12.05.2025

Taiwan Today

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Die Alternative der Altenheime

01.11.1989
Einige Altenheime bieten bereits eine aktive und komfortable soziale Umgebung, aber die Zahl der öffentlichen und privaten Einrichtungen ist nach wie vor begrenzt.
Selbst vor einem Jahrzehnt noch waren Menschen in Taiwan erstaunt, dann höchst kritisch gestimmt, wenn sie erfuhren, daß Amerikaner ihre Großeltern und Eltern häufig in Altenheimen unterbrachten, statt sie selbst zu versorgen. Dies erschien untolerierbar pietätlos und sogar unmenschlich.

Senioren in China haben seit Jahrtausenden ihr Leben lang in Vorausnahme der besonderen Belohnungen und der Autorität während ihrer Altenjahre gearbeitet. Doch heute, just da ein außerordentlicher materieller Reichtum zur Hand ist, entschlüpft ihnen ihr Recht, einem Haushalt bewundernder Nachkömmlinge vorzustehen und von ihm versorgt zu werden.

Die jüngeren Generationen empfinden es als sehr schwierig, den alten Regeln zu gehorchen. Die großen Mehrgenerationengebäude von vor einer Generation sind für die meisten Stadtbewohner zu einer unmöglichen Extravaganz geworden. Und die Realitäten moderner Berufe schließen eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung der Alten schlichtweg aus.

Mit einem Gefühlsgemisch aus Trauer, Schuld und Erleichterung überlegen junge Paare heute, ihre Eltern in Altenheimen unterzubringen; sie leisten immer noch Unterstützung, aber aus einer größeren Entfernung. Die sozialen Veränderungen verlangen eine Anpassung der traditionellen Werte, und dieser Prozeß ist nicht immer nur angenehm.

Taiwans wirtschaftliche Entwicklung bringt weite soziale Konsequenzen mit sich, von denen einige die traditionellen Werte in eine neue und unerwünschte Form bringen. Die Veränderungen sind oft besorgniserregend und zuweilen schmerzhaft. Ironischerweise sehen die Älteren - eben jene älteren Bürger, die während der letzten vier Jahrzehnte so bedeutsam für die Transformation der Insel gewesen sind - einer wenig schönen Zukunft entgegen: Viele befürchten, daß ihre Kinder wegen der veränderten sozialen Umwelt nicht in der Lage sein werden, sie mit dem Schutz und der Sorge betreuen zu können, die sie in den kommenden Jahren brauchen werden.

Da öffentliche Unterkünfte für die Älteren auf Taiwan immer noch begrenzt sind, ist diese Befürchtung berechtigt. Und weil der prozentuale Anteil älterer Bürger an der Gesamtbevölkerung wächst, verschärft sich das Problem noch. Von der Abteilung für Soziales des Innenministeriums erarbeitete Statistiken erweisen, daß im Vergleich zu den 2,0 Prozent im Jahre 1946 heute 5,8 Prozent der Bevölkerung älter als 65 Jahre sind. Bis 1995 wird die Zahl 7,3 Prozent erreichen. Die Lebenserwartung hat sich stetig erhöht, da sich der örtliche Lebensstandard und die medizinische Versorgung verbessert haben.

Vor einem halben Jahrhundert waren die sozialen Rollen in Taiwan klarer und einfacher, wenn auch vielleicht nicht nach dem Geschmack jedes Einzelnen. Großfamilien lebten unter einem Dach, und die Kinder erlebten die täglichen Bedürfnisse der älteren Familienmitglieder. Der Tradition entsprechend verdiente das Alter Gehorsam, und Autorität war vertikal gestaffelt. Darüber hinaus verließen die Kinder selten die Heimat, sondern bestellten die Felder oder arbeiteten in anderen Berufen in der Nähe.

In den traditionellen chinesischen Häusern lebten drei oder vier Generationen unter einem Dach, die Alten fanden dort Unterstützung und die ihnen gebührende Achtung - moderne Wohnungen beherbergen hingegen nur noch die Kernfamilien.

Das industrielle Wachstum in Taiwan hat diese bequeme Einrichtung jedoch grob in Bewegung gebracht, indem es Bauern, oder zumindest ihre Kinder, weg vom Lande in die Fabriken, Dienstleistungsbetriebe und gehobenen Berufe der Städte zieht. Da Teile der Familien näher zu ihren Arbeitsstellen ziehen, kommt es zu einer natürlichen Auflösung der Großfamilie. Wohnprobleme verschärfen diesen Prozeß, da städtische Wohnungen zu klein sind, um wesentlich mehr als die Kernfamilien zu beherbergen. Das Problem vergrößernd haben junge Paare weniger Kinder als ihre Eltern - oder bleiben sogar kinderlos. Hinzu kommt, daß die Arbeitszeitpläne die Eltern daran hindern, viel Zeit aufzuwenden, um für ihre Kinder, geschweige denn für ihre Eltern zu sorgen.

Alle Teile der Gesellschaft, von einzelnen Familien bis hin zur Regierung, haben die Notwendigkeit erkannt, angemessene Unterkünfte, Versorgung und psychologische Unterstützung für ältere Bürger bereitzustellen. Programme, die entwickelt wurden, um ein umfassendes Versorgungssystem für Senioren zu schaffen, gehen die Situation aus zwei Richtungen an. Die eine richtet sich an jene Senioren, die unter die Armutsgrenze fallen. Sie gibt finanzielle Unterstützung für medizinische Ausgaben, Dienste durch besuchende Krankenschwestern und Sozialarbeiter, verbesserte Einrichtungen in Altenheimen und Anstellung für die, die noch arbeiten können. Die andere hat die Senioren im Auge, die über gesunde Finanzen verfügen, aber unter psychologischer oder intellektueller Unzufriedenheit leiden. In ihrem Falle sieht das Program selbsttragende Altenheime vor, von denen bis jetzt zwei bestehen: Evergreen Village (翠柏新村) und das Pine Cottage-Altenzentrum (松柏廬安養中心), die beide im Großraum Taipei liegen.

Andere Regierungspläne rufen nach der Einrichtung von Tagesversorgungszentren für Senioren, Bildungsprogrammen zur Vorsorge chronischer und tödlicher Krankheiten, die hauptsächlich bei Älteren vorkommen, einschließlich der Instruktion zu Herzkrankheiten, Diabetes und Bluthochdruck, sowie der Errichtung von Freizeit- und Erholungseinrichtungen und besonderer Versorgungszentren, die den ganz Alten vorbehalten sind.

Aber Regierungsbeamte und die Öffentlichkeit gestehen ein, daß diese Programme unvollständig sind, da sie sich vorwiegend an die sehr Reichen und sehr Armen richten. Die große Mehrzahl der Senioren, die in die mittlere Kategorie fallen, ist immer noch ausgeschlossen. Nichtsdestotrotz ist ein Fortschritt erzielt worden, und einige der ersten Programme, die unten diskutiert werden, geben reiche Information darüber, wie am besten damit zu verfahren ist, die Bedürfnisse aller Senioren in Taiwan zu berücksichtigen - und sie illustrieren außerdem, daß einige Einstellungen und Erwartungen der älteren Menschen sich ebenfalls verändern.

Evergreen Village und das Pine Cottage-Altenzentrum zeigen, daß die Regierung erfolgreich dazu beitragen kann, wesentliche Programme für Senioren einzurichten. Evergreen Village wurde im Dezember 1984 von der Fürsorgevereinigung Freies China gegründet, und Pine Cottage wurde im darauffolgenden Jahr von der Abteilung für Soziales der Taipeier Stadtregierung eingerichtet. Beide Einrichtungen verlangen von ihren Bewohnern, die zumeist von ihren Kindern unterstützt werden, ein Entgelt und bieten erstklassige medizinische Kliniken, Erholungszentren sowie eine sichere und komfortable tägliche Umgebung.

Wang Yu Chieh-hung, die Mutter des chinesisch-amerikanischen Astronauten Taylor Wang, lebt im Evergreen Village. Sie hörte von der Einrichtung vor drei Jahren, während eines Rückkehrbesuches mit ihrem Sohn, der sie mitnahm, um einen alten Freund, der dort lebt, zu besuchen. Die Gelassenheit und Schönheit der Anlage beeindruckte die Seniorin Wang so sehr, daß sie entschied, dort einzuziehen.

"Zuerst war ich besorgt darüber, daß meine Tochter vielleicht nicht unabhängig würde leben können", sagt sie. "Ich bin eine altmodische chinesische Mutter, und so wollte ich für sie sorgen, bis sie einen Ehemann hat. Aber dieser Tage sind Kinder unverwüstlich, und sie müssen schnell erwachsen werden. Außerdem dachte ich, daß es an der Zeit sei, mir selbst ein wenig Zeit zu widmen. Ich habe all mein Leben darauf verwandt, meinem Mann und den Kindern zu dienen, und habe nicht so zur Abwechslung einmal ich ein wenig Spaß verdient?"

Heute verbringt sie ihre Zeit damit, mit alten Freunden zu plaudern, über das Grundstück zu flanieren und sich körperlich fit zu halten. Frau Wang ist glücklich, wie die meisten in ihrer Gesellschaft, denn das Village bietet ein ruhiges, sorgenfreies Leben, in dem die Senioren ihre alten Meinungen und Gewohnheiten ohne Argumente oder Herausforderungen durch die jüngere Generation beibehalten können.

Die soziale Atmosphäre im Pine Cottage-Altenzentrum ist genauso komfortabel und hat einige überraschende Ergebnisse hervorgebracht. Im Februar 1985 zum Beispiel erlebte das Zentrum eine Heirat zwischen dem 84jährigen Liu Lin-fang und seiner Fee, der 78jährigen Freundin Weng Li-yao. Frau Weng hatte bereits Urenkel, sah aber keinen Grund, auf die Freuden zu verzichten, noch einmal eine errötende neue Braut zu werden. Der reservierte, aber energiegeladene Bräutigam spricht mit großer Zufriedenheit über sein Leben als Frischvermählter: "Wir teilen unser Leben und unsere Interessen miteinander. Eine ihrer Haupbeschäftigungen ist an der Börse zu spekulieren - das scheint heutzutage ein großer Fimmel zu sein!"

Pine Cottage ist so populär, daß viele Senioren sehnsüchtig darauf gewartet haben, zugelassen zu werden. Ein solcher Bewohner ist das frühere Mitglied des Tainaner Stadtrats Kuo Tseng-ho, mit 77 Jahren noch voller Energie. Er zog in das Zentrum 1985 ein, als es erstmals für die allgemeine Öffentlichkeit geöffnet wurde. Herr Kuo genießt ein eigenes Zimmer und eine Umwelt, die genau seinen Bedürfnissen entspricht. Mit Ausnahme eines blinden Auges ist er körperlich gesund und verbringt gerne jeden Tag etliche Stunden damit, sich mit alten Freunden über die alten Zeiten zu unterhalten, gelegentlich frönt er auch einer Partie Mahjong.

Herr Kuo ist mit drei begüterten Söhnen und einer verheirateten Tochter gesegnet. In seinem eigenen Leben selbstständig, besteht er darauf, daß er nicht möchte, daß seine Kinder ihre Zeit damit verschwenden, sich um sein Wohlergehen zu sorgen. "Meine Kinder führen nicht mein Leben, und ich führe nicht ihres", sagt er. "Sie haben Familien und Karrieren, und ich sehe keinen Grund, etwas zu ihrer Bürde hinzuzufügen. Wir besuchen uns gegenseitig, wenn uns danach zumute ist, und ich mag das wesentlich lieber als erzwungene Nähe."

Aber Herr Kuos Einstellung ist ungewöhnlich. Viele andere Senioren haben keine Vorstellung davon, wie es wäre, unabhängig von ihren Kindern zu leben. Das Haus zu verlassen, in dem sie so lange komfortabel gelebt haben, wird nicht als positive Möglichkeit empfunden. Sie sind jedoch in einem Dilemma gefangen, da die Haushalte heute für Komfort bereits zu eng sind. Zukünftige Regierungsprogramme für Senioren müssen möglicherweise Beratungsdienste einschließen, um ihnen zu helfen, sich psychologisch an moderne Realitäten anzupassen.

Herr Kuos dritter Sohn, ein 38jähriger Verkaufsleiter, sagt, seine Familie sei glücklich, daß die Dinge sich zu ihrer aller Vorteil entwickelt haben. "Mein Vater erfuhr von Pine Cottage, während er Stadtratsmitglied war", sagt er. "Meine Brüder und ich wußten nichts, außer daß die Söhne für die Eltern zu sorgen hätten. Heute tut die Regierung viel zu wenig für die Älteren. Ich denke, mein Vater hatte Glück. Andere Senioren haben keines."

Der jüngere Herr Kuo verweist darauf, daß überall auf Taiwan Probleme im Umgang mit älteren Familienmitgliedern zu erfahren sind. "Die Generationen versuchen, das Selbstwertgefühl und die Angewohnheiten des anderen zu achten, aber der Druck durch Arbeit, Familie und modernes Leben erreicht bei Paaren, die ihre gealterten Eltern versorgen, den Punkt, an dem es nicht mehr zu schaffen ist", sagt er. "Meine Generation ist mit einigen echten Herausforderungen konfrontiert. Vor einer Generation gab es Wohlfahrt weder als soziale Institution noch existierte sie in den Köpfen der Menschen, und selbst heute hängen viele an unpraktischen Ideen kindlicher Pietät, die mehr Schaden anrichten als Nutzen. Soziale Meinungen und der Druck, Gesicht zu wahren, verschlimmern das Problem. Ich habe während der Übergangsperiode in Taiwan gelebt, und ich denke, die Idee der kindlichen Pietät könnte eine wesentliche Überholung gebrauchen."

Herr Kuo fügt hinzu, daß die moralische Erfordernis absoluten Gehorsams den Eltern gegenüber durch ein liberaleres Konzept ersetzt werden muß, das den Nachkömmlingen erlaubt, den Bedürfnissen der Eltern im Rahmen des Verstandes zu begegnen. "Das bedeutet, die Eltern in ihrem eigenen Raum und Zeit leben zu lassen und gleichzeitig Sorge und Zuneigung für sie zu zeigen. Aber das braucht nicht zuhause zu geschehen, nur um in den Augen der Gesellschaft 'pietätvoll' zu erscheinen. Die Welt verändert sich, und wir müssen uns anpassen. Ich frage mich häufig, was für eine Art Alter ich wohl erleben werde, oder meine Kinder."

Unglücklicherweise erstreckt sich das Altenheimsystem der Regierung bislang nicht auf die Mehrheit der Senioren, die, unabhängig von ihrem finanziellen Status, Unterstützung benötigen. Und was bisher vorhanden ist, erhält zu wenig Aufmerksamkeit. Aber viele Menschen empfinden, daß den älteren Bürgern viel mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muß. Der jüngere Herr Kuo sagt es geradeheraus: "Die Regierung hat keinen Grund zur Verzögerung, da sie es sich jetzt gut leisten kann, sich mehr um soziale Wohlfahrt zu kümmern."

Im Gegensatz zu den gepflegten Gärten und strahlend weißen Kliniken des Evergreen Village und des Pine Cottage steht ein düsterer Haufen abgenutzter, vom Smog fleckiger Gebäude nahe einer betriebsamen Straße im Sungshan Bezirk in Taipei. Es ist eine der zahlreichen Einrichtungen, die die Regierung als Unterkunft für Waisen, mißbrauchte junge Mädchen und die Alten bereitgestellt hat. Diese Einrichtung ist bekannt unter dem Namen Kuang Chi-Fürsorgehaus Taipei (廣慈博愛院). Es bietet den Alten Unterkunft und medizinische Versorgung. Außerdem bietet es den Armen Taiwans Erhohlungsprogramme und einen Ort für religiöse Dienste. Der größere Teil der Anlage besteht allerdings aus Unterkünften für die Senioren, normalerweise je einem Raum für vier Bewohner. Die medizinischen Dienste sind gut organisiert, obwohl die anderen Aspekte des Lebens im Kuang Chi alles andere als luxuriös sind.

Der Armeeveteran Wang Tzu-mu ist 73 Jahre alt und lebt seit 1983 im Kuang Chi. Er kam 1950, einige Jahre nach seiner Ablösung von seinem Armeeregiment in Shanghai, nach Taiwan. Es mag verwundern, daß Herr Wang nicht in einem Altenheim für Veteranen lebt, aber obwohl seine Situation eine besondere ist, ist sie doch keineswegs ungewöhnlich.

"Ich hatte keine Ablösedokumente vom Militär, da diese nicht erhältlich sind für die, die aus dem Dienst ausscheiden, während sie noch auf dem chinesischen Festland sind", sagt er. "Ohne so ein Dokument bin ich aber nicht berechtigt, in einem Altenheim für Veteranen zu leben. Bewohner dieser Heime genießen freie Kost, Kleidung und medizinische Versorgung sowie ein Taschengeld von 180 US-Dollar pro Monat. Hier im Kuang Chi bekommen wir eine Unterstützung von 32 US-Dollar, die es einem nicht erlaubt, Zigaretten oder Wein zu kaufen, von Geschenken für Freunde ganz zu schweigen. Dazu kommt dann noch, daß wir unsere eigene Medizin kaufen müssen, wenn sie in der Klinik nicht erhältlich ist. Und wenn wir uns nach einer Operation erholen müssen, müssen wir jemanden bezahlen, der nach uns sieht."

Herr Wang zog wenig Vorteil aus dem wirtschaftlichen Boom der Republik China. Er versuchte sich als Geschäftsmann, nachdem er nach Taiwan gekommen war, aber er endete im Bankrott. Ohne Geld und Freunde oder Verwandte, die ihm hätten helfen können, befolgte er den Rat von Gefährten und zog im Fürsorgehaus ein. Zur Zeit betätigt er sich als Kopf einer Gruppe, die von den Bewohnern gegründet wurde, um sich gegenseitig zu helfen. Außerdem leitet er Seniorengruppen in anderen Fürsorgeeinrichtungen, die dem Kuang Chi ähneln.

Er sagt: "Ich habe zwar nicht viel Freizeit, aber wenn ich welche habe, gehe ich gerne draußen spazieren. Die anderen Bewohner arbeiten auch, wenn die Gesundheit es zuläßt, und viele helfen, die Behinderten zu versorgen, oder pflegen den Garten. Zur Erholung spielen wir Schach, trinken Tee und unterhalten uns."

Das Kuang Chi ist ein Beispiel für die ersten Versuche der Regierung, den Alten zu helfen. Teilweise auf die traditionelle Familienstruktur der chinesischen Gesellschaft antwortend, in der die meisten Familien selbst zuhause für ihre Verwandten sorgten, hatten diese Einrichtungen lediglich die ganz Bedürftigen im Auge. Während benachteiligte Menschen Dienste des Kuang Chi oder ähnlicher Häuser für Alte und Behinderte in Anspruch nehmen können, sind all die, die sich in welcher Weise auch immer selbst versorgen können, auf sich selbst gestellt. Bis in die letzten Jahre hinein konnten nur extrem arme Senioren Anspruch auf freie Kleidung, medizinische Versorgung, Essensbeihilfen und ähnliche kleine finanzielle Unterstützungen durch die Regierung erheben.

In der Vergangenheit durch finanzielle Einschränkung und Arbeitskräftemangel behindert, konnte die Regierung wenig anderes tun, um den Mittellosen zu helfen. Yang Ching-ching, ein Spezialist der Abteilung für Soziales (AfS) des Innenministeriums sagt, daß Verbesserungen unterwegs seien. "Seit 1989 hat die AfS wesentlich höhere Mittel zur Verfügung." Weiter sagt Herr Yang: "Wir erwarten, daß es uns gelingen wird, die Qualität und Quantität unserer Leistungen zu verbessern. Die Grundlagen dafür hat die Regierung bereits gelegt."

Tsai Han-hsien, der Direktor der AfS, ist überzeugt, daß sich mit größerer Kooperation zwischen der Regierung und einzelnen Familien, lokalen Organisationen und privaten Körperschaften die Lebensqualität der Senioren verbessern werde. Er fügt hinzu, daß die Regierung eine klarere und bessere Wohlfahrtspolitik für die Alten in Kraft gesetzt habe und dabei sei, die Anstrengungen zu vergrößern, mittels der Verteilung von Büchern, Pamphleten und Videofilmen die Öffentlichkeit zu diesem Thema zu unterrichten.

Aber es bleibt viel zu tun, da sich die Traditionen von Familienunterstützung und die Einstellung zu "Gesicht" und kindlicher Pietät im heutigen Taiwan verändern. Zur Beantwortung der Frage, wie den Alten der Insel am besten das reiche Leben, das sie sich für die Zeit ihrer Seniorenjahre verdient haben, zu geben ist, bedarf es sowohl substantieller Veränderungen in der Struktur sozialer Dienste als auch eines harten Überdenkens der ethischen Traditionen.

(Deutsch von Arne Weidemann)

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