einen anderen Grund. Zu jener Zeit versuchte die Bundesregierung nämlich, durch Verhandlungen mit der kommunistischen Führung in Beijing die Freilassung inhaftierter deutscher Staatsangehöriger in China zu erreichen, von denen die meisten Kaufleute und Missionare waren. In wirtschaftlicher Hinsicht hegte man in Westdeutschland immer noch hohe Erwartungen für die Möglichkeit, den chinesischen Markt auf dem Festland wie in der Vorkriegszeit wiederherzustellen. In den fünfziger Jahren nahm das Handelsvolumen zwischen den beiden Seiten tatsächlich langsam zu.

Am 12. November 1964 traf der CSU-Bundestagsabgeordnete Franz Josef Strauß zu einem 6-tägigen Besuch in Taiwan ein und wurde von General Ho Ying-chin, Berater im Präsidialamt und Präsidiumsmitglied der Nationalversammlung, begrüßt. (Foto aus unserem Archiv)

Unter solchen internationalen politischen Voraussetzungen war es für die Republik China auf Taiwan schwierig, bei der Entwicklung der politischen Kontakte mit Westdeutschland einen Durchbruch zu erzielen. Dennoch hat die Republik China ihre Versuche für eine diplomatische Annäherung an die Bundesrepublik Deutschland nicht aufgegeben.

Die Republik China wollte bei den Beziehungen mit der Bundesrepublik die politischen und wirtschaftlichen Aspekte gleichzeitig vorantreiben und hoffte, durch aktiven Handel, die Unterzeichnung eines Handelsabkommens sowie durch Akkreditierung von Wirtschaftsvertretern und Verhandlungen über Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen das Verhältnis mit Westdeutschland schrittweise zu vertiefen.

Ein Beispiel für eine Geste des guten Willens von Taiwan Deutschland gegenüber war die einseitige Erklärung der Regierung der Republik China im Jahr 1955, den seit 1941 herrschenden formalen Kriegszustand zwischen den beiden Seiten zu beenden. Das Kalkül der Republik China war die Erwägung, damit diplomatische Verhandlungen mit der Bundesregierung zu ermöglichen. Sowohl offiziell als auch inoffiziell gab es von Westdeutschland darauf indes nur eine lauwarme Reaktion.

Die Bundesregierung erklärte wiederholt, dass sie zum Thema China eine neutrale Haltung bewahren wolle, deutete aber an, sie wolle mit Taiwan zwar Handels- und Kulturbeziehungen aufrechterhalten, es gebe allerdings keine Möglichkeit, bilaterale politische Beziehungen zu fördern. Westdeutschland folgte damit dem Prinzip der Trennung politischer und wirtschaftlicher Angelegenheiten, um außenpolitisch ein Gleichgewicht zu wahren und die eigenen nationalen Interessen zu gewährleisten. Durch die neutrale Haltung zu China und der Taiwan-Frage hielt sich Westdeutschland dabei auch die Möglichkeit für zukünftige politische Verhandlungen mit der VR China offen. Deshalb schob die Bundesrepublik die antikommunistische Ideologie vorübergehend beiseite und versuchte, im Namen der Neutralität beim Konflikt über die Taiwanstraße keine eigene politische Haltung zu offenbaren. Mit dieser Politik gewann die Bundesrepublik Deutschland überdies mehr Handlungsfreiheit, um die eigenen langfristigen Interessen zu verfolgen.

Diese Inschrift befand sich am Büro der Fernost-Informationen in München, das als dritte Niederlassung der Taipeh-Vertretung im April 1980 eingerichtet wurde. (Foto: Helga Doppler)

Annäherung jenseits der Politik

Der bilaterale kulturelle und akademische Austausch wurde im Jahr 1955 durch den Chinesisch-Deutschen Kulturverband und den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) aufgenommen. Im April 1958 erhielt die Republik China auf Taiwan von der Bundesregierung die Genehmigung, das Büro „Freichina-Informationsdienst“ in Bad Godesberg bei Bonn mit inoffiziellem Charakter zu gründen, um die quasi-konsularischen Angelegenheiten zu behandeln. Erster Generaldirektor dieses Büros war Huang Jing-hong (黃金鴻). Schon vor dem Bau der Berliner Mauer 1961 wurde eine Niederlassung im Westteil der Stadt eingerichtet, anschließend folgte eine Niederlassung in Hamburg. Nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Festlandchina im Jahr 1972 wurde Taipehs Vertretung später in „Fernost-Informationen“ umbenannt.

Westdeutschland wiederum gründete im Jahr 1963 das Deutsche Kulturzentrum in Taipeh als inoffizielle Niederlassung des Goethe-Instituts in Taiwan, um die deutsche Kultur zu fördern. Im Deutschen Kulturzentrum wurden auch quasi-konsularische Angelegenheiten erledigt wie Ausstellung von Einreisevisa für Taiwaner, daneben wurde Rechtshilfe für die in der Republik China lebenden Deutschen geboten.

Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt bei seinem Taiwanbesuch Ende September 1997 mit Premierminister Vincent Siew. (Foto aus unserem Archiv)

Bis Mai 1981 war das Deutsche Kulturzentrum die einzige inoffizielle Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Taiwan, dann gründete der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) das Deutsche Wirtschaftsbüro in Taipeh. Das Deutsche Wirtschaftsbüro pflegt die bilateralen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, bietet Rechtsberatung und übernahm einen Teil der konsularischen Aufgaben vom Deutschen Kulturzentrum.

1990 stimmte die Bundesregierung zu, den Namen der Fernost-Informationen zu „Taipei Wirtschafts- und Kulturbüro“ zu ändern, und die offizielle Umbenennung erfolgte zwei Jahre später. Seit Juli 1997 heißt das Büro Taipeh-Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland.

In den neunziger Jahren entwickelte sich der Wirtschaftsaustausch zwischen Taiwan und Deutschland rasant. In jenem Jahrzehnt wurde das wiedervereinigte Deutschland für die Republik China zum wichtigsten Handelspartner in Europa. Im November 1992 kam der damalige deutsche Wirtschaftsminister Dr. Jürgen Möllemann mit einer großen Industrie- und Handelsdelegation zu Besuch nach Taiwan. Bis Ende 2000 war Deutschland für Taiwan der sechstgrößte Exporteur und das fünftgrößte Importland. Der Austausch im kulturellen und technologischen Bereich ist seit den neunziger Jahren ebenfalls immer enger und intensiver geworden.

Nach dem Tiananmen-Massaker im Juni 1989 wurde in den deutschen Medien viel über Taiwan berichtet, und die Öffentlichkeit schenkte Taiwan erheblich mehr Aufmerksamkeit als früher. Besonders über die erste direkte Präsidentschaftswahl der Republik China auf Taiwan im März 1996 gab es ausgiebige Berichterstattung. Die Kenntnisse der deutschen Öffentlichkeit über Taiwan verbesserten sich dadurch deutlich. Als Haupttriebkraft für engere bilaterale Beziehungen dürfen zweifellos die politische Demokratisierung und Wirtschaftsentwicklung Taiwans gelten.

Im Januar 1998 wurde zur Verabschiedung von Chao Tsing-min, dem stellvertretenden Generaldirektor der Taipeh-Vertretung und Leiter der Presseabteilung, ein feierlicher Empfang in Bonn organisiert, zu dem zahlreiche Bundestagsabgeordnete und Persönlichkeiten aus der deutschen Medien- und Kulturwelt erschienen. (Foto aus unserem Archiv)

Im Februar 2000 wurde das Deutsche Institut Taipeh gegründet. Als deutsche Auslandsvertretung in Taiwan übernahm es vom Deutschen Wirtschaftsbüro die Rolle der inoffiziellen repräsentativen Institution. Erster Generaldirektor des Deutschen Instituts wurde der Diplomat Klaus Rupprecht.

In den letzten Jahren hat sich das Verhältnis zwischen der Republik China und Deutschland stetig vertieft. Die Republik China ist mittlerweile der fünftgrößte Handelspartner Deutschlands in Asien. Zur Zeit gibt es etwa 250 deutsche Firmen, die in Taiwan eine Niederlassung unterhalten.

Am 7. November 2012 trat das „Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung hinsichtlich der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen“ zwischen Taiwan und Deutschland in Kraft. Dieses Abkommen verbessert die Bedingungen für den bilateralen Handel, und es ist ihm in erster Linie zu verdanken, dass von Januar bis Juli 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum die Investitionen deutscher Unternehmen in Taiwan um 300 Prozent anstiegen. Des Weiteren wurden der bilaterale akademische und pädagogische Austausch und Zusammenarbeit immer reger und enger. Gegenwärtig studieren um die 1500 Taiwaner in Deutschland und etwa 500 Deutsche in Taiwan. Um den internationalen Jugendaustausch zu fördern, hat die Republik China bereits mit zehn Ländern Abkommen zu Arbeitsferien („Working Holiday“) unterzeichnet. Deutschland war das erste europäische Land, das ein solches Abkommen mit Taiwan unter Dach und Fach brachte (bekanntgegeben am 11. Oktober 2010). Die Teilnehmerquote für das ab 2011 umgesetzte bilaterale Arbeitsferien-Programm liegt bei jeweils 200 Personen der Altersgruppe 18-30, und im kulturellen und künstlerischen Bereich ist der Austausch zwischen Taiwan und Deutschland noch lebhafter und vielfältiger.

(Deutsch von Chen Keh-miin und Tilman Aretz)
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Chen Chern (陳郴) ist Historiker an der Academia Sinica und promovierte 1996 in München.

Copyright © 2014 Chen Chern

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