06.05.2025

Taiwan Today

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01.07.1993
Direktflug nach Deutschland endlich unter Dach und Fach

Nach zweijähriger Planung und Verhandlung wurde am Sonntag, den 4. Juli endlich wahr, worauf Wirtschaftstreibende und Touristen ebenso fiebrig gewartet hatten wie Vertreter aus Verkehrsministerien und Fluggesellschaften: die direkte Flugverbindung zwischen Taiwan und Deutschland.

Das diesbezügliche Abkommen war am 15. Mai in Taipei geschlossen worden. Als Unterzeichner fungierten Vertreter aus dem nichtoffiziellen, privatwirtschaftlichen Bereich, um Komplikationen mit den festlandchinesischen Kommunisten aus dem Wege zu gehen. Peking hatte angedroht, europäischen Ländern das Einrichten direkter Flugverbindungen nach Taiwan mit wirtschaftlichen Sanktionen zu vergelten. Seitens der Fluglinien werden Verbindungen zwischen Taipei und Europa jedoch als gewinnträchtig angesehen, was der aus Peking kommenden Drohung augenscheinlich einen guten Teil ihrer abschreckenden Wirkung zu nehmen vermag.

Die zu 51,42 Prozent im Besitz des Bundesbefindliche Deutsche Lufthansa AG nahm am 4. Juli den Flugbetrieb von Frankfurt nach dem Chiang-Kai-shek-Flughafen im Norden Taiwans auf. Die für das Anfliegen der Republik China benutzte, ursprünglich blau-gelbe Lufthansa-Maschine wurde eigens in den Farben ihrer Tochtergesellschaft Condor Flugdienst GmbH eingespritzt. "Außen Condor, innen Lufthansa!", so charakterisierte Hagen Keilich, der zukünftig übernehmende Geschäftsführer der Fluglinie auf Taiwan, die Aufnahme des Flugbetriebes. Das Emblem der offiziellen deutschen Gesellschaft werden die den Chiang-Kai-shek-Flughafen frequentierenden deutschen Maschinen also nicht tragen. Lufthansa möchte nicht zuletzt auch verhindern, daß sich der neue Direktflug nachteilig auf ihre stabilen Geschäftsverbindungen zu Festlandchina auswirkt, die ins Jahr 1980 zurückreichen. Die deutsche Gesellschaft fliegt täglich Peking an, betreibt dort ein Hotel plus Konferenzzentrum und beschäftigt viertausend festlandchinesische Angestellte.

In Hinkunft wird Lufthansa mit ihrer Boeing 747-400 Combi jeweils montags und donnerstags (Abflug 22 Uhr Ortszeit) ab Taipei sowie mittwochs und sonntags ( Abflug 22:30 Uhr Ortszeit) ab Frankfurt kombinierte Personen- und Frachtflüge auf dieser Linie führen. Sowohl der Hin- als auch Rückflug erfolgt mit einem einstündigen Aufenthalt in Bangkok, der zum Auftanken und Auswechseln des Bordpersonals genutzt wird; die Flugzeit beträgt etwa sechzehn Stunden. In der Maschine ist Platz für 260 Passagiere, während 30 Tonnen Fracht gefaßt werden können.

Mandarin Airlines, die Tochtergesellschaft der nationalen Fluggesellschaft China Airlines (CAL), nahm am 16. Juli ebenfalls den Verkehr zwischen Taipei und Frankfurt auf. Die mittwochs und freitags abgehenden Maschinen machen aufgrund von Kostenüberlegungen in einer Verlängerung der altbewährten Linie Taipei-Amsterdam allerdings zuerst in der niederländischen Hauptstadt Station, bevor sie nach Deutschland weiterfliegen. Bei Bewährung der Route, so verlautete CAL, werde man dann alsbald den Flug über Bangkok direkt nach Frankfurt führen. Interesse meldete auch die EVA Airways, eine private Fluglinie aus Taiwan. Sie kann bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt - etwa nach einem Jahr - in die direkte Flugverbindung einsteigen, verlautete aus dem Verkehrsministerium.

Die Eröffnung einer Verbindung von Taipei über Wien nach London am 29. März dieses Jahres hat augenscheinlich beschleunigende Funktion auf den Abschluß des nationalchinesisch-deutschen Vertrags gehabt. Das deutsche Beispiel wiederum, so hofft man im hiesigen Verkehrsministerium, könnte in einem "Dominoeffekt" eine baldige ähnliche Übereinkunft mit Frankreich nach sich ziehen; direkte Flugverbindungen könnten sich noch diesen Sommer ergeben. Verhandlungen mit Rußland zwecks Einrichtung einer Verbindung zwischen Taipei und Moskau kündigen sich ebenfalls an. Neben den Niederlanden, Österreich, Bulgarien und Großbritannien ist Deutschland nun der fünfte europäische Staat, der von der Republik China aus ohne Umsteigen erreicht werden kann.

Dr. Christian Schwarz-Schilling spricht vor Abgeordneten des Parlaments

Vom 13. bis 15. Mai hielt sich der deutsche CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Christian Schwarz-Schilling zu offiziellen Gesprächen über Wirtschaftsthemen und über das Fernmeldewesen in Taipei auf. Der Deutsche, der als studierter Sinologe eine Karriere als Geschäftsmann und Poltiker einschlug und zuletzt von 1982 bis 1992 als Post- und Telekommunikationsminister in der bundesdeutschen Regierung fungierte, hat Taiwan bereits zwölfmal besucht. Seit seinem ersten Besuch 1964 habe er große Veränderungen hierzulande beobachten können, wie er in seiner Rede am 14. 5. vor dem Ausschuß für Auslandsangelegenheiten im Legislativ-Yüan ausdrückte. Bei der Veranstaltung handelte es sich um ein Forum über "Gegenwärtige Beziehungen zwischen der Republik China und der Bundesrepublik Deutschland und Perspektiven". Er nannte Taiwan das einzige Wirtschaftswunder Asiens und lobte nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch die politischen Bemühungen, welche die Republik China zu einer Demokratie mit Pressefreiheit und Achtung der Menschenrechte transformiert haben. Das seien Entwicklungen, die der Republik China überall auf der Welt Respekt eingetragen haben.

Taiwan sei durch seine ökonomische, finanzielle und politische Stärke sowie Stabilität zu einem einflußreichen Faktor in der Region und darüber hinaus zum Antrieb für das wirtschaftliche Wachstum auf dem chinesischen Festland geworden. Es sei einer der größten Erfolge von Taiwans Ökonomiemodell, daß sein Vorbild Festlandchina zu einer langsamen Umwandlung der dortigen zentralen Plan- in eine freiere Marktwirtschaft veranlaßt habe. Als Gründe führte der Deutsche Taiwans clevere Geschäftsleute sowie eine kluge Asienpolitik an; so seien die von Präsident Lee Teng-hui vorgelegten Richtlinien für die nationale Wiedervereinigung in drei Phasen - selbst wenn ihre Realisierung viel Zeit bedürfe - in Ausrichtung und Zielsetzung richtig. Schwarz-Schilling äußerte sich anerkennend über die pragmatische Politik, die zum Abbau des gegenseitigen Mißtrauen und zu verstärkter Zusammenarbeit zwischen Taiwan und Festlandchina geführt habe, und wünschte viel Erfolg bei der Fortsetzung dieses Weges.

Auf die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik China eingehend erklärte der Besucher, daß die Anerkennung Festlandchinas durch sein Land historische Tatsache sei und sich auch nicht ändern werde. Trotzdem müßten beide Seiten in der Verbesserung der Beziehungen fortfahren, d. h. kulturelle, wirtschaftliche und akademische Verbindungen ausweiten sowie die Kontakte zwischen den Parlamenten, Verwaltungsstellen, Visabüros und den verschiedenen Ministerien verstärken. Schwarz-Schilling erwähnte ein am 11. Mai in Deutschland stattgefundenes Treffen deutscher Politiker mit Bundeskanzler Helmut Kohl, bei dem dieser in Zusammenhang mit der angestrebten sogenannten "neuen Asien-Initiative" auch dem Ausbau der Beziehungen zu Taiwan zugestimmt habe. Diese neue Asien-Initiative von seiten Deutschlands werde nach Meinung Schwarz-Schillings Möglichkeiten zu weiteren Schritten bieten, darunter die Einführung direkterVerkehrsverbindungen und gegenseitige Besuche von Ministern und anderen Regierungsvertretern im Rahmen ihres jeweiligen Verantwortungsbereichs. Auf wirtschaftlichem Gebiet sprach der ehemalige Minister unter anderem die Ausführung von Joint-venture-Untemehmen in einem Drittland an, wobei deutsche Firmen mit ihrem technologischen Know-how feste Verbindungen mit Partnern aus Taiwan eingehen könnten, um Märkte in Südostasien und besonders in Festlandchina zu erschließen.

Im Anschluß stellte sich der Redner den Fragen von Abgeordneten, die sich hauptsächlich um Deutschlands Erfahrungen der Wiedervereinigung drehten und die der Deutsche ausführlich, jedoch mit deutlichem Hinweis auf die Unterschiedlichkeit der beiden Fälle in Bezug auf Zeit und Umstände beantwortete.

Am Nachmittag desselben Tags traf sich der deutsche Politiker mit dem stellvertretenden hiesigen Wirtschaftsminister Sheu Ke-sheng und kam abends mit dem Vorsitzenden des Rats für wirtschaftliche Planung und Entwicklung Vincent Siew zusammen. Außerdem bot der Aufenthalt Gelegenheit zu Gesprächen mit Verkehrsminister Liu Chao-shiuan, dem verwaltenden Vizeminister aus dem Außenministerium, Hoang Sieou-je, und dem Vizepräsidenten des Legislativ-Yüan, Wang Chin-ping.

Vorstellung saarländischer Technologie in Taipei

Eine sechzehn köpfige Delegation von Vertretern aus Wirtschaft und Forschung aus dem Saarland hielt sich vom 16. bis 20. Mai in Taiwan auf und präsentierte am 18. Mai im Hotel Sherwood Taipei ein vom Deutschen Wirtschaftsbüro organisiertes Symposium über moderne Technologien im Saarland. Die Gruppe aus dem bloß 1,1 Millionen Einwohner zählenden Bundesland im Südwesten Deutschland stand unter der Leitung des Wirtschaftministers und Europabeauftragten der saarländischen Landesregierung, Reinhold Kopp.

In drei Seminaren informierten die Deutschen über spezielle Bereiche der Hochtechnologie und betonten die Möglichkeit zum Technologietransfer. Volker Giersch, Geschäftsführer der Zentrale für Produktivität und Technologie Saar e. V. und stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes, berichtete über Computerisierung und Automatisierung in seinem Bundesland. Im zweiten Referat sprach Werner H. Gurny, Geschäftsführer der WEGU Meßtechnik GmbH und Inhaber der Firma Keramdruck, über herstellungsintegrierte Meßtechnik. In einem anderen Raum konnte man dem Leiter des Instituts für Neue Materialien an der Universität des Saarlandes, Prof. Dr. Helmut Schmidt, lauschen, in dessen ausführlichen Ausführungen es um angewandte Forschung im Bereich neuer Materialien ging. Vorgestellt wurden unter anderem Glas, das bei Feuchtigkeit nicht beschlägt, Fensterglas mit integriertem Sonnenblock, hitze-, kratz- und korrosionsfeste Beschichtungen und Keramik mit Öl-Wasser-Filterfunktion.

Nach diesen fachspezifischen Erläuterungen ergriff Landeswirtschaftsminister Reinhold Kopp das Wort und gab vor der zahlreich verschienenen chinesischen Zuhörerschaft aus Wirtschaft und Presse einen etwa 45minütigen Überblick über die ökonomische und Investitionslage des Gebiets. Als westlicher Teil der "Saar-Lor-Lux-Region", wie das das Saarland, die französische Lorraine und Luxemburg umfassende Wirtschaftsgebiet genannt wird, besitze sein Bundesland eine geographisch strategische Lage mit einer verläßlichen Infrastruktur. Vom Saarland aus sei problemlos sowohl der deutsche und französische als auch der gesamteuropäische Markt zu bedienen; der zu Beginn 1993 erfolgte Wegfall der Grenzen habe die zentrale Stellung des Bundeslandes noch verstärkt. Zahlreiche etablierte US-amerikanische Firmen hätten in Erkennung der Vorteile das Saarland als Basis für ihre europaweiten Aktivitäten gewählt, argumentierte Kopp und wies darauf hin, daß die Anwesenheit innerhalb des europäischen Binnenmarktes für Betriebe aus Taiwan, dessen Produkte sich in Europa wachsender Beliebtheit erfreuten, einen wesentlichen Erfolgsfaktor darstellen könnte.

Das Saarland habe sich vom einstigen Kohle- und Stahlrevier zu einem international anerkannten Technologiezentrum entwickelt, dessen Hauptbranchen, so Kopp, neben der Auto- und Autozulieferindustrie in der Mikrosystemtechnik, Elektrotechnik, im Maschinenbau, der Meßsystem-, Kontroll- und Umwelttechnik sowie in der lebensmittelverarbeitenden Industrie lägen. Investitionsmöglichkeiten durch die Wirtschaft Taiwans sehe er besonders in der Einrichtung von hochtechnologischen Design- oder Logistikzentren, ließ Kopp wissen.

An der Universität des Saarlandes, die in Deutschland im Bereich Softwareforschung und Computerwissenschaften führend sei, hätten schon zahlreiche Studenten aus Taiwan Studien absolviert. Ebenso waren Gastprofessoren aus der Republik China dort tätig, unterstrich der deutsche Vertreter die akademischen Kontakte; daneben seien in Koordination mit der Tamkang-Universität Sommersprachkurse für Studenten aus Taiwan eingerichtet worden. Der Minister nannte die gute Zusammenarbeit zwischen den reichlich vorhandenen Forschungsinstitutionen und der Industrie sowie die unbürokratische Abwicklung von Prozeduren als weitere Pluspunkte seines Landes. Zur tatkräftigen Unterstützung der Investoren und Wirtschaftstreibenden in allen anstehenden Fragen stehe die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Saar mbH zur Verfügung, deren Geschäftsführer Franz-Josef Haase bei der Veranstaltung in Taipei ebenfalls anwesend war. Nach der ausdrücklichen Absichtserklärung, den ausländischen Wirtschaftstreibenden faire Partnerschaft bieten zu wollen, schloß Minister Kopp mit einem Aufruf an potentielle Investoren aus Taiwan zum Engagement im Saarland.

Corazon Aquino zu Besuch

Auf Einladung des Außenministeriums hielt sich die ehemalige philippinische Staatspräsidentin Corazon Aquino vom 9. bis 13. Juni in der Republik China auf. Sie überbrachte einen Brief des amtierenden Präsidenten ihres Landes, Fidel Ramos, den sie Präsident Lee Teng-hui bei ihrem ersten gemeinsamen Treffen am 11.6. persönlich aushändigte. Während der stattfindenden Begegnungen lobte Präsident Lee Teng-hui Frau Aquinos Bemühungen, ihr Land zu demokratischen Reformen hinzuführen und erklärte sich zuversichtlich, daß die starken, für beide Seiten fruchtbaren Beziehungen zwischen der Republik China und den Philippinen zum Frieden und Fortschritt in Asien und auf der Welt beitragen werden.

Frau Aquino amtierte von 1986 bis 1992 als Staatsoberhaupt der Philippinen; sie löste mit ihrer Präsidentschaft das diktatorische Regime Ferdinand Marcos ab, unter dessen Regierung ihr Ehemann Benigno Aquino im Jahr 1983 als Oppositionsführer einem politischen Attentat zum Opfer fiel. Als Auszeichnung für ihre erfolgreichen Bemühungen um die politischen und wirtschaftlichen Geschicke ihres Landes wurde ihr am 10. Juni der juristische Ehrendoktortitel von der katholischen Fu Jen-Universität verliehen. Während des fünftägigen Aufenthalts wohnte Frau Aquino außerdem der Eröffnungszeremonie des neuen Manila Wirtschafts- und Kulturbüros in Taipei bei, traf sich mit hiesigen Politikern, darunter Premierminister Lien Chan, sowie Geschäftsleuten und besuchte am Tag ihrer Abreise eine katholische Kirchenmesse für auf Taiwan lebende und arbeitende Landsleute.

Seit ihrem ersten Besuch auf Taiwan sind 27 Jahre vergangen, und Frau Aquino äußerte sich überwältigt von der Entwicklung und dem wirtschaftlichen Erfolg hierzulande. Sie nutzte die Gelegenheit, chinesische Geschäftsleute zu Investitionen in ihrem Heimatland aufzufordern; besonders bei der Umwandlung des ehemaligen amerikanischen Militärstützpunkts Subic Bay in eine Wirtschaftszone sucht man finanzielle Unterstützung von seiten der Republik China.

Germanistisch-didaktische Zusammenarbeit

Vom Institut für Deutsche Philologie der Universität München kam im März ein Didaktik-Spezialist für deutsche Sprache und Literatur nach Taiwan, um an hiesigen Universitäten vier Lehrveranstaltungen zu halten. Prof. Dr. Karl Stocker folgte einer Einladung des Nationalen Wissenschaftsrates (National Science Council) und weilte vom 14. bis 27. März in der Republik China. Die Themen seiner vier text- und medienunterstützten Vorträge, die Stocker zusammengenommen als einen "Intensivkurs" bezeichnete, lauteten:

1. "Zugänge zur zeitgenössischen deutschen Lyrik (mit Projektionsbeispielen zur visuellen Poesie)". Gehalten an der Soochow-Universität.

2 . "Interdisziplinäre Betrachtung einer wichtigen Epoche: Expressionismus in Deutschland". Gehalten an der Fu Jen-Universität.

3 . "Analysen zur Prosa anhand von motivgleichen Textreihen der deutschen Gegenwartsliteratur". Gehalten an der Chinesischen Kultur-Universität.

4 . "Inhalte der Germanistik in Lehre und Forschung - Anregungen zu einer taiwanesisch-deutschen Kooperation". Kolloquium an der Soochow-Universität unter Leitung des Vorsitzenden der Deutschabteilung, Lin Tsong-minn.

In einer schriftlichen Stellungnahme lobte Stocker die gute Organisation und die angetroffene Gastfreundschaft, die vollbesetzten Hörsäle und das wache Interesse der Teilnehmer. "Es war beeindruckend, mit Kolleginnen und Kollegen aus Taiwan zusammenzutreffen, die über ein sehr hohes Maß an Sprachbeherrschung und an literarischem wie linguistischem Wissen verfügen. Die Kursteilnehmer konnten sich auf die vorab ausgegebenen Texte vorbereiten oder mit diesen Texten in Spontanbegegnungen arbeiten. Beide Formen haben sich bewährt, und erfreulicherweise beteiligten sich gerade auch Studierende an den anschließenden Diskussionen, was angesichts der ostasiatisch-chinesischen Zurückhaltung als bemerkenswert gilt: Solche Begegnungen sind für beide Seiten, über die vermittelten Informationen hinaus, in bestem Sinne vertrauensbildende Maßnahmen", konstatierte der Münchner Germanist.

Neben dem Nahebringen von deutscher Literatur und didaktischen Methoden ging es Stocker besonders um den akademischen Informationsaustausch und die länderübergreifende Zusammenarbeit der Germanisten. Mit Hinweis auf die steigende internationale Bedeutung der deutschen Sprache meinte der Didaktiker: "Man wird sich im klaren darüber sein, daß der kulturelle Austausch zwischen Ostasien und Europa gekennzeichnet sein dürfte durch politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und technisch-industrielle Kontakte. Die Touristik wird - auch und gerade aus Deutschland - eine aufstrebende Rolle spielen, so wie die Handels- und Wirtschaftskontakte auch ... Ferner bleibt es von Bedeutung, die Studierfähigkeit von Studenten aus Taiwan in Deutschland anzubahnen, vorzubereiten, zu vertiefen - im Dienste der Annäherung, des Dialogs, des Meinungs- und Gedankenaustausches, der Idee der Toleranz und der daraus folgenden Praxis einer friedvollen Verständigung und Zusammenarbeit zwischen den Völkern."

Geschichtsträchtige Comicfigur im Kampf gegen Drogen

Der Anblick junger Burschen auf flotten motorisierten Zweirädern, die ungeachtet des Auspuffqualms um sie herum lässig an der Zigarette ziehen, ist nichts Ungewöhnliches in Taipei. Der unterm Auto liegende Mechaniker zieht mit den Zähnen - weil eine Hände ölverschmiert sind - einen Glimmstengel aus dem gelben Päckchen mit den Schriftzeichen für "Langes Leben", der beliebtesten einheimischen Zigarettenmarke. In den Kaffeehäusern sitzen junge, nach dem letzten Schrei gekleidete Frauen im angeregten Gespräch und - mit der Designerzigarette zwischen den manikürten Fingern.

Laut Informationen des Gesundheitsamts gibt es derzeit über fünf Millionen Raucher und Raucherinnen hierzulande, das sind 29,8 Prozent der gesamten Bevölkerung, im Vergleich zu 2,4 Millionen im Jahr 1977. Statistiken besagen weiterhin, daß 1990 rund 95 Prozent der auf Lungenkrebs zurückgeführten Todesfälle bei Männern und 37 Prozent bei Frauen durch Rauchen verursacht wurden; im gleichen Jahr starben 19 072 Personen im Alter von über 35 Jahren an mit Tabakkonsum in Beziehung stehenden Ursachen; 22 schwerwiegende Krankheiten werden mit dem Hang zum blauen Dunst in direkte Verbindung gesetzt. Die meisten Raucher wissen über die gesundheitsschädigende Wirkung der schlechten Angewohnheit Bescheid, doch trotzdem können viele nicht davon ablassen, und 35 NT$ (2, 10 DM) für 20 amerikanische Glimmstengel ist ein billiger Preis für den "Duft der großen weiten Welt", oder was die Werbungen auch immer versprechen mögen.

Die John-Tung-Stiftung (John Tung Foundation), eine private Anti-Raucher-Vereinigung, hat beschlossen, die Öffentlichkeit aufzurütteln: Am 31. Mai, dem weltweiten Anti-Raucher-Tag, initiierte sie eine Kampagne gegen den Zigarettenkonsum und erklärte den Juni zum Anti-Raucher-Monat. Kernstück der Aktion war die dafür von dem Cartoonisten Chu Teh-yung geschaffene Comicfigur Hsu Tse-lin. Dieser junge Bursche mit schwarzer Sonnenbrille, geflochtenem Zopf und in die Stirn fallenden Ponyfransen, dessen schlampige Hose nur von Hosenträgern vorm Herunterrutschen bewahrt wird, trägt seine Botschaft in Form eines "Bitte-nicht-Rauchen"-Schilds vor und wurde als 175 Zentimeter große Pappfigur in Hunderten von Kauf- und Krankenhäusern hierzulande aufgestellt. Daneben brachte die pfiffige Gestalt eine "Rauchen-bringt-um"-Botschaft durch drei verschiedene Fernsehwerbungen in Taiwans Haushalte und zierte außerdem 600 000 Poster und 180 000 Aufkleber, die an die Öffentlichkeit verteilt wurden.

Der Name der Comicfigur ist nicht zufällig ausgewählt worden; er stellt eine Umkehrung der Namensschriftzeichen des Beamten Lin Tse-hsu aus der Ch'ing-Dynastie (1644-1912) dar, der durch seinen Kampf gegen den Opiumhandel und -konsum berühmt wurde. Der 1785 in der Provinz Fukien geborene Sohn eines Lehrers bestand durch Fleiß und Intelligenz die höchsten Beamtenprüfungen, was ihn im Jahr 1811 zum Eintritt in die Hanlin-Akademie, das den Kaiser beratende und unterstützende Organ, qualifizierte. Ab 1820 bekleidete Lin verschiedene hohe Verwaltungsposten, unter anderem beim Amt für Salzmonopol, als Überwacher von Wasserregulierungssystemen in verschiedenen Gebieten, als Steuerbeamter sowie als Richter, wobei er sich einen Namen als guter Organisator und aufrichtiger Beamter machte. Er gilt als ein Vertreter der zu seinen Zeiten aufgekommenen "Schule der Staatskunst", welche durch die Adaption von unter Gelehrten üblichen Arbeitsmethoden die durch Unwissenheit, Mutmaßungen und Formalismus entstandenen Verwaltungsprobleme zu lösen suchte. Mitte der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts, während Lin als oberster Präfekt von Hupeh und Hunan amtierte, entwickelte sich die Opiumsucht in China zu einem ernsten und drückenden Problem. Die Opiumpflanze war lange Zeit im Reich der Mitte als Medikament bekannt gewesen, doch das Rauchen bzw. Inhalieren des mit dem Rauschmittel angereicherten Wasserdampfes kam erst auf, nachdem im 17. Jh. das Tabakrauchen von Amerika über Manila bis nach China vorgedrungen war. Obgleich Handel und Genuß des Rauschmittels bereits seit 1729 durch kaiserliches Edikt verboten waren, stieg der Konsum unaufhörlich. Zwischen 1800 und 1821 wurden jährlich rund 4500 Kisten Opium aus Indien hauptsächlich über Kanton nach China illegal eingeführt; im Jahr 1838 waren es zirka 40 000 Kisten. Während die britische East India Company mit der Droge ihre Defizite aus dem Teegeschäft mit China auszugleichen suchte und chinesische Schmuggler neben korrupten kaiserlichen Beamten sich an dem blühenden Handel bereicherten, fielen immer mehr Chinesen der Sucht zum Opfer, und der Abfluß von Silber trug zum Verfall des wirtschaftlichen Systems bei.

Durch einen bei Hof eingereichten Vorschlag, wie man dem Opiumhandel beikommen könnte, machte Lin Tse-hsu den Kaiser auf sich aufmerksam. 1838 ernannte der Herrscher ihn in Peking zum kaiserlichen Kommissar und entsandte ihn mit höchster Verfügungsgewalt ausgestattet nach Kanton. Lin war entschlossen, dem Rauschgiftvertrieb in der südchinesischen Provinz ein Ende zu bereiten, und dies gelang ihm durch Erlasse sowie die Konfiszierung und Vernichtung von in britischem Besitz befindlichem Opium im Juni 1839. Aber während China versuchte, die Einfuhr einer Droge zu stoppen, welche verheerende Folgen für Land und Leute hatte, trachteten die Briten und andere in Kanton ansässige Handelsnationen danach, ihre wirtschaftlichen Interessen zu verteidigen, das kaiserliche Tributsystem zu überwinden und die Öffnung des riesigen chinesischen Marktes zu erzwingen. Der Konflikt eskalierte schließlich in dem von 1839 bis 1842 dauernden sogenannten "Ersten Opiumkrieg" zwischen China und England, der mit einer Niederlage der chinesischen Flotte endete und dazu führte, daß China Hongkong an die britische Krone abtreten mußte.

Premierminister Lien Chan steckte in Erinnerung an den kaiserlichen Beamten der Ch'ing-Dynastie sowie im Rahmen der Aktion zur Ausmerzung des Drogenhandels und -konsums in Taiwan am 3. Juni einen Scheiterhaufen konfiszierter Rauschmittel in Brand. Dabei handelte es sich um 300 Kilogramm Heroin, Marihuana und Amphetamine; die Drogen waren in der vergangenen Zeit durch Polizei und Zollbeamte während verstärkter Kontrollen und Spezialeinsätzen sichergestellt worden. Gleichzeitig initiierte das Informationsamt der Regierung eine Antidrogenkampagne, für die sie verschiedene Poster herausgab. Auf einem dieser Plakate erkennt der Betrachter eine Gestalt, die in den Strudel der Rauschmittel gerät und dem Sensenmann zum Opfer fällt. Die Poster, welche die Aufschrift "Kampf den Drogen! Ablehnen! Unschädlich machen! Sich enthalten! Gemeinsam dafür eintreten." tragen, wurden an öffentlichen Gebäuden und Plätzen angebracht.

Laborersatz für die Betelnuß

"Was ist das denn?" mögen ausländische Besucher auf Taiwan entsetzt ausrufen, wenn sie der roten, wie blutiger Auswurf aussehenden Flecken auf dem Asphalt gewahr werden. Manchmal kann ein nichtsahnender Taxikunde auch beobachten, wie der stumm den Mund bewegende Fahrer plötzlich während der Fahrt seine Tür öffnet, den Kopf hinausbeugt und lautstark eine Mundvoll roten Saftes auf die Straße spuckt. - "Leiden Taiwans Bewohner etwa an einer schrecklichen Krankheit?" Nein, nur keine Angst. Die rote Spucke ist lediglich Indiz für eine beliebte und umstrittene Angewohnheit hierzulande, nämlich das Betelnußkauen. Die Zahl der Betelnußkonsumenten ist zwischen 1981 und 1988 um das dreieinhalbfache gestiegen und liegt derzeit schätzungsweise bei 2,6 Millionen. Darunter fallen auch zunehmend Schüler der Mittelstufe, von denen rund zwanzig Prozent schon einmal das Genußmittel probiert haben; bei den Oberschülern und Studenten liegt die Rate sogar bei 24 Prozent.

Die grünen Samen der Betelpalme werden mit einer Paste aus gemahlenem Betelpfeffer und Kalk gefüllt sowie eventuell durch Zimtpulver geschmacklich abgerundet; diese Mischung ist für die Rotfärbung des Speichels verantwortlich. Wer sich zum ersten Mal dem Kaugenuß hingibt, wird sehr wahrscheinlich einen roten Kopf bekommen, da das alkaloidhaltige Produkt die Blutgefäße erweitert und daneben noch Speichel- und Darmtätigkeit anregt. Unter Arbeitern, welche die größte Gruppe der Konsumenten ausmachen, gilt die Betelnuß als Wärm- und Aufputschmittel. Abgesehen von rotgefärbten Zähnen, Mündern und Bordsteinen hat das Betelnußkauen jedoch noch weitere negative Seiten; Mediziner verlauten, daß exzessiver Genuß Parodontose und Mundkrebs verursachen kann. Laut Aussagen des Gesundheitsamts gibt es auf Taiwan gegenwärtig über 1000 Fälle von Zungenkrebs, von denen sich achtzig Prozent als Konsumenten der Kaunuß herausstellten.

In Anbetracht der Gesundheitsrisiken erteilte das Gesundheitsamt vor vier Jahren Lucy Sun, einer Professorin am Graduierteninstitut für Lebensmittel und Lebensmitteltechnologie der Nationalen Taiwan-Universität, den Forschungsauftrag, einen Ersatz für die Betelnuß zu entwickeln. Im Juni stellte das Institut seine Ergebnisse vor, nämlich ein bonbonähnliches und ein Kaugummiprodukt. Im Geschmack und von der Konsistenz entsprechen diese Produkte den Betelnüssen, - beispielsweise verwendeten die Forscher Mark und Fasern der natürlichen Frucht, um den Konsumenten ein vergleichbares Kauerlebnis anbieten zu können -, und selbst in Form und Farbe ähnelt der Ersatz den natürlichen Nüssen. Die Vorteile der Laborprodukte liegen darin, daß sie weder krebserregend sind noch eine Rotfärbung des Speichels verursachen. Das Universitätsinstitut läßt nun die künstlichen Betelnüsse landesweit testen und plant, Rezept und Verfahren an interessierte Lebensmittelhersteller weiterzureichen.

Büchermarkt à là Open Air

Unzählige Buchhandlungen gibt es in der Stadt Taipei, und in Bahnhofsnähe befindet sich sogar eine richtige "Bücherstraße", wo sich ein Buchladen an den anderen reiht. Auch Spezialgeschäfte für englisch- und französischsprachige Literatur fehlen nicht. In Ergänzung dazu wurde im Juni eine Einrichtung eröffnet, die den lesehungrigen Taipeiern in ungezwungener Form eine breite Auswahl an gedruckten Wissens- und Unterhaltungsquellen bietet: ein Wochenendbuchmarkt "unter freiem Himmel".

Was als Idee der Verlagsindustrie auf der Suche nach neuen Absatzmöglichkeiten begann, wurde nach den wohletablierten Vorbildern des wochenends und feiertags stattfindenden Taipeier Jade- und Blumenmarktes eingerichtet. Die zwei bereits eingebürgerten Verkaufsstellen befinden sich unter der Hochtrasse der Chienkuo South Road, einer wichtigen Durchgangsstraße, welche durch ihre "Dachfunktion" das Woche für Woche überaus zahlreiche Publikum vor Regen und arger Sonnenbestrahlung schützt. Der Büchermarkt wurde nun unter der erhöhten Trasse der Hsinhai Road in unmittelbarer Nähe des Geländes der Nationalen Taiwan-Universität angesiedelt.

Bei der Eröffnungsfeier am 27. Juni wünschte Huang Ta-chou, der Bürgermeister der Stadt Taipei, daß durch den neuen Markt die Beliebtheit von Büchern bei Taipeis Bevölkerung steigen möge. Mit über 15 000 ausgestellten Büchern aus 54 einheimischen Verlagen war das Angebot am ersten Wochenende üppig und verlockend, was die Besucher laut Angaben des Organisationskomitees zu Einkäufen im Gesamtwert von 200 000 US$ veranlaßte. Die Geschäftsleute zeigten sich zufrieden, sogar überrascht von dem derart guten Ergebnis. - Als besonderer Anziehungspunkt wird ein monatlich wechselndes Thema festgelegt, zu dem in einem gesonderten Standbereich ein Literaturüberblick gegeben wird. Das Julithema behandelte die Eltern-Kind-Beziehung, während für August ein eher heiterer Schwerpunkt ausgewählt wurde, nämlich Comics. Gewinnspiele, Autorenlesungen und Autogrammstunden sollen weiter zur Popularität beitragen. Der Buchmarkt ist samstags, sonn- und feiertags von 10-18 Uhr geöffnet.

Rodin-Ausstellung brachte berühmte Bronzen nach Taipei

Vom 12. Juni bis 18. Juli waren einige der bekanntesten Werke des französischen Bildhauers François Auguste René Rodin (1840-1917) in der Städtischen Kunsthalle Taipei zu sehen. Die Ausstellung umfaßte insgesamt 55 seiner in kleinerem Maßstab durchgeführten Arbeiten, darunter "Der Denker", "Der Kuß", "Die Bürger von Calais" und das Bildnis des "Balzac", die alle aus dem Rodin-Museum in Paris stammen; daneben wurden zwei Bronzen gezeigt, die unter den Händen Camille Claudels, Rodins Schülerin, Mitarbeiterin und Geliebten, entstanden sind. Taipei war die vierte Station der Sammlungstournee, nachdem die Kunstwerke zuvor in Peking, Shanghai und Hongkong ausgestellt worden waren. Die Organisati­on der Veranstaltung lag in den Händen des Pariser Rodin-Museums, der Städtischen Kunsthalle Taipei, des Französischen Instituts in Taipei sowie der hiesigen Tageszeitung China Times. Daß Taiwans Bewohner Liebhaber der französischen Kunst sind, das bewies die von Februar bis April dieses Jahres im Nationalen Palastmuseum stattgefundene Ausstellung des Impressionisten Claude Monet, die schätzungsweise 300 000 Besucher anziehen konnte. Auch Rodins bronzene Körper faszinierten Taiwans Kunstfans, wie die Besucherzahlen bewiesen: gleich am ersten Wochenende verkaufte das Museum 17 200 Eintrittskarten und bis zum 20. Juni, das heißt in nur einer Woche, hatte man über 50 000 Besucher gezählt.

Kein Wunder, daß sich am Eröffnungswochenende lange Schlangen von Menschen vor den Eingangstüren der Kunsthalle bildeten; damit keine Langeweile aufkommen sollte, verteilten Museumsangestellte Rodin-Biographien an die Wartenden. Aufgrund des besonders am Wochenende extrem großen Andrangs beschloß das Museum, die Öffnungszeiten am Samstagabend bis 21 Uhr zu verlängern. Daneben wurde der übliche Ruhetag am Montag zugunsten besonderer Gruppen aufgehoben: An diesem Tag durften Kunststudenten die Skulpturen als Vorlage für Skizzen benutzen, während mit Handschuhen ausgestattete Blinde die Gelegenheit bekamen, die Skulpturen tastend zu "erleben". Die in Taipei ansässige Qi-ming Blindenschule nutzte das besondere Angebot zur Kunsterfahrung und führte ihre Schüler gleich am 14. Juni ins Museum.

Neben den Bronzen wurden in der Ausstellung auch Fotos gezeigt, die das Leben des Bildhauers dokumentierten. Dem Vorbild der Monet-Ausstellung im Palastmuseum folgend gab sonntags ein Kammerorchester im Eingangsraum der Ausstellung klassische Werke von Chopin und Tschaikowsky zum besten. Um bei den Kunstinteressierten tieferes Verständnis für die Arbeit Rodins zu vermitteln, veranstaltete die Kunsthalle eine Reihe von Vorträgen, Seminaren und Workshops, und parallel zur Ausstellung wurden sowohl im Museum als auch im Filmarchiv in Taipei französische Spielfilme gezeigt.

Dreißig Medaillen

Sechsmal Gold, fünfmal Silber und 19mal Bronze brachte das 196köpfige Sportlerteam der Republik China von den in Shanghai stattgefundenen Ostasiatischen Spielen mit nach Hause und wurde am 19. Mai am Chiang-Kai-shek-Flughafen in Taiwan von Vizeerziehungsminister Lee Chien-shin sowie Familienangehörigen und Fans mit Jubel begrüßt.

Die ersten Ostasiatischen Spiele fanden in diesem Jahr vom 10. bis 18. Mai in Shanghai statt, und es nahmen insgesamt 1200 Sportler aus Japan, Süd- und Nordkorea, Macao, der Mongolei, Hongkong, Festlandchina und Taiwan teil; die nationalchinesischen Athleten der Republik China traten unter der Bezeichnung "Chinese Taipei" in zehn der zwölf Disziplinen an.

Am dritten Tag der Veranstaltung wurde durch den Hundertmeterlauf der Damen entschieden, wer die schnellste Frau bzw. Sprinterin Ostasiens ist - nämlich Wang Hui-chen aus Taiwan. Die 23jährige studiert am Seminar für Betriebsverwaltung an der Nationalen Chengchi-Universität in Taipei und wollte ursprünglich wegen des anstrengenden Curriculums nicht an den Spielen teilnehmen. Aber durch Aufmunterungen seitens der Universität und des Erziehungsministeriums bestärkt, trat sie doch noch die Reise nach Shanghai an und konnte sich zwei Goldmedaillen sichern, nämlich über die 100-Meter- und 200-Meter-Laufdistanz, die sie in 11,38 Sekunden bzw. in 23,47 Sekunden zurücklegte. Ebenfalls siegreich war der Weltspringer Nai Hui-fang. Der Turner Chang Feng-chih hatte zwar Pech am Pferd und fiel herunter, konnte aber dafür mit seinem Sprung die Richter überzeugen und mit der Wertnote 9,581 den Wettkampf für sich entscheiden. Weitere Goldmedaillen gingen an Chen Yu-chin im Einzelbowling bei den Frauen sowie an das Männer-Dreierteam bestehend aus Tsai Yao-ming, Peng Yung-nien und Lin Chi-hui ebenfalls in der Bowling-Disziplin.

Das Angebot der Olympischen Kommission, die der Republik China die Ausrichtung der dritten Ostasiatischen Spiele in vier Jahren vorschlug, mußte der Vorsitzende des Olympischen Komitees "Chinese-Taipei", Chang Feng-hsu, ausschlagen, nachdem das hiesige Erziehungsministerium zusammen mit dem unter ihm eingerichteten Amt für Sporterziehung Taiwans Sporteinrichtungen und Anlagen als nicht ausreichend für eine solche Veranstaltung erklärt hatten. Daraufhin wurde die Ausrichtung für 1997 Südkorea übertragen, während die zweiten Ostasiatischen Spiele in zwei Jahren in Nordkorea stattfinden werden.

Drachenbootrennen verbindet Sport und Tradition

Genauso wichtig und beliebt wie die in Bambusblätter eingewickelten süßen oder salzigen Reistaschen namens tsung-tzu, die aus Anlaß des in westlichen Sprachen als "Drachenbootfest" bekannten Feiertags am fünften Tag des fünften Monats laut chinesischem Mondkalender auf Taiwan verzehrt werden, ist der an diesem Tag ausgetragene Ruderwettbewerb, welcher dem Fest seinen Namen verliehen hat. Tatsächlich wird diese Art des Sportkampfs in vielen asiatischen Ländern gepflegt und erfreut sich auch im Westen zunehmender Beliebtheit. Das Besondere daran sind die meist für 18 bis 20 Ruderer gebauten, buntbemalten Holzboote - die für den Wettkampf übrigens vom Veranstalter gestellt werden -, welche phantastischen Drachen nachempfunden sind: den Bug bildet ein Drachenkopf, während Bootsrumpf und Heck den Körper bzw. Schwanz des Fabeltiers darstellen. Der Drache wird in der chinesischen Vorstellung nicht als Untier angesehen, sondern symbolisiert die männliche zeugende Naturkraft und war früher das Sinnbild des Kaisers. Der Mannschaft gehört auch ein Trommler an, der den Ruderschlagtakt auf der dumpftönenden Trommel vorgibt, im Heck sitzt ein Steuermann und vorne auf dem Hals und Kopf des Drachen liegt ein weiteres Mannschaftsmitglied, welches durch Auf- und Abwippen das Boot in Schwung bringt und die Fahne bei der Zieleinfahrt ergreifen soll.

Für den diesjährigen Internationalen Chung-Cheng-Cup, die Drachenboot-Meisterschaft der Republik China, welche am 23. und 24. Juni abgehalten wurde, hatten sich 35 Mannschaften gemeldet, die zum größten Teil aus Taiwan stammten. Aber auch Teilnehmer aus Kanada, Großbritannien, Deutschland, Japan, Neuseeland sowie von den Philippinen waren dabei. Austragungsort war ein Abschnitt des Hsintien-Flusses in der Nähe des Taipeier Jugend-Parks. Bei dem alljährlich hierzulande stattfindenden Wettkampf sind nur Amateurmannschaften zugelassen, welche den Sport mit mehr oder weniger Ernst betreiben. Während beispielsweise die Mannschaft aus Kanada das ganze Jahr hindurch trainierte, fanden sich für das Männer- und Frauenteam des Mandarin-Training-Zentrums der nationalen pädagogischen Hochschule Taiwans nur zwei Monate vor dem Veranstaltungsdatum Sprachstudenten und -studentinnen aus dreizehn Nationen zusammen, von denen viele keine Rudererfahrung besaßen.

Die Mannschaften werden in verschiedene Kategorien, beispielsweise für internationale Teilnehmer, Organisationen, Schulen und Ortsgruppen eingeteilt. Die Besonderheit beim Drachenbootrennen auf Taiwan besteht darin, daß pro Lauf jeweils nur zwei Boote gegeneinander antreten, und die aus nur 14 Ruderern bestehenden Mannschaften gehen entsprechend dem K.-o.-Verfahren solange an den Start, bis sie einen Lauf verlieren. Das Rennen wird über eine zweimal 340-Meter-Distanz ausgetragen, wobei nach der Wendung die Bahnen getauscht werden müssen.

Bei schweißtreibenden Temperaturen und anfeuernden Rufen der Zuschauer konnte auch in diesem Jahr das kanadische Männerteam aus Toronto seinen letztjährigen Titel gegen die anderen Kategorie-Sieger verteidigen und den Präsidentenpokal, die Trophäe für den Gesamtgewinner bei den Männern, mit nach Hause nehmen. In der internationalen Kategorie bezwangen die Kanadier in den entscheidenden Durchgängen zunächst die britische Mannschaft und dann die deutsche Holsten-Mannschaft aus Hamburg. Die Deutschen konnten sich den zweiten Platz sichern. Bei den Frauen gewann das Team aus Neuseeland den ersten Preis in der internationalen Kategorie und den zweiten Platz in der Gesamtfrauenklasse.

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