Der Artikel mit dem Titel „Drastische Bevölkerungsschwankungen erklären das schnelle Aussterben der Wandertaube“ erschien in der Ausgabe vom 22. Juli der NAS-Zeitschrift Proceedings. Der Text erregte großes Aufsehen in den Medien und wurde unter anderem in der Zeitschrift Nature in dem Bericht „Zyklen von Boom und Pleite machten der Wandertaube den Garaus“ behandelt.
Zu dem von Hung Chih-ming, einem Postdoktoranden in der Pädagogischen Hochschule Taiwan (National Taiwan Normal University, NTNU) in Taipeh, geleiteten Team zählten sechs weitere Gelehrte von der Academia Sinica, dem Nationalmuseum für Naturwissenschaften (National Museum of Natural Science, NMNS) in Taichung, von der NTNU und der University of Minnesota.
Laut der Studie ging die Zahl von Wandertauben in Nordamerika von schätzungsweise drei bis fünf Milliarden im 19. Jahrhundert auf Null im Jahr 1914 zurück, im Widerspruch zur üblichen Annahme, dass eine riesige Population ein Schutzpolster gegen Aussterben bietet. Zwar wurde die Entwicklung oft menschlicher Erschließung zugeschrieben, doch die Rolle der natürlichen Bevölkerungsdynamik beim Verschwinden der Vögel blieb unerforscht.
Unter Anwendung eines ökologischen Nischenmodells und auch mit Hilfe von DNS-Proben, die Präparaten im Bell Museum of Natural History in Minneapolis entnommen wurden, deutete die Studie darauf hin, dass die Art nicht durchweg hochgradig bevölkerungsstark war, sondern dramatische Schwankungen der Populationsstärke erfuhr. Daneben könnten ökologische Bedingungen beim raschen Verschwinden der Vögel eine Rolle gespielt haben.
Nach Ansicht von Huang Wen-san, Mitglied des Teams und NMNS-Forscher, ist es von entscheidender Bedeutung, die Geschichte der Population einer Art zu verstehen, um die Rolle von Menschen bei ihrem Aussterben einschätzen zu können.
„Unsere Erkenntnisse bieten eine neue Sichtweise auf das größte von Menschen verursachte Aussterben in der aufgezeichneten Geschichte“, sagte Huang. „Die Studie ist wesentlich, denn in der Geschichte gab es fünf bedeutende Fälle von Aussterben, und der sechste solche Fall wurde von menschlichen Wesen in Gang gesetzt.“
Mit Verweis auf eine Studie von Global Amphibian Assessment berichtete Huang, seit 1980 seien etwa 120 Arten ausgestorben, und ein Drittel der verbliebenen Arten sein infolge von Lebensraum-Zerstörung ernsthaft bedroht.
Die Tragödie der Wandertauben diene als warnende Begebenheit für die Menschen, so Huang. „Wenn wir die Umwelt weiter so kaputt machen, sind wir ebenfalls zum Aussterben verdammt.“
—Quelle: Taiwan Today, 01/08/2015 (SFC-JSM)
—Zuschriften an die Taiwan heute-Redaktion unter taiwanheute@yahoo.com