28.04.2025

Taiwan Today

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Imageförderung

01.05.1994
Laptops aus Taiwan - Der Computer­hersteller Acer ist eines der fünf Unternehmen, die in einer Werbekam­pagne des Außen­handelsrats der Republik China einem westlichen Publi­kum vorgestellt wurden.
Die Aufschrift "Made in Taiwan" weckt oftmals die gleichen falschen Vorstellungen, unter denen auch Japan zu leiden hatte, als es seine Exportproduktion aufwertete. Eine ehrgeizige Anzeigenkampagne zeigt nun Kunden rund um die Welt, daß viele Produkte Taiwans durchaus mit der Konkurrenz Schritt halten können.

Der ehemalige Tennischampion Rod Laver spielt mit einem Tennisschläger von ProKennex. Proton-Fernseher finden sich in Häusern entlang exklusiver Straßen in Paris, Rom und Hollywood. Das gleiche gilt für Fahrräder von Giant und Buffalino-Schuhe. Mehr Menschen rüsten ihren Computer lieber mit einer Maus von Genius als von einem anderen Hersteller aus. Die Nachfrage nach Acer-Personalcomputern hat das Unternehmen zum neuntgrößten Lieferanten weltweit gemacht.

Alle diese Namen sind international führende Produkte. Alle sind made in Taiwan. Das ist den meisten Menschen neu, aber es wird nicht mehr lange dauern, bis die imagefördernden Bemühungen des Außenhandelsrats der Republik China (China External Trade Development Council, CETRA) die gewünschte Wirkung zeigen werden.

In den späten fünfziger Jahren übernahm Taiwan Japans Ruf eines Exportgiganten für Billigprodukte. Sobald Taiwans Hersteller ein Muster oder ein Design hatten, schafften sie es, die Waren billiger, schneller und mit weniger Aufwand zu fertigen. Die meisten Unternehmen spezialisierten sich auf die Auftragsproduktion (Original Equipment Manufacture, OEM), bei der sie anonym für große Firmen oder bekannte Namen fertigten. Unglücklicherweise trug diese Vorgehensweise der Insel ihren anhaftenden Ruf als Hersteller von Billigprodukten ein.

Doch Taiwan, wie es auch Japan in den sechziger Jahren tat, wächst aus dieser Entwicklungsphase heraus. Durch die OEM-Verträge haben die einheimischen Hersteller gelernt, wie sie den internationalen Standards entsprechen können, und nun stellen sie sich auf ihre eigenen Füße. Fachleute in der Computerbranche sagen, daß die Gewinne bei der OEM-Produktion zwischen vier und fünf Prozent liegen, während die Profite für Produkte mit dem eigenen Namen 18 bis 22 Prozent betragen. Das ist ein enormer Anreiz für die Eigenproduktion. Führende Unternehmer zweigen immer mehr ihrer Einnahmen für den Forschungs- und Entwicklungsbereich ab. Drastische Veränderungen in der Herstellungstechnik, verbesserte Produkte und neue Marken sind das Ergebnis.

Trotz dieser Verbesserungen hat Taiwan nach wie vor mit der Einstellung der Kunden zu kämpfen, daß hier hergestellte Produkte im Preisniveau ganz unten liegen sollten. Diese Annahme kostet Taiwans Hersteller zwischen 15 und 30 Prozent möglicher Einnahmen, schätzt David Lightle, Berater bei CETRA's 1990 begonnenem Projekt "Plan zur Imageaufwertung". "Es gibt ein wirkliches Imageproblem", sagt er. "Viele Firmen merken, daß sie keine teuren Produkte verkaufen können; die Käufer sind der Meinung, daß in Taiwan hergestellte Waren billig sein sollten." Der Plan zielt darauf ab, die Kluft zwischen Vorstellung und Realität zu schließen.

Die Zeit für das Projekt drängt. Lightle erklärt, daß die verlorenen Einnahmen eine Sackgasse für die einheimischen Hersteller bedeuten. Die Produktionskosten in vielen asiatischen Ländern liegen heutzutage unter Taiwans Minimalkosten, die in den vergangenen zehn Jahren einen enormen Anstieg erlebt haben. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen die hiesigen Unternehmen qualitativ hochwertige Produkte erzeugen. Aber das macht kostspielige Forschung und Umrüstung erforderlich. Ohne das nötige Geld können die Hersteller keine Forschung und Entwicklung finanzieren.

Mit dem "Plan zur Imageaufwertung" versucht die Regierung, Taiwans anhaftenden Ruf als Billighersteller zu korrigieren. Die internationale Kundschaft soll wissen, daß heutzutage für viele Produkte gilt: "It's very well made in Taiwan".

"Wir treiben das Land über diese Hürde, indem wir den natürlichen Prozeß, durch den Taiwan sich hin zu einer technisch hochgradigen, qualitätsbetonten Produktion entwickelt, beschleunigen", sagt Lightle. Er führt die hiesige Regenschirm-Industrie als Beispiel an. "Eine Firma kann weiterhin für viele Jahre Fünf-Dollar-Regenschirme verkaufen, wenn sie nach Festlandchina oder auf die Philippinen abwandert. Aber wenn sie auf der Insel bleiben und nach London oder New York verkaufen will, muß sie ihre Produktion aufwerten, wie zum Beispiel Pro Umbrella. Der Markenhersteller Pro Umbrella verkauft seine Standardkollektion in den Vereinigten Staaten für Preise ab 50 US$. Seine Elitekollektion mit Picasso-Reproduktionen verkauft sich in Japan für 150 US$ pro Schirm.

Das jährliche Planbudget von acht Millionen US$ wird für Werbung, Medienpromotion und Schulung der Industrie aufgewendet. Anfang letzten Jahres entwarf CETRA ein "Symbol hervorragender Qualität" und den Slogan "Es ist sehr gut hergestellt in Taiwan" (It's very well made in Taiwan). Über 1650 Produkte bewarben sich um das Recht, das Güte-Symbol auf ihren Verpackungen benut­zen zu dürfen; CETRA kürte 200 Produkte von 139 Firmen. Die Gewinner-Unternehmen erhalten einen 15prozentigen Steuernachlaß auf ihre internationalen Werbeausgaben und qualifizieren sich für eine 80prozentige Darlehensgarantie für Auslandsunternehmungen. Der Wettbewerb um das Güte-Symbol findet nun jeden Winter statt.

Für die 1994er-Ausscheidung haben einheimische Firmen über siebenhundert Produkte angemeldet. Im April wird die Regierung fünf hervorragende Produkte sowie zwanzig Zweitplazierte auswählen. Die fünf Spitzenreiter werden im Rahmen von CETRA's zehn Millionen NT$ (385 000 US$) teurer Anzeigenkampagne in europäischen, japanischen und US-amerikanischen Zeitungen und Zeitschriften vorgestellt werden. Die Werbung richtet sich an eine Gruppe von fünf Millionen Menschen, die eine höhere Bildung genossen haben, mindestens die Position eines Vizepräsidenten innehaben und mehr als 100 000 US$ im Jahr verdienen.

Die Kampagne beinhaltet ebenfalls kostengünstige Öffentlichkeitsarbeit, wie die Teilnahme an in- und ausländischen Handelsmessen und die Herausgabe einer Flut von Pressemeldungen. Die im Rahmen des Projekts eingerichteten Nachrichtenbüros in Tokio und New York stellen Untersuchungen an und schreiben über marktführende taiwanesische Unternehmen, Produkte und Geschäftsleute, um die Unternehmungen in den Vereinigten Staaten, Europa und Japan zusammenzuschließen. Auf der Suche nach Anzeigenideen, welche die Redakteure veranlassen sollen, die Taiwan-Materialien aus einer Flut von Möchte-gern-Veröffentlichungen herauszupicken, jagen sie nach Aufhängern und spannen gefeierte Namen für ihren Zweck ein. Ihre Erfolge beinhalten die Zusage von Walt Disney für eine Werbekampagne, in der es heißt: "Die zwei berühmtesten Mäuse der Welt... Mickey und Genius." Daneben konnten sie aus Hollywood die Genehmigung für eine Anzeigenkampagne für PC-cillin, ein von Trend Micro entwickeltes Antivirus-Computerprogramm erlangen. In der Anzeige heißt es: "Wenn PC-cillin eingesetzt worden wäre, hätte der Jurassic-Park eröffnet werden können."

Anschließend an die dreijährige, auf Elitegruppen gezielte Werbekampagne wird der Außenhandelsrat fünf Jahre lang bei einem breiteren wohlhabenden Publikum werben. Das Imagepflege-Team der Regierung hofft, daß bis dahin die Taiwan-Produkte nach ihrer Qualität beurteilt werden und der Privatsektor die Werbung selbst übernimmt.

CETRA's Projektmanagerin Jane Chen(陳文涓)betont, daß der Versuch, die internationale Aufmerksamkeit auf Taiwans hochwertigere Produkte zu lenken, Hand in Hand gehen muß mit den Bemühungen, hiesige Fähigkeiten im Marketing und in der Verkaufsförderung zu verbessern. "In der Vergangenheit investierten die Unternehmen in Forschung und Entwicklung, Technik und Produktion, aber wandten wenig Geld für Marketing auf", sagt Chen. "Viele betrachten die Verkaufsförderung nur als Ausgabe, aber nicht als Investition. Das muß sich ändern, oder die Gewinne werden weiter fallen."

Lightle drückt es noch direkter aus: "Oftmals ist das Produkt gut, aber Verpackung und Werbung sind bananenrepublikmäßig. Es gibt eine Reihe von taiwanesischen Firmen, die ohne Wimpernzucken zwei Millionen US-Dollar für die Entwicklung eines neuen Produkts aufwenden. Aber sie werden keine 50 Dollar ausgeben, um in letzter Minute einen englischen Rechtschreibfehler auf dem Etikett zu verbessern."

Jahrzehntelang wurden Taiwans Geschäfte durch verbesserte Exportproduktion, Preissenkungen und die Steigerung der Produktivität in den Fabriken angetrieben. Mittlerweile beginnen die einheimischen Unternehmen, den Bereichen Verpackung, Verkaufsförderung und Marketing verstärkt Aufmerksamkeit zu schenken. Nun, da der Imageförderungsplan in sein zweites Jahr geht, merken immer mehr von Taiwans Herstellern die Notwendigkeit einer Veränderung.

(Deutsch von Jessika Steckenborn)

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