Es heißt, man könne die Geschichte einer Gesellschaft an ihren Münzen ablesen. Eine vom 28. Januar bis 10. März in Taipei stattgefundene Ausstellung zeigte, daß die chinesische Gesellschaft in der Tat auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Über dreitausend chinesische Währungsstücke, die einen Zeitraum von fast viertausend Jahren, d.h. von der Shang-Dynastie (16. Jh. bis 12. Jh.v.Chr.) bis zur Gründung der Republik China im Jahr 1912, umfassen, waren im Nationalen Geschichtsmuseum zu sehen. Die Münzen und Geldeinheiten sind nicht nur eine wichtige Informationsquelle für Geschichtswissenschaftler, die sich mit dem Währungssystem im alten China beschäftigen, sondern geben auch Einblick in viele Aspekte des täglichen Lebens sowie des Handels und seiner Entwicklung.
Die vom Museum zusammengetragene Geldsammlung ist die größte Taiwans und umfaßt Kaurimuscheln, Muschelnachbildungen aus Jade und Knochen, Bronzegeld in Blattform, Ledernoten, Währungen in Form von Gebrauchsgegenständen wie Messern oder Spaten, auf Schnüre aufgereihtes Kupfergeld, runde Münzen mit viereckigen Löchern in der Mitte und schließlich die papierenen Banknoten, deren Wert nicht mehr im Material lag, sondern von der Regierung garantiert wurde.
Ein besonders interessanter Teil der Ausstellung war eine Kollektion von 762 Silberbarren aus der Sung- (960-1279) und der Ch'ing-Dynastie (1644-1911), die das Museum im letzten Jahr zur Vervollständigung seiner Sammlung erworben hat. Diese von Hand gefertigten Barren weisen je nach Verwendungszeit und -ort unterschiedliche Formen und Größen auf. Die verschiedenen Provinzen des weiten chinesischen Reiches stellten ihre eigenen Silberbarren her, die nicht unbedingt in den Nachbarprovinzen anerkannt wurden. Im allgemeinen wurden das Herstellungsjahr, der Verwendungsort sowie der Verwendungszweck, beispielweise zur Entrichtung der Salzsteuer, eingeprägt.
Laut Chen Kang-shun(陳康順), bis Ende Februar Direktor des Nationalen Geschichtsmuseums, seien chinesische Münzen für Sammler genauso faszinierend wie die Silberbarren. Eine Münze werde dadurch interessant, daß man anhand des Materials, Musters, Nennbetrages sowie Zirkulationsjahres und -ortes ihre Geschichte analysieren könne. Er weist darauf hin, daß während der Dynastien der Ch'in (221-206 v.Chr.) und Han (206 v.Chr.-220 n.Chr.) die Vorderseite sowie das Gewicht einer Münze als ihre wichtigsten Merkmale galten. Das Gewicht, welches gleichzeitig den Wert angab, wurde für gewöhnlich in die Vorderseite eingeritzt. In der folgenden Zeit von 221 bis 589, welche die Wei- und Chin- sowie die Südlichen und Nördlichen Dynastien umfaßte, bezogen sich die Gravuren des Münzgeldes auf den jeweils regierenden Kaiser.
Neben den offiziellen Währungsstücken gab es in der Ausstellung eine große Auswahl von Geistergeld, dem sogenanntem ya-sheng chien(壓勝錢)zu sehen, das seinen Besitzern Glück bringen bzw. böse Geister abwehren sollte und im allgemeinen aus besonders großen Geldstücken bestand. Für die Inschriften wählte man glückverheißende Worte und günstige Symbole wie die acht Diagramme, die Schildkröte, den Kranich oder eins der zwölf chinesischen Tierkreiszeichen. Darüber hinaus gab es im alten China Sondermünzen für das Glücksspiel sowie das sogenannte "Frühlingsgeld", auf dem Darstellungen abgebildet waren, die Heiratskandidatinnen über das eheliche Geschlechtsleben aufklären sollten.
Der Ursprung des chinesischen Geldwesens reicht weit in die Geschichte zurück. Ehe die erste Währung in Umlauf kam, betrieben die Chinesen Tauschhandel mit Rindern, Schafen, Stoffen, Perlen, Jade und anderen wertvollen oder nützlichen Gegenständen. Kaurimuscheln wurden zwischen dem 17. und 16. Jh. v.Chr. als Zahlungsmittel eingeführt. Für Binnenlandbewohner erwies sich die Beschaffung des Muschelgeldes jedoch als schwierig, und darum stellten sie aus Knochen, Jade, Stein oder Ton Imitationen her.
Silberbarren kamen erstmals in der Tang-Dynastie (618-907) in Umlauf und blieben bis Anfang des 20. Jh.s ein wichtiges Zahlungsmittel. Dieser Barren stammt aus der Zeit der Republik.
Das erste aus Metall, nämlich aus Bronze gefertigte Geld tauchte während der Frühlings- und Herbstperiode (722-481 v.Chr.) auf und hatte noch die Form des Muschelgeldes. Mit der Entwicklung der Agrikultur wurden landwirschaftliche Geräte zu wichtigen Tauschgegenständen, welche die Inspiration zur Schöpfung des der äußeren Form dieser Gegenstände nachempfundenen, "Spaten"- und "Messergeldes" gaben. Während der Zeit der Streitenden Reiche (471-221 v.Chr.), als Handel und Kommunikation zwischen den rivalisierenden Gebieten lebhafter wurden, lösten kleinere, runde Münzen die schweren und unhandlichen Spaten- und Messerwährungen allmählich ab. Die damals von chinesischen Frauen benutzten Spinnräder standen Modell für die Form der Geldstücke. Damit man sie leichter bei sich tragen konnte, wurden die runden Münzen in der Mitte mit einem Loch versehen und auf eine Schnur gezogen. Durchsetzen konnten sich schließlich Münzen mit viereckigen Öffnungen, die während der nächsten zweitausend Jahre die am häufigsten vorkommende Währungsform waren. In der späten Ch'ing-Dynastie wurden sie von einem neuen Münztyp ohne Loch verdrängt, der mit imponienen Prägemaschinen hergestellt wurde.
Bei geprägten chinesischen Münzen handelte es sich größtenleils um Kupfergeld. Zu verschiedenen Zeiten erschienen auch Eisen- und Zinnmünzen von geringerem Wert. Goldmünzen waren schon zur Zeit der Frühlings- und Herbstperiode benutzt worden, während silberne erstmals in der Han-Wu-ti-Periode (140-87 v.Chr.) auftauchten. Aus Silber wurden nicht nur Münzen, sondern auch Barren in verschiedenen Größen und Formen hergestellt, die im Chinesischen Yuan-pao(元寶)genannt werden. Sattelförmige Barren hatten einen höheren Nennwert, und die Form symbolisiert noch heute Reichtum und eine verheißungsvolle Zukunft. Zum chinesischen Neujahrsfest kann man beispielsweise auf den Ahnenschreinen goldfarbene Dekorationen in Form alter Silberbarren sehen.
Mit der Einführung von Papiergeld in der Chen-tsung-Periode (998-1022) der Sung-Dynastie wurde China zum ersten Land der Welt, in dem Geldscheine ausgestellt wurden. Während der Yuan- und Ming-Dynastien lief Papiergeld unter den Bezeichnungen chiao-tze (交子, zu deutsch Wechsel) oder pao-chao (寶鈔, zu deutsch Schatzschein). In der späten Ch'ing-Dynastie richtete der Kaiser Kuang-hsu eine Zentralbank ein, wo "Silberdollar"-Noten im Austausch für die Silberbarren gedruckt wurden. Natürlich war es bequemer, Papiergeld in der Tasche zu haben, als schwere Silberbarren mit sich herumtragen zu müssen.
Zu Beginn der Republik wurde Privatbanken die Erlaubnis erteilt, Münzen und Geldscheine herzustellen. 1935 wurde die Silberdollar-Einheit abgeschafft. Papiergeld hat sich, ergänzt durch Kupfer- und Nickelmünzen mit niedrigeren Nennbeträgen, nach und nach durchgesetzt und ist auch heute noch Hauptzahlungsmittel.
*Dieser von uns übersetzte und redigierte Artikel erschien zuerst in der englischsprachigen Zeitung Free China Journal vom 24. Februar 1995.