08.05.2025

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Fragestunde mit Regierungssprecher Philip Yang zur Lage der Medien

01.11.2011
Prof. Philip Y. M. Yang, seit Mai dieses Jahres Minister des Regierungsinformationsamtes, appelliert an die Medien, mehr eingehende Auslandsberichterstattung zu bieten. Außerdem befürwortet er mehr nachforschende Reportagen und Nachrichten mit erbaulichem Inhalt. (Foto: Chang Su-ching)
Im Mai dieses Jahres wurde Philip Y. M. Yang (楊永明), Jahrgang 1964, zum Minister des Regierungsinformationsamtes (Government Information Office, GIO) ernannt. Das GIO ist eine Regierungsbehörde in Ministeriumsrang, die unter anderem dafür zuständig ist, die Medienpolitik zu gestalten und Taiwans Medien zu helfen. Yang machte 1986 an der National Taiwan University (NTU) in Taipeh einen Bachelor in Politikwissenschaften, 1988 kam ein Magister im Fach Internationale Beziehungen an der gleichen Hochschule hinzu. 1996 promovierte Yang im Fach Internationales Recht und Internationale Organisationen an der University of Virginia (USA) und begann im gleichen Jahr, an der NTU Politikwissenschaften zu unterrichten. Von 2008 bis 2010 diente er als Berater des Staatspräsidenten im Nationalen Sicherheitsrat. Die englischsprachige Monatszeitschrift Taiwan Review interviewte Yang kurz nach seiner Ernennung zum GIO-Minister über die Lage von Taiwans Medien.

Taiwan Review: Taiwans Mediensektor entwickelt sich dynamisch und erfreut sich eines hohen Grades an Pressefreiheit, andererseits fordert er auch zu Kritik auf. Wie denken Sie insgesamt über Taiwans Medien?

Prof. Yang: Die Republik China ist ein Land der Pressefreiheit. Wegen des heftigen Wettbewerbs auf dem freien Markt achten die Medien allerdings sehr auf Quoten oder die Zahl der Leser. Viele Medienanstalten versuchen deswegen, Aufmerksamkeit zu erregen, indem sie mit einem kecken, reißerischen und klatschhaften Stil Themen schaffen und darüber berichten. Das gilt besonders für die elektronischen Medien wie das Fernsehen, das solche Inhalte sogar zur besten Sendezeit ausstrahlt, damit die Zuschauer weiter zusehen. Und wenn die Medien Berichte über Politik bringen, interessieren sie sich in entsprechender Weise nur für die Darstellung politischer Konflikte.

Allerdings ist es für die Regierung heutzutage völlig unmöglich, in die Praktiken der Medien einzugreifen. Es gibt kein Zurück zur alten Zeit, als die Nachrichten zensiert wurden und die Redefreiheit begrenzt war. Das GIO spielt jetzt höchstens die Rolle, die Medien dazu aufzurufen, dass sie Selbstdisziplin üben, professionelle Standards einhalten und die Öffentlichkeit mit authentischen Nachrichteninhalten versorgen. Daneben hoffe ich, dass private Organisationen wie Nichtregierungsorganisationen (NGO) gute Arbeit als Wächter leisten können, die gemeinsam die Qualität von Taiwans Medien verbessern.

Welche Rolle sollen Taiwans Medien Ihrer Ansicht nach spielen? Können Sie mehr über die Bereiche sagen, die sie Ihrer Einschätzung nach verbessern sollten?

Ich denke, Taiwans neue Programme sollten mehr Nachrichten mit erbaulichen Inhalten bringen. Damit meine ich, sie sollten die Zuschauer in die Lage versetzen, sich beispielsweise durch Berichte über kommunale Dinge oder Diskussionen über Politik und ihre Umsetzung auf allen Verwaltungsebenen selbst auf ihre Gesellschaft zu beziehen und sich mit ihr zu identifizieren. Die Zentralregierung meint es recht ernst damit, dies zu fördern — wir setzen die Öffentlichkeit aktiv davon in Kenntnis, was wir tun, und oft bitten wir Regierungsvertreter, die Staatspolitik im Fernsehen zu erläutern.

In Taiwan gibt es über 100 Fernsehkanäle, ein wichtiger Bestandteil des dynamischen, freien Medienumfeldes im Land. (Foto: Chang Su-ching)

Taiwans Medien sind zudem bei ihrer Berichterstattung über internationale Nachrichten unangemessen. Ich meine damit nicht die Übersetzung von Beiträgen, garniert mit ein paar Fotos von internationalen Nachrichtenagenturen. Stattdessen müssen wir internationale Ereignisse und Trends selbst analysieren und die Öffentlichkeit darüber aufklären, welchen Einfluss diese Trends auf Taiwan haben. Wir müssen Taiwan mit Ostasien und der Welt verbinden. Mehr Raum für internationale Nachrichten würde uns einen Schritt näher in diese Richtung führen.

Gleichzeitig braucht Taiwan mehr nachforschende Berichterstattung. Wissen Sie, ProPublica [eine gemeinnützige Organisation in New York] wurde unlängst zur ersten Online-Nachrichtenquelle, die einen Pulitzerpreis für nachforschende Berichterstattung erhielt. Sie geben ihre Ermittlungsberichte an andere Medien weiter. Taiwan sollte auch eine solche Organisation gründen und Preise vergeben, um die Menschen zu ermuntern, sich gründlich mit internationalen Nachrichten und nachforschender Berichterstattung zu befassen, wodurch sich das Gefühl der Öffentlichkeit, zur Weltgemeinschaft zu gehören, verstärken würde.

Taiwans Massenmedien werden digitalisiert. Was unternimmt das GIO, um diesen bahnbrechenden Übergang in dem Bereich zu erleichtern?

Mit den steigenden Papierkosten und dem sich verstärkenden Trend zur Digitalisierung erleben die Printmedien seit Jahren einen stetigen Niedergang. Als Reaktion darauf vergibt das GIO seit dem Jahr 2004 Zuschüsse an Verlage, damit die Kosten für das Umsteigen von analogen auf digitale Texte getragen werden können. Die Zuschüsse betragen im Einzelfall bis zu 1 Million NT$ (24 390 Euro) für bis zu acht von Verlegern vorgeschlagene spezifische Projekte im Jahr. Bei diesen Projekten ging es etwa um den Start von e-Magazinen, Zeichentrick-Bilderbücher und die Schaffung digitaler Nachschlagearchive über Taiwans Vogelwelt.

Ein weiterer wichtiger Schritt erfolgte im Jahr 2007, als erstmals der Preis Golden Tripod Award für digitale Publikationen vergeben wurde. Als jüngste Maßnahme begann das GIO im vergangenen Jahr damit, Projekte zu finanzieren, welche Betreibern traditioneller Printmedien bei der Digitalisierung helfen sollen. In diesen Projekten unterweisen einzelne Berater oder Firmen, die über Fachwissen bei digitalem Publizieren verfügen, jene mit unzureichenden Kenntnissen in dem Bereich. Jeder Anbieter hat Anspruch auf einen Zuschuss bis zu 6 Millionen NT$ (146 340 Euro) dafür, dass er mindestens 15 Betreiber im traditionellen Printmediensektor unterrichtet.

Seit 2007 führt das GIO überdies ein Projekt aus, das Fernsehprogramme, die in hoher Auflösung (High Definition, HD) gedreht wurden, finanziell fördert. Dieses Jahr sind 140 Millionen NT$ (3,41 Millionen Euro) für HD-Programme vorgesehen, darunter 55 Fernsehserien und 31 Dokumentarfilme.

(Deutsch von Tilman Aretz)

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