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Zusammenarbeit zwischen Taipeh und Shanghai für stärkere Entwicklung

01.01.2011
Taipehs Bürgermeister Hau Lung-bin (links) erläuterte im April vergangenen Jahres Shanghais Bürgermeister Han Zheng das Schnellbahnsystem seiner Stadt. Nach Hans Besuch ist der Austausch zwischen den beiden Metropolen enger geworden. (Foto: Central News Agency)
„Als Rentner sollte man die eine Hälfte des Jahres in Taipeh verbringen und die andere in Shanghai, denn beide Städte sind so attraktiv“, schwärmte der bekannte Volkswirt und Gründer des Verlages Commonwealth Publishing Co. Gao Xi-jun, nachdem er im April vergangenen Jahres in Taipeh Vorträge beim Taipei-Shanghai City Forum gehört hatte. Das Forum war von der Stadtverwaltung Taipeh organisiert worden und drehte sich um die Kooperation zwischen den beiden Städten.

Die Vorträge auf dem Forum wurden von Taipehs Bürgermeister Hau Lung-bin (郝龍斌) und Shanghais Bürgermeister Han Zheng (韓正) gehalten. Han sprach am ersten Tag seiner viertägigen Reise nach Taipeh.

Zwei Monate nach dem Forum wurde es für die Taiwaner leichter, Gaos Vorschlag, mehr Zeit in Shanghai zu verbringen, umzusetzen, da am 14. Juni eine neue Flugverbindung zwischen dem Songshan-Flughafen in Taipeh und dem Hongqiao-Flughafen in Shanghai eingerichtet wurde. Die neue Route verkürzt die Reisezeit zwischen den beiden Stadtgebieten von rund dreieinhalb Stunden auf 90 Minuten.

Mit dem ersten Besuch eines Bürgermeisters einer der großen und mächtigen festlandchinesischen regierungsunmittelbaren Städte in Taiwan und der Einrichtung der Songshan-Hongqiao-Flugverbindung waren im letzten Jahr große Schritte nach vorn im Verhältnis zwischen zwei der wichtigsten Metropolen auf beiden Seiten der Taiwanstraße erkennbar. „Der Fortschritt, den wir heute machen, ist ein Eckpfeiler des kooperativen Verhältnisses zwischen Taipeh und Shanghai“, kommentierte Hau die Unterzeichnung von vier Memoranden zwischen den Städten im April 2010. In den Memoranden geht es überwiegend um Zusammenarbeit bei kulturellen Angelegenheiten, Fremdenverkehr, Umweltschutz und Technologie. „Ich hoffe, dass der enge Austausch zwischen den Städten beiden helfen kann, die kommenden 50 Jahre lang zu blühen“, fügte Hau hinzu.

Im vergangenen Jahr konnten auch sonst reichlich Beispiele für die Zusammenarbeit zwischen Taipeh und Shanghai verzeichnet werden. Während der sechsmonatigen Weltausstellung Shanghai Expo, die im Oktober 2010 zu Ende ging, konnte man im Taiwan-Pavillon nicht nur einen Eindruck von der Qualität und Vitalität des Lebens in Taipeh erhalten, es wurden dort auch die Leistungen der Stadt bei Breitbandkommunikation und Recycling vorgestellt. Zugleich hat Shanghai auf der Blumenschau Taipei International Flora Expo, die im November 2010 begann und bis zum 25. April dieses Jahres läuft, das „Shanghai Charm“-Gebiet eingerichtet.

Ende Juni 2010 konnten die Menschen in Shanghai außerdem während der Taipeh-Kulturwoche dort einiges vom Kulturangebot Taiwans kennen lernen. Bei der Kulturwoche traten mehrere von Taiwans besten Schausteller-Ensembles auf wie das U-Theater, das Taipeh-Symphonieorchester und das Taiwanoper-Ensemble Ming Hwa Yuan. Beim Auftritt von Ming Hwa Yuan strömte ein Publikum von 25 000 Personen herbei, um die charakteristische Freiluftvorstellung mit dem Titel „Die Legende der weißen Schlange“, bekannt für ihre außergewöhnliche Bühnentechnologie, zu bewundern.

Im gleichen Monat fand in Shanghai die fünftägige Shanghai-Taipei Cultural and Creative Industry Expo statt, bei welcher die Abteilung für Kulturangelegenheiten der Stadtverwaltung Taipeh als Mit-Veranstalter fungierte. Über 200 Firmen waren an dieser Messe der kulturellen und kreativen Gewerbe beteiligt, 145 aus Taipeh und 58 aus Shanghai. „Ich habe nicht wenige Gruppen-Einkaufsbestellungen sowohl von den taiwanischen als auch den festlandchinesischen Organisatoren der Veranstaltung erhalten“, berichtet Tony Tseng, Generaldirektor von Artilize Worldwide Co., einer der beteiligten taiwanischen Firmen.

Unten abgebildet sind Schautafeln im Taipeh-Pavillon auf der Weltausstellung in Shanghai, auf denen koloniale Bauten in Taipeh und Shanghai gegenübergestellt wurden, um den Besuchern die gemeinsame Erfahrung kolonialer Herrschaft vor Augen zu führen. (Foto: Huang Chung-hsin)

Zugleich wird gemäß den Bedingungen eines technologischen Memorandums, das Taipeh und Shanghai im April 2010 unterzeichneten, der Taipei Neihu Technology Park die Zusammenarbeit mit dem Shanghai Zhangjiang Hi-Tech Park aufnehmen. Letzterer befindet sich in Shanghais Bezirk Pudong und war im Jahr 1992 gegründet worden, doch bis zum Jahr 2000 wurde dort ein nur langsames Wachstum verzeichnet, verrät Yin Hong, stellvertretender geschäftsführender Direktor der Shanghai Zhangjiang Co., die für die Verwaltung des Parks zuständig ist und unter der Federführung der Stadtverwaltung Shanghai steht. Ab 2000 jedoch kam der Shanghai-Park in Schwung und ist heute eines der wichtigsten Forschungs- und Entwicklungszentren auf dem chinesischen Festland. Shanghai Zhangjiang pflegt laut Yin seit 2003 Austausch mit dem nordtaiwanischen Wissenschaftspark Hsinchu und lernt von ihm, die Kontakte mit dem Park in Neihu wurden dagegen erst im vergangenen Jahr geknüpft.

„Die Entwicklung von Taiwans Hightechsektor hat Jahrzehnte eher angefangen als die des festlandchinesischen Sektors”, weiß Yin, der die Wissenschaftsparks auf der Insel bereits zwei Mal besucht hat. „Taiwans Wissenschaftsparks bestechen mit ihrer Verwaltung und den Dienstleistungen für Unternehmen. Daneben liegt ihre Stärke in der Qualität ihres Personals und den Technologien, die man dort im Laufe der Jahre angesammelt hat.“

Für Taiwan beruht der hauptsächliche Nutzen von Hightech-Kooperation über die Taiwanstraße nach Yins Überzeugung darin, dass es in Festlandchina einen riesigen Markt gibt, der Taiwans Unternehmen helfen kann, an Größe zu gewinnen. „Nach der Einrichtung direkter Flugverbindungen zwischen Taipeh und Shanghai können die beiden Städte ihre Ressourcen bündeln und ihre gegenseitigen Vorteile zur vollen Entfaltung bringen“, wirbt er.

In anderen Bereichen außerhalb der geschäftlichen Sphäre lernen die beiden Städte zudem voneinander und stehen einander bei. „Allgemein gesagt ist Taipeh eine kompakte Stadt, wo alles recht bequem ist“, urteilt Zhu Dajian, Professor an der Schule für Wirtschaft und Management der Tongji University in Shanghai. „Shanghai ist stärker internationalisiert und ist häufiger Gastgeber von großen Ereignissen, das Alltagsleben ist indes nicht so bequem“, sinniert der Gelehrte und fügt hinzu, dass die Stadtverwaltung Shanghai, in der er beratende Funktion hat, nun bei der Planung neuer urbaner Gebiete zusätzliches Gewicht auf Bequemlichkeit legt.

Taipeh wiederum hat ebenfalls von Shanghai gelernt. So war zum Beispiel Bürgermeister Hau Lung-bin bei einer Reise nach Shanghai im Jahre 2008 sehr angetan von den dortigen Plänen für eine „blaue Autobahn“ auf dem Huangpu-Fluss, mit der verschiedene Zonen der Shanghai Expo miteinander verbunden werden sollten. Shanghais Beispiel führte zu der Planung und dem Einsatz häufig verkehrender Fähren auf dem Keelung-Fluss während der laufenden Blumen- und Gartenschau in Taipeh.

Da bequeme Flugverbindungen und stabile Kommunikationskanäle Taipeh und Shanghai einander näherbringen, sind die beiden Städte in einer günstigen Position, in Zukunft noch mehr voneinander zu lernen. So wie der Rentner Gao Xi-jun meinte, die Menschen in Taiwan könnten viel dabei gewinnen, wenn sie Zeit in Shanghai verbrächten, ist es anders herum gleichermaßen der Fall, und die zunehmenden kooperativen Bemühungen in der Geschäfts- und Kulturwelt werden sicherlich zu einer stärkeren Entwicklung in beiden Städten führen.

(Deutsch von Tilman Aretz)

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