26.12.2024

Taiwan Today

Kultur

Namhafter taiwanischer Gelehrter im Alter von 92 Jahren gestorben

09.10.2014
Diese um das Jahr 1950 entstandene Aufnahme zeigt Chen Chi-lu (links) mit taiwanischen Paiwan-Ureinwohnern und dem Fotografen Chang Tsai. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Chang Tsai)
Ein Angehöriger der Academia Sinica, der für seine anthropologische Forschung bekannt wurde, durch sein meisterhaftes Können beim „weibei“-Kalligrafiestil von sich reden machte und 1981 zum ersten Leiter des damals neu gegründeten Rates für Kulturplanung und –entwicklung, dem heutigen Kulturministerium der Republik China, berufen wurde, starb am 6. Oktober im Alter von 92 Jahren an multiplem Organversagen.
„Chen Chi-lu war in Taiwans Kulturszene ein Pionier“, sagte Kulturministerin Lung Ying-tai. „Ohne seine Weitsicht beim Aufbau einer besonderen Behörde auf zentraler Regierungsebene gäbe es heute kein Kulturministerium.“
Chen kam 1923 während der japanischen Kolonialzeit (1895-1945) in der damaligen Gemeinde Jiangjun des Landkreises Tainan (heute Stadt Tainan) zur Welt und lebte mit seinen Eltern eine Weile in Festlandchina, bevor er auf die Oberschule Tokyo First Senior High School in Japan geschickt wurde. Nach der Rückkehr nach China studierte er Politologie und Wirtschaftswissenschaften an der St. John’s University in Shanghai und machte 1948 mit einem Bachelor-Abschluss Examen.
Im gleichen Jahr ging er zurück in sein Geburtsland Taiwan und arbeitete als Redakteur der internationalen Sektion von Public Opinion Daily. Durch seine Arbeit kam Chen in Kontakt mit bekannten japanischen Anthropologen wie Kanaseki Takeo und Kokubu Naoichi. Bald entwickelte er eine Leidenschaft für diese Wissenschaft und beschloss 1951, an der University of New Mexico Anthropologie zu studieren. Drei Jahre später kehrte er in seine Heimat zurück und nahm eine Stelle als Anthropologie-Dozent an der National Taiwan University (NTU) in Taipeh an.
Nach seiner Promotion in Soziologie an der Tokyo University im Jahr 1966 führte Chen seine Arbeit im Bereich Anthropologie als Professor an der NTU fort. Ein Jahrzehnt später berief man ihn an die Academia Sinica, das renommierteste Forschungsinstitut des Landes. Nach seiner Ernennung zum Chef des Rates für Kulturplanung und –entwicklung trug Chen dazu bei, traditionelle Architektur zu bewahren, außerdem regte er die Gründung von Volkskunstparks an und richtete während seiner siebenjährigen Amtszeit Kunstausstellungen aus.
Chen selbst betrachtete die Kolumnen „Sitten und Gebräuche von Taiwan“, die er während seiner Zeit bei Public Opinion Daily verfasste, als seine wertvollste Arbeit. Im Dezember 2013 gab er schließlich eine vierbändige Sammelausgabe unter dem gleichen Titel heraus.
Laut Liu Yi-chang, Forscher am Institut für Geschichte und Philologie der Academia Sinica, ist in Chens Buch über Taiwans Sitten und Gebräuche die anthropologische Expertise von Gelehrten aus Taiwan, Japan und Festlandchina zusammengetragen, mit dem ein vollständiges Wissenssystem über Taiwan nach 1945 aufgebaut werden konnte.
Zwar wird Chens Vermächtnis durch seine Beiträge zu Anthropologie lange weiterleben, doch werden Werke von ihm wie „Präsidialhalle“, eine Kalligrafie, die über den Eingang zum Präsidialamt eingraviert wurde, dafür sorgen, dass er auch von Jenen, die mit dem Wissenschaftszweig nicht vertraut sind, nie vergessen wird.
In seinem Testament verfügte Chen, dass der größte Teil seiner Werke über Anthropologie an die Academia Sinica, seine Skizzen von Ureinwohnern ans Nationalmuseum Taiwan und seine Kalligrafien an das Nationale Geschichtsmuseum gespendet werden sollen.
—Quelle: Taiwan Today, 10/08/2014 (SSC-JSM)
—Zuschriften an die Taiwan heute-Redaktion unter taiwanheute@yahoo.com

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