26.12.2024

Taiwan Today

Politik

Tsai für ruhige, rationale Methode bei Festlandbeziehungen

06.10.2016
Staatspräsidentin Tsai Ing-wen gewährte dem Wall Street Journal am 4. Oktober im Präsidialamt in Taipeh ein Interview. (Foto mit freundlicher Genehmigung des Präsidialamtes)
Staatspräsidentin Tsai Ing-wen erklärte am 4. Oktober, dass bei den Beziehungen über die Taiwanstraße die Entschlossenheit der Regierung, den Status Quo aufrechtzuerhalten, unverändert sei, auch der gute Wille sei unverändert, man werde nicht dem Druck von Festlandchina nachgeben und wolle nicht zu der vergangenen Praxis der Konfrontation zurückkehren.

So äußerte sich das Staatsoberhaupt in einem Interview mit dem Wall Street Journal im Präsidialamt in Taipeh. „Ich hoffe, dass beide Seiten sich zu Gesprächen an den Verhandlungstisch setzen können.“

Nach den Worten der Präsidentin führe Festlandchina das Verhältnis in eine rückläufige Tendenz, was ersichtlich sei an Taiwans Ausschluss von der alle drei Jahre durchgeführten Versammlung der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (International Civil Aviation Organization, ICAO), die derzeit im kanadischen Montreal läuft.

„Ich hoffe, dass dies — und die allgemeine Lage — von Festlandchina nicht falsch interpretiert wird in einem Maß, dass sie glauben, Druck könne die Taiwaner zum Nachgeben zwingen“, unterstrich sie. „Ich glaube, dass die Taiwaner als demokratische Gesellschaft gemeinsam gegen Druck aufstehen werden. Die Regierung wird niemals Maßnahmen umsetzen, welche der öffentlichen Meinung in Taiwan zuwiderlaufen.“

Nach Tsais Worten wäre eine bedeutungsvolle, proaktive und wesentliche Beteiligung Taiwans an internationalen Organisationen ein positiver Beitrag für die Welt. „Wir müssen unser Bestes tun, damit die Welt ... Taiwan ernst nimmt. Wir hoffen überdies, dass die internationale Gemeinschaft für uns das Wort ergreift und für uns Missstände bereinigt.“

Im Hinblick auf Wirtschaft und Handel meinte Tsai, das einander ergänzende Wesen der Volkswirtschaften Taiwans und Festlandchinas verringere sich, während der Wettbewerb zunehme. Infolgedessen müsse Taiwan die Errungenschaften im Verhältnis über die Taiwanstraße beibehalten und gleichzeitig neue Antriebskräfte für Wachstum finden sowie Handelsbeziehungen mit Partnern in aller Welt ausweiten, fügte sie hinzu.

Eine Schlüsselkomponente dabei ist die Wiederbelebung der traditionellen und der herstellenden Gewerbe, außerdem müssen Stärken wie Innovation, Forschung und Entwicklung gefördert werden, so Tsai. „Durch Innovation können wir den Wert und die Wettbewerbsfähigkeit von Produkten taiwanischer Herstellung oder Dienstleistungen erhöhen. Dies ist der einzige Weg, mit dem wir einen Wettbewerbsvorteil auf dem internationalen Markt weiter bewahren können.“

Eine solche Methode bereitet Taiwan besser darauf vor, den Umgang mit vielversprechenden und hochgradig komplementären Volkswirtschaften in Südostasien und Südasien zu stärken, warb Tsai. Von entscheidender Bedeutung bei diesem Streben ist ihre Neue Südwärts-Politik, die darauf abzielt, frischen wirtschaftlichen Schwung zu erzeugen, Handels- und Kulturbeziehungen mit den zehn Mitgliedern im Verband südostasiatischer Nationen (Association of Southeast Asian Nations, ASEAN), südasiatischen Ländern, Australien und Neuseeland zu vertiefen und dafür zu sorgen, dass alle Segmente der Gesellschaft an langfristigem Wohlstand teilhaben. Dadurch kann sich Taiwan auch besser darauf vorbereiten, sich schnell an sich verändernde globale Bedingungen und den Trend in Richtung regionaler Wirtschaftsintegration anzupassen.

Was Taiwans Außenbeziehungen angeht, nannte Präsidentin Tsai gemeinsame Interessen als wichtigsten Faktor für die Aufrechterhaltung von Beziehungen. „Unsere gemeinsamen Interessen beruhen auf kollektivem Streben nach Witschaftswachstum, Handelsaustausch und Werten. Wenn wir dies in vollem Maße ausschöpfen können, dann habe ich das Gefühl, dass wir starke und stabile Beziehungen mit diesen Ländern aufrechterhalten können, und das gilt für verbündete Länder wie auch für nicht verbündete Länder gleichermaßen.“

Tsai fuhr fort: „Wir konzentrieren uns auf die eigentliche Substanz der Beziehungen. Wenn unsere Märkte und Volkswirtschaften einander ergänzen, dann handelt es sich dabei um ein Verhältnis, das wir pflegen müssen. Auf diese Weise werden unsere Beziehungen für beide Seiten vorteilhaft sein.“

Im Hinblick auf die Einschätzung vom Tribunal des Ständigen Schiedshofes (Permanent Court of Arbitration, PCA) in Den Haag zur Schlichtung über das Südchinesische Meer, welche die Insel Taiping und die Nansha-Inseln (Spratly-Inseln) mit betrifft, bekräftigte das Staatsoberhaupt, dass die Einschätzung unannehmbar und für Taiwan rechtlich nicht bindend sei.

„Dafür gibt es drei Gründe. Erstens, wir wurden nicht dazu eingeladen, an den Beratungssitzungen teilzunehmen, und unsere Ansichten wurden dadurch nicht zum Ausdruck gebracht. Zweitens, in der Einschätzung wurde Taiwan als ‚Taiwan-Behörde von China‘ bezeichnet. Das können wir nicht akzeptieren. Drittens, bei der Insel Taiping handelt es sich um eine Insel und nicht um Felsen im Meer.“

Tsai stellte klar, die Republik China (Taiwan) habe Anspruch auf sämtliche Rechte über die Inseln im Südchinesischen Meer und ihre umliegenden Gewässer im Einklang mit dem Völkerrecht und dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (U. N. Convention on the Law of the Sea, UNCLOS). Sie drängte auf eine friedliche Beilegung von Streitigkeiten in der Region durch multilaterale Verhandlungen und die Anerkennung von Taiwan als Interessenvertreter durch beteiligte Länder. „Als Interessenvertreter müssen wir an den Verhandlungen beteiligt werden, und man muss uns wie den anderen Anspruchstellern Teilnahme gestatten“, forderte sie und fügte hinzu, die Regierung werde weiter daran arbeiten, die Insel Taiping zu einer regionalen Basis für Öko- und Umweltschutz, Rettung in Notsituationen, humanitäre Hilfe und wissenschaftliche Forschung auszubauen.

—Quelle: Taiwan Today, 10/05/2016 (JSM-E)
—Zuschriften an die Taiwan heute-Redaktion unter taiwanheute@yahoo.com

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