24.06.2025

Taiwan Today

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Seit sechzig Jahren am Kiosk

01.05.2011
Sechzig Jahre und kein bisschen leise: Die erste Ausgabe von Free China Review von April 1951 und die Ausgabe von Taiwan Review zum 60-jährigen Bestehen des Blattes im April 2011.
Im April 2011 feierte die vom Regierungsinformationsamt der Republik China (Government Information Office, GIO) herausgegebene englischsprachige Monatszeitschrift Taiwan Review ihr sechzigjähriges Bestehen. Die Geschichte dieses Magazins ist ein Prozess von Umwandlung und Wiedergeburt, welcher die Entwicklung der Republik China selbst reflektiert.

Die erste Ausgabe erschien im April 1951 unter dem Namen Free China Review. Damals erhöhten sich die Spannungen des Kalten Krieges mehr und mehr, und es drohte eine Eskalation der Feindseligkeiten mit dem kommunistischen Regime auf der anderen Seite der Taiwanstraße. Ein wichtiger Grund für die Herausgabe der Zeitschrift war, dass man die Unterschiede zwischen dem freien China (also der Republik China auf Taiwan) und dem kommunistischen Festlandchina hervorheben wollte. Das Hauptziel der Regierung der Republik China war zu jener Zeit die Rückeroberung des chinesischen Festlandes, und die Titelbilder und Inhalte von Free China Review boten entsprechend einen auf China gerichteten Schwerpunkt.

Als die Republik China im Oktober 1971 aus den Vereinten Nationen (United Nations, UN) ausschied, wurde das von den Zeitgenossen als unheilvoll betrachtet. Später erkannte man, dass das Ereignis einen Katalysator für den Wandel des Landes darstellte. Angesichts zunehmender internationaler Isolation begann die Regierung der Republik China, sich mehr auf Angelegenheiten und Entwicklung im Inland zu konzentrieren. Die Artikel in der Zeitschrift illustrierten diesen Umschwung, indem Taiwan-Themen wie die Zehn Großen Infrastrukturprojekte in den siebziger Jahren behandelt wurden.

In den achtziger Jahren löste das Augenmerk der Regierung für einheimische Angelegenheiten vereint mit dem blühenden Einfluss einer aufsteigenden Mittelklasse beispiellose gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche und kulturelle Veränderungen aus. Die Abschaffung des Kriegsrechts im Juli 1987 war eine wichtige Zäsur. Im Jahr darauf wurden die Verbote für die Gründung neuer Zeitungen und politischer Parteien aufgehoben, was die Grundlage für eine freie Presse und Mehrparteienpolitik bildete, gleichzeitig wurde in Free China Review den Standpunkten der Opposition mehr Platz eingeräumt. Der Trend zu ausgewogener Berichterstattung in der Zeitschrift zeigte auch ein gewachsenes Bewusstsein dafür, dass die Leser — darunter stets viele ausländische Akademiker, Regierungsvertreter und Angehörige der Medien — anspruchsvoller geworden waren.

Im gleichen Jahrzehnt wurden mit der Gründung von Tochterzeitschriften in anderen Sprachen die Inhalte von Free China Review einem noch größeren Teil der Weltbevölkerung zugänglich gemacht. Den Anfang machte im September 1982 die zweimonatlich in spanischer Sprache erscheinende China libre (im März 2003 umbenannt in Taiwan Hoy), im Januar 1984 folgte die französischsprachige Zweimonatszeitschrift La Chine libre (seit April 2002 monatlich und seit März 2003 unter dem Namen Taiwan aujourd'hui). Unsere Zeitschrift wiederum informiert die Leser seit September 1988 und trug bis zum Jahr 2000 den Namen Freies China, danach kamen 17 Ausgaben unter dem Namen Taipeh heute heraus. Seit Mai 1994 gibt es überdies eine alle zwei Monate in russischer Sprache verlegte Version namens Swobodny Kitai, die seit März 2003 Taiwanskaja Panorama heißt.

Taiwans rasante gesellschaftliche und politische Umwandlung setzte sich in den neunziger Jahren fort, und Free China Review berichtete über Ereignisse wie den bahnbrechenden Aufbau des staatlichen Krankenversicherungssystems am 1. März 1995 und die erste direkte Präsidentschaftswahl am 23. März 1996. Ebenfalls 1996 begann für das Magazin das digitale Zeitalter mit dem Start einer eigenen Website. Im Laufe der neunziger Jahre wurden die Inhalte der Zeitschrift noch vielfältiger, als mehr Beiträge über soziale Fragen, die Umwelt und Technologie sowie die Rechte von Frauen und Ureinwohnern veröffentlicht wurden. Das war auch an den Titelbildern erkennbar, auf denen man Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten sehen konnte.

Ein weiterer politischer Meilenstein für Taiwan war die Präsidentschaftswahl am 18. März 2000, durch welche erstmals die politische Macht an den Kandidaten einer Oppositionspartei überging. Noch vor der Amtseinführung des Wahlsiegers am 20. Mai desselben Jahres wurde die Zeitschrift zur April 2000-Ausgabe in Taipei Review umbenannt, womit Taiwans demokratische Entwicklung reflektiert werden sollte.

Eine erneute Namensänderung kam mit der März 2003-Ausgabe, seit der die Zeitschrift Taiwan Review heißt, um den landesweiten Themenbereich hervorzuheben. Im ersten Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende kamen in den Artikeln des Magazins Sport, Wandel in der Energiepolitik, Popmusik, das Filmgewerbe und andere Dinge zur Sprache. Berichtet wurde auch über den Sieg von Ma Ying-jeou (馬英九) bei der Präsidentschaftswahl am 22. März 2008 und die anschließende Wiederaufnahme der direkten Verhandlungen mit dem chinesischen Festland.

In den sechzig Jahren seit der Gründung von Free China Review reifte Taiwan zum ersten demokratischen System in einer chinesischen Gesellschaft und zu einer der freiesten Gesellschaften und dynamischsten Volkswirtschaften Asiens. Die Redakteure von Taiwan Review und der Ausgaben in den anderen Sprachen sind stolz, seit so langer Zeit ihren Lesern dienen zu können, indem wir den Wandel des Landes dokumentierten, und es ist uns eine besondere Ehre, Zitate aus Artikeln unserer Hefte in Forschungsarbeiten zu finden.

In Demut freuen wir uns über die starke Unterstützung durch die Leser, die erkennbar ist an den zahlreichen E-Mails, Faxen und Briefen, welche die Redaktionen erreichen und Lob für bestimmte Artikel ausdrücken. Die Leser verleihen unseren Schriften eine Bedeutung, und im Namen der Kollegen von Taiwan Review wollen wir allen danken, die im Laufe der letzten sechzig Jahre in eines der Hefte hineingeschaut haben.


Die erste direkte Präsidentschaftswahl im März 1996, die Lee Teng-hui (links) und sein Stellvertreter-Kandidat Lien Chan gewannen, war Titelgeschichte der Mai-Ausgabe jenes Jahres von Free China Review.

Das heutige Taiwan besser verstehen

Als Mit-Vorsitzende des Taiwan-Ausschusses im US-Kongress möchte ich den Redakteuren und Mitarbeitern von Taiwan Review zum 60-jährigen Jubiläum gratulieren. Diese fleißigen Menschen dürfen stolz auf ihre Rolle sein, Taiwan Review in den vergangenen sechzig Jahren zum vorrangigen Regierungsblatt in Taiwan gemacht zu haben.

Die im April 1951 unter dem Namen Free China Review gegründete Zeitschrift wandte sich überwiegend an eine Leserschaft im Ausland, um Akademikern im Bereich Ostasienwissenschaften sowie jenen, die sich für Trends und Ereignisse interessierten, welche das Leben der Taiwaner gestalteten, Informationen über das Land zu bieten. Für Gelehrte, welche die vergangenen 60 Jahre von Taiwans Entwicklung studieren, sind Archivausgaben der Zeitschrift eine unverzichtbare Quelle.

Im April 2000 wurde Free China Review in Taipei Review und im März 2003 schließlich in Taiwan Review umbenannt, um die Herkunft der Zeitschrift besser widerzuspiegeln. Heute gibt es Ausgaben in englischer, spanischer, französischer, deutscher und russischer Sprache.

Durch Taiwan Review können die Leser ein besseres Verständnis für die komplizierten und erstaunlichen Entwicklungen gewinnen, die sich in Taiwan über die vergangenen sechs Jahrzehnte ereignet haben. Im Jahre 1951 war Taiwan arm, unterentwickelt und vom Rest der Welt isoliert, außerdem sah das Land sich einer sehr realen Bedrohung einer kommunistischen Machtergreifung dort gegenüber. Doch die Menschen in Taiwan taten sich zusammen und setzten sich für die Ziele ein, wirtschaftlichen Erfolg und politische Freiheit zu erreichen und schließlich eine Demokratie zu verwirklichen. In dieser gesamten Periode veröffentlichte die Zeitschrift Artikel über Taiwans Wirtschaft und stellte dar, wie das Land sich von einer Agrar-Volkswirtschaft zu einer modernen und dynamischen Gesellschaft mauserte. Heute haben Taiwans herausragende ökonomische Leistungen die Rolle des Landes in der Weltwirtschaft außerordentlich vergrößert.

Die Leser erfuhren durch das Blatt auch von Taiwans demokratischen Entwicklungen, als der einstmals autoritäre Staat allmählich zu einer vollen Demokratie reifte. Die Basisdemokratie gedieh stetig, was am Ende friedliche, verfassungsgemäße Veränderungen bei der Führung nach sich zog. Heute erfreut Taiwan sich eines gesunden Pluralismus und Respekt vor den Menschenrechten, und es herrscht volle Presse- und Versammlungsfreiheit.

In den jüngsten Jahren hat Taiwan Review zudem die Aufmerksamkeit der Leser auf die indigene taiwanische Kultur gelenkt, auf taiwanische Geschichte und taiwanische Literatur, was ein wachsendes Bewusstsein für taiwanische Identität in Taiwan selbst wie auch in taiwanischen Gemeinschaften rund um den Erdball reflektiert.

Noch einmal herzlichen Glückwunsch zum 60-jährigen Bestehen von Taiwan Review! Ich wünsche Ihnen weitere 60 erfolgreiche Jahre.

Shelley Berkley
Mitglied des Kongresses der Vereinigten Staaten


Witzfiguren? Zur Präsidentschaftswahl im März 2000 brachte Free China Review die fünf Kandidaten als Karikaturen aufs Cover.

Maßstäbe setzen

Meine Glückwünsche zum 60-jährigen Bestehen von Taiwan Review. Ich hatte selbst die Ehre, 12 Jahre lang — von September 1986 bis August 1998 — in einer der spannendsten Phasen von Taiwans Wandel zu einer echten Demokratie als Redakteur für die Zeitschrift arbeiten zu dürfen.

In jener Zeit berichteten wir in Free China Review über außerordentliche Veränderungen bei Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur, die sich kurz vor und nach der Aufhebung des Kriegsrechts vollzogen. Es war eine aufregende Zeit des Reifens und von anhaltender historischer Bedeutung.

Während dieser Jahre wandelte sich Free China Review zu einem Weltklasse-Magazin, das wegen des abwechslungsreichen Inhalts und des eigensinnigen Beharrens auf Genauigkeit von Chinakundlern zitiert, von ausländischen Regierungsbeamten studiert und von allen Lesern geschätzt wurde. Das Blatt setzte für englischsprachigen Journalismus auf Taiwan Maßstäbe bei Inhalt von Belang, schriftlichem Stil, kreativem Design und Aufmerksamkeit für ausgewogene Berichterstattung.

Möglich wurde dies dank der Führung durch mehrere GIO-Minister, welche die Wichtigkeit eines nationalen Publikationsorgans erkannten, das die Stärken und Herausforderungen von Taiwans demokratischen Experimenten repräsentierte, darunter auch die ernsten Probleme, welche zuweilen mit diesem Wandel einhergingen. Jedem dieser GIO-Minister muss man hoch anrechnen, dass sie bereit waren, die Kritik einzustecken, wenn die Zeitschrift sich nach Ansicht mancher konservativer Politiker innerhalb und außerhalb der Regierung „zu weit vorwagte“. Infolgedessen erwarb Free China Review sich den Respekt aus dem ganzen Spektrum, von einfachen Lesern bis zu messerscharfen politischen Kommentatoren.

Der Erfolg der Zeitschrift über die Jahre ist auch der kleinen aber engagierten Schar von taiwanischen Autoren und Redakteuren zu verdanken, die eng mit der noch kleineren Zahl ausländischer Mitarbeiter in der Redaktion kooperierten. Es war in jeder Hinsicht eine gemeinschaftliche Anstrengung, bei der alle voneinander lernten.

Der chinesische Tierkreis wiederholt sich alle zwölf Jahre. Der eine Zyklus, den ich bei Free China Review durchlaufen habe, war eine der schönsten Phasen meines beruflichen Wirkens.

Dr. Richard R. Vuylsteke
Präsident der American Chamber of Commerce in Hongkong

(Deutsch von Tilman Aretz)

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