Jedoch werden nicht nur westliche Sprachen sprechende Schüler von den Schwierigkeiten des chinesischen Sprachstudiums entmutigt, auch Taiwans Kindern und Schülern fällt es schwer, genügend Gewandtheit in einer der sog. "harten" Sprachen der Welt zu erwerben. Diese Aufgabe wird ihnen durch das System des "Nationalen Phonetischen Alphabets" (NPA) erleichtert, welches in Materialien der Vorschule und in Textbüchern der Grundschule Verwendung findet. Gleichwohl haben viele Ausländer dieses System zum Erlernen der Sprache angenommen.
Das Unbekannte scheint oft unmöglich. Dies gilt für das Erlernen von Mandarin und dessen Umschriften, die insbesondere Nicht-Chinesen helfen sollen, einfacher Zugang zur Sprache zu finden. Im folgenden Artikel gibt der "Hochgeschätzte Lehrer" Shih eine kurze Übersicht der Geschichte des NPA und fügt die Ergebnisse einer kürzlich gemachten Untersuchung über die Herkunft jedes einzelnen phonetischen Symbols hinzu; etwas, was in der Regel von den Chinesen selbst nicht gewußt wird.
Von den 50iger bis in die 70iger Jahre benutzten die meisten Anfänger des Sinologiestudiums in den Vereinigten Staaten die romanisierende Umschrift von Yale und in Europa die von Wade-Giles als vorbereitende Methode, um die chinesischen Klänge zu Papier zu bringen und die chinesische Aussprache zu erlernen. In der Umschrift von Wade-Giles wird das zusammengesetzte Wort 英語 "englische Sprache" beispielsweise Ying yü geschrieben.
Ende der 70iger Jahre jedoch wurden diese Umschriften in Erziehungseinrichtungen der Vereinigten Staaten und Europa weitestgehend durch das Romanisierungssystem "Pinyin" ersetzt, was auf dem chinesischen Festland allgemein in Gebrauch ist. Die "Pinyin" Umschrift und das System des Nationalen Phonetischen Alphabets, NPA oder auch Chu yin fu hao (注音符號) verlaufen eng parallel.
Der wesentliche Unterschied ist die Einführung von Zeichen wie [ㄓ], [ㄘ], [ㄑ] und [ㄒ] im NPA, äquivalent zu [jr], [ts], [chi] und [syi] in der Umschrift von Yale und [zhi], [ci], [qi] und [xi] in "Pinyin."
Man sagt, daß "Pinyin" gegenüber Yale für englischsprachige Schüler einfacher sei, da es aufgrund seiner nahen Verwandtschaft zum NPA eine korrektere Aussprache fordert. Doch gleich welche Umschrift gebraucht wird, ob Yale, "Pinyin", NPA oder eine andere, sie alle bedienen sich willkürlicher Zeichen. Tatsächlich sind Chinesisch und Englisch zwei beziehungslose und extrem verschiedene Sprachen mit gleichfalls völlig unterschiedlichen Aussprache-Systemen.
Manchmal versuchen chinesische Studenten zu Beginn ihrer englischen Sprachausbildung, mittels des Nationalen Phonetischen Alphabets die englischen Klänge zur Unterstützung der Aussprache niederzuschreiben. Diese Methode findet meistens ihr schnelles Ende, wenn sie, wie im Falle dieses Schreibers, vom Sprachlehrer entdeckt wird. Professionelle Englischlehrer betonen gewöhnlich chinesischen Studenten gegenüber, daß nur die phonetischen Alphabete von D. Jones (D.J.) oder J.S. Kenyon und T.A. Knott (K.K.) benutzt werden sollten, um die Aussprache der englischen Sprache zu repräsentieren, ansonsten würden die englischen Wörter "steif" geformt und unangenehm im Ohr klingen - mit einem gewissen chinesischen Touch!
Das gleiche gilt für Ausländer, die sich beim Studium der chinesischen Sprache eine solide Grundlage schaffen sollten, indem sie für eine Zeitlang ihr eigenes Alphabet und Klangsystem aus dem Gedächnis streichen und sich selbst der völlig neuen Linguistik und Aussprache öffnen und vor allem nicht vergessen dürfen, daß gleich welche phonetische Umschrift benutzt wird, sie alle nur aus einem Satz willkürlicher Zeichen zusammengesetzt sind.
Der einzig vernünftige Grund, der hinter dem Gebrauch der römischen Buchstaben steht, ist, daß diese englischsprachigen Studenten am vertrautesten und einfach zu behalten sind. Es ist der Nachteil dieser Methode, daß der Lernende, bei dem Versuch die chinesischen Töne auszusprechen, zwangsläufig vom Klang seiner Muttersprache beeinflußt wird, was wiederum eine nicht korrekte Aussprache des Chinesischen nach sich zieht. Daher empfehlen viele Lehrer in Taiwan die Benutzung des NPAs von Anfang an. Nicht nur, daß das System eine Beeinflussung seitens der Muttersprache vermindert, es bietet für Anfänger auch einen Zwischenschritt auf dem Weg selbst chinesische Schriftzeichen zu schreiben.
Die Studenten, die ein ernsthaftes, langzeitliches Interesse am Chinesischen zeigen, werden herausfinden, daß das Nationale Phonetische Alphabet für die Benutzung eines chinesischen Wörterbuches unentbehrlich ist. Je früher sie diese Umschrift lernen, desto besser. Andererseits ist die Verwendung römischer Buchstaben für Studenten, die sich nur ein elementares, zur Konversation geeignetes Sprachwissen aneignen wollen, eine willkommene Zeitersparnis. Dieser Typ Student ist erfahrungsgemäß jedoch in der Minderheit und nicht wirklich das Ziel, der mit der Lehre der chinesischen Sprache Beauftragten.
Natürlich kann das Nationale Phonetische Alphabet in Verbindung mit einer romanisierenden Umschrift gelehrt werden, da der Studierende oft mehr als ein System beherrschen muß, um die unterschiedlichen Transskriptionen in ausländischen Texten und wissenschaftlichen Materialien lesen zu können. In jedem Fall dürfte das Wissen um die Geschichte des NPAs für den Sinologiestudenten, gleich ob Anfänger oder Fortgeschrittener, bei dem Erlernen einer der ältesten Sprachen der Welt von Wert sein.
Jede Diskussion um die Erschaffung des Nationalen Phonetischen Alphabets muß mit dem großen modernen Philosophen Wu Chih-hui (吳稚暉) beginnen. Er glaubte, daß der Austausch von Gedankengut und Kultur für den menschlichen Fortschritt entscheidend sei und daß beide, die gesprochene und geschriebene Sprache so ausgerüstet sein müßten, daß sie dies, gleich ob es sich um internationale oder inländische Kommunikation handelt, bis auf die kleinsten Feinheiten vermitteln können. China, mit seinem weiten Territorium und einem relativ unterentwickelten Kommunikationssystem, hat glücklicherweise eine vereinheitlichte Schriftsprache.
Jedoch legen die gewaltigen Unterschiede der gesprochenen Sprache dem intellektuellen Austausch, der Verbreitung von Informationen und dem Aufbau einer nationalen Einheit gewaltige Hindernisse in den Weg. Da dies erkannt wurde, übernahm Wu Chih-hui als Vorsitzender der "Konferenz für Vereinheitlichung der Aussprache", die Leitung bei der Einführung einer standardisierten Mandarin Aussprache im ganzen Land. Die Mitglieder der Konferenz beschlossen die phonetischen Symbole, die zur Einführung einer vereinheitlichten Aussprache gebraucht wurden, als ein nationales phonetisches Alphabet zu übernehmen.
Am 23. November 1918 verkündete das Erziehungsministerium das Nationale Phonetische Alphabet und rief am 21. April 1919 eine" Nationale Kommission zur Vereinheitlichung der Sprache" ins Leben. Zu dieser Zeit kehrte Wu aus Europa nach China zurück, um hier die Satzfolge und den kalligraphischen Stil der phonetischen Zeichen festzusetzen und bekannt zu geben. Ferner empfahl er die Nutzung eines von ihm selbst herausgegebenen vereinheitlichten Mandarin-Wörterbuchs. 1944 wurde das von ihm komponierte "Lied der nationalen phonetischen Zeichen" vom Erziehungsministerium verkündet und sorgte musikalisch für die Verbreitung der nationalen Sprache.
Als die "Nationalen phonetischen Zeichen" im Jahr 1913 geschaffen wurden, bestanden sie aus 39 "Buchstaben", deren Aussehen auf Radikalen (Wurzelzeichen) oder alten Formen chinesischer Zeichen basiert, die wegen ihrer begrenzten Anzahl an Strichen und ihrer einfachen Schreib- und Erkennbarkeit ausgewählt wurden.
Fünfzehn dieser Zeichen wurden von einem früheren, vom Scholaren Chang Ping-lin (章炳麟) kreierten System übernommen. Im Jahr 1930 setzte die Nationalregierung ein leicht verändertes Nationales Phonetisches Alphabet in Kraft, welches aus 24 Anlauten, 12 Auslauten und dem Retroflex "r", also insgesamt 37 Zeichen besteht. Die Herkunft jedes einzelnen Zeichens ist unten zusammengefaßt; die in Klammern geschriebene Aussprache bedient sich des Romanisierungssystems von Wade, eine Umschrift, welche in den meisten englischsprachigen Publikationen auf Taiwan benutzt wird; die Zahlen geben den Ton der Aussprache an.
ㄅ: ein Radikal, ausgesprochen ㄅㄠ[pao1]; bedeutet "Paket"; wird heute 包 geschrieben.
ㄆ: ein Radikal, ausgesprochen ㄆㄨ[p'u1]; dies ist eine alternative Form von 攴, eine weitverbreitete Form von 文 [wen2]; mit der Bedeutung "Schrift, Muster".
ㄇ: ein Radikal, ausgesprochen ㄇㄧˋ [mi4]; das Radikal wird gewöhnlich 冖 geschrieben und bedeutet "mit Stoff bedecken".
ㄈ: ein Radikal, ausgesprochen ㄈㄤ [fang1]; wird gewöhnlich ㄈ geschrieben und bedeutet "ein Behälter".
ㄉ: die alte Schreibweise des Zeichens für "Messer", heute 刀 geschrieben, ausgesprochen ㄉㄠ [tao1].
ㄊ: das Zeichen ㄊ bedeutet "abrupt, plötzlich" und wird ㄊㄨˊ [t'u²] ausgesprochen.
ㄋ: die alte Schreibweise des Zeichens 乃 , "sein", ausgesprochen ㄋㄞˇ [nai³].
ㄌ: die alte Schreibweise des Zeichens 力 , "Kraft", wird ㄌ一ˋ [li4] ausgesprochen.
ㄍ: von dem Zeichen ㄍ , "Rinnsal zwischen Feldern", ausgesprochen ㄍㄨㄞˋ[kuai4].
ㄎ: von dem Schriftzeichen ㄎ , "eine Prüfung ablegen", ausgesprochen ㄎㄠˇ [k'ao³].
ㄏ: von dem Zeichen ㄏ , welches gleichzeitig ein Radikal ist, bedeutet "felsige Klippe", ausgesprochen ㄏㄢˋ [han4].
ㄐ: von dem Zeichen ㄐ , welches auch ein Radikal ist, steht für "binden", ausgesprochen ㄐ一ㄡ [chiu¹].
ㄑ: von dem Schriftzeichenㄑ , "Bach, Flüßchen", ausgesprochen ㄑㄩㄢˇ [ch'uan³].
ㄒ: eine alte Form (chuan wen Kalligraphie) des Schriftzeichens下, "unten", ausgesprochen ㄒ一ㄚˋ, [hsia4].
ㄓ: die ursprüngliche Form des Zeichens 之 , eigentliche Bedeutung "gehen", aber heute ein besitzanzeigender Partikel, ausgesprochen ㄓ [chih¹].
ㄔ: von dem Zeichen ㄔ , auch ein Radikal, bedeutet "kleine Schritte", ausgesprochen ㄔˋ [ch'ih4].
ㄕ: von dem Schriftzeichen 尸 , "ein unbegrabener Leichnam", ausgesprochen ㄕ [shih¹].
ㄖ: von dem Zeichen 日 , "Sonne", auch ein Radikal, ausgesprochen ㄖˋ [jih4].
ㄗ: von dem Zeichen ㄗ , ausgesprochen ㄐ一ㄝˊ [chieh²], welches später durch das Zeichen 節 ersetzt wurde. Es ist ferner ein Radikal und bedeutet "Abschnitt".
ㄘ: von dem Zeichen ㄘ , ausgesprochen ㄘ [tz'u¹]; es ist die ursprüngliche Form des Schriftzeichens der Zahl "sieben", 七, ㄑ一 [ch'i¹].
ㄙ: von dem Zeichen ㄙ , die ursprüngliche Form von dem modernen Zeichen 私, ausgesprochen ㄙ [szu¹], bedeutet "selbst ausführen."
ㄧ: von dem Schriftzeichen für die Zahl "eins" 一 , auch ein Radikal, wird ㄧ [yi¹] ausgesprochen.
Großdruck, ein exaktes phonetisches System und anregende Vielfältigkeit des fundierten Inhalts, machen das Erlernen einer "harten" Sprache leichter.
ㄨ: eine alte Form des Zeichens für die Zahl "fünf", 五 , ausgesprochen ㄨˇ [wu³].
ㄩ: von dem Zeichen ㄩ , ausgesprochen ㄑㄩ [ch'ü¹] , bedeutet "ein aus Weidenholz gemachter Behälter für Reis."
ㄚ: von dem Schriftzeichen Y , "eine Gabelung", ausgesprochen ㄧY [ya¹].
ㄛ: von dem Zeichen ㄛ , ausgesprochen ㄏㄛ [ho¹], "Schwierigkeiten beim Atmen."
ㄜ: von ㄛ˙ zu ㄜ geändert, ausgesprochen ㄜ [e¹].
ㄝ: ursprünglich eine alternative Form des Zeichens 也 , ㄧㄝˇ [yeh³], "auch".
ㄞ: ursprünglich eine alternative Form des Zeichens 亥 , eines aus der Reihe chinesischer Ordinalzeichen, ausgesprochen ㄏㄞˋ [hai4].
ㄟ: unter den kalligraphischen Strichen bekannt als 捺 , ㄋㄚˋ[na4], ein nach rechts unten verlaufender Strich in chinesischen Schriftzeichen. Als Phonetisches Symbol spricht man es ㄟ [ei¹] aus.
ㄠ: ursprünglich eine beliebte Form des Zeichens 么 , ausgesprochen 一ㄠ [yao¹], "eins".
ㄡ: von dem Zeichen ㄡ , ausgesprochen 一ㄡˋ [you4], bedeutet "wieder".
ㄢ: von dem Schriftzeichen ㄢ , mit der Aussprache ㄏㄢˇ [han³], bedeutet "eine noch nicht gekeimte Pflanze".
ㄣ: von dem Zeichen ㄣ, ausgesprochen 一ㄣˇ [yin³], mit der Bedeutung "gleich".
ㄤ: von dem Zeichen ㄤ, ausgesprochen ㄨㄤ [wang¹], bedeutet "verkrümmtes Bein" oder "lahm".
ㄥ: von dem Zeichen ㄥ , eine alternative Form des Schriftzeichens 肱 , "Oberarm", ausgesprochen ㄍㄨㄥ [kung¹].
ㄦ: von dem Zeichen ㄦ , eine alte Form von 人 , [jen²], "Mensch". Heute ist es eine vereinfachte Form des Schriftzeichens für "Sohn", ausgesprochen ㄦ [erh¹].
(Deutsch von Gesine Arnemann)