16.07.2025

Taiwan Today

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Erinnerungen eines Imperiums

01.09.1998
Große Porzellanvase mit blauglasiertem Drachenmotiv. Höhe 42,9cm, Durchmesser. Öffnung 9,7cm, Durchmesser. Boden 15,8cm, Gewicht 6867 g. Ming-Dynastie, Yung-le-Ära(1403-1425)

Nicht weniger als 273 Objekte aus der Kollektion des Nationalen Palastmuseums werden von Taipei nach Paris geschickt, darunter Gemälde, Kalligraphien, Jadestücke, Bronzearbeiten, Porzellan und andere Gegenstände aus der Sung-Dynastie (960-1279) bis zur Ch’ing-Dynastie (1644-1911). Ursprünglich sollten 275 Gegenstände auf die Reise gehen, aber eine Sonderkommission des Bildungsministeriums der Republik China befand zwei Gemälde als zu brüchig für den langen Transport. Die 273 Objekte sind zwar mit 500 Millionen US$ versichert, aber ihr tatsächlicher Wert läßt sich wohl nicht in Zahlen ausdrücken.

Die Vorbereitungen und Verhandlungen für die Ausstellung mit dem Titel “Erinnerungen eines Imperiums: Die Schätze des Nationalen Palastmuseums”, die vom 20. Oktober 1998 bis zum 25. Januar 1999 im Grand Palais in Paris stattfinden soll, laufen bereits seit fünf Jahren. Seit seiner Gründung im Jahre 1925 hat das Nationale Palastmuseum mehrmals Auslandsausstellungen organisiert 1935 in London, 1940 in Moskau, 1961/62 in fünf Städten der USA, 1964 in New York, 1970 in Ôsaka. Aus politischen Gründen wurde die Organisierung solcher Austauschaktivitäten für die Republik China ab Beginn der siebziger Jahre jedoch äußerst schwierig.

Mit der diplomatischen Anerkennung des Regimes in Peking durch viele Staaten (Frankreich 1964; Japan, Großbritannien und Bundesrepublik Deutschland 1972; USA 1979) wuchs in der Republik China auf Taiwan die Sorge, daß ins Ausland geschickte Kunstwerke durch unrechtmäßige Beanspruchung Pekings im Gastland zurückgehalten würden und sich ein langwieriger Rechtsstreit ergeben könnte. Daher verlangt das Nationale Palastmuseum vor jeder Auslandsausstellung sichere Garantien der Regierung des Gastlandes für gesetzlichen Schutz der Kunstwerke und Nichteinmischung einer dritten Partei.

Weitere Prinzipien sind seit 1961, daß erstens das Gastland die Ausstellung finanzieren muß, daß zweitens die Partner im Gastland Museen oder Galerien sein müssen und daß drittens Fachleute aus dem Gastland zwar ihre Wünsche bei der Auswahl der Artefakte äußern können, die Regierung der Republik China auf Taiwan aber das letzte Wort hat. Auf diese Weise konnten 1991 und 1996 Ausstellungen des Palastmuseums in den USA ermöglicht werden.

Bereits im August 1994 hatte die Nationalversammlung der französischen Republik ein Gesetz zum Schutz von ausländischen Kunstschätzen bei Ausstellungen in Frankreich verabschiedet. Im Mai dieses Jahres konnten dann endlich die Abkommen über die geplante Ausstellung und über das Urheberrecht von Vertretern Frankreichs und der Republik China unterzeichnet werden. Damit war der Weg frei für ein Ereignis, dessen Bedeutung für den chinesisch-europäischen Kulturaustausch gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die 273 nach Frankreich geschickten Objekte ergeben einen repräsentativen Querschnitt des riesigen Kunstschatzes des Nationalen Palastmuseums, den Freies China im folgenden etwas genauer vorstellt.

Die Objekte im Palastmuseum

Die Sammlung des Nationalen Palastmuseums beschränkt sich heute nicht nur auf die Kunstgegenstände, die seit der Sung-Dynastie in den Besitz der jeweiligen Herrscher Chinas gerieten. Das Museum sammelt auch Objekte, anhand derer sich die kulturelle Entwicklung der Chinesen im Verlauf von 7000 Jahren Geschichte vom Neolithikum bis heute nachzeichnen läßt. Neben Gegenständen aus der Jungsteinzeit besitzt das Museum daher auch moderne Kunst, für deren Werke ein besonderer Raum reserviert ist.

Die gesamte Kollektion läßt sich in drei Kategorien unterteilen:

1. Antiquitäten. Dazu zählen Bronzeobjekte, Keramik, Porzellan, Jade, Lackarbeiten, Email- und Glasurarbeiten, Schnitzereien, Weberei und Stickereien, Kleidungszubehör und andere.

2. Gemälde und Kalligraphien. Darunter fallen neben Porträts auch Steinabreibungen, bemalte Fächer, Textilien und Stickereien.

3. Alte und seltene Bücher und kaiserliche Dokumente. Diese Kategorie enthält zahlenmäßig die meisten Einzelstücke: Das Nationale Palastmuseum besitzt über 147 000 Bücher, 11 000 Bücher in Mandschurisch oder Mongolisch und 386 000 Dokumente.

Bronzeobjekte

Bronze ist eine Legierung aus Kupfer und Zinn mit einem geringen Bleianteil. Das Aufkommen von Bronze markiert den Schritt der menschlichen Kultur von der Steinzeit in die Bronzezeit. Die Chinesen benutzten etwa zweitausend Jahre lang vom 17. vorchristlichen Jahrhundert bis in die Han-Dynastie (207 v. Chr. bis 220 n. Chr.) seltene und wertvolle Bronze zum Gießen von großen Mengen ritueller Gefäße, Musikinstrumente und Waffen.

In der rituellen Gesellschaft des alten China wurde Bronze vornehmlich zur Herstellung von Gefäßen für Tempelzeremonien zu Ehren der Götter des Himmels und der Erde verwendet. Als dauerhaftes Material eignete sich Bronze für Gefäße mit Inschriften, in denen verdiente Prinzen, Minister und Adlige gepriesen wurden, damit auch spätere Generationen von ihren beispielhaften Taten erfahren sollten.

Das Mao Kung Ting(毛公鼎) beispielsweise, ein dreibeiniges Bronzegefäß, war vom Herzog Mao in Auftrag gegeben worden. Im Inneren des Gefäßes befindet sich eine Inschrift mit 497 Schriftzeichen, die in 32 ganzen und zwei halben Längszeilen vom Rand zum Boden des Gefäßes angeordnet sind die längste Inschrift, die bisher auf einer ausgegrabenen Bronze gefunden wurde.

Bronzeobjekte werden je nach ihrer Verwendung in vier Haupttypen eingeteilt: Nahrungs-, Wein- und Wasserbehälter sowie Musikinstrumente. Manche der Behältnisse hatten einen runden Boden zur Stabilisierung der bauchigen Form, andere wiederum einen schweren viereckigen Sockel. Das Ting(鼎) war ein dreibeiniges Kochgefäß mit zwei Knöpfen am Rand zur leichteren Handhabung. Die drei Füße hielten das Gefäß zur Essenszubereitung in geeigneter Entfernung vom Feuer. Das Chüeh war ein speziell zum Erwärmen und Trinken von Wein entworfenes Gefäß mit einer Gießtülle und seitlichen Henkeln. Das Tsun(尊) war der übliche Weinbehälter, entweder rund oder viereckig oder mit rundem Rand und viereckigem Boden.

Die verschiedenen Muster auf Bronzen reichten von eingravierten Linien und getriebenen Motiven der früheren Perioden über Tiefreliefs und dreidimensionale, skulpturähnliche Figuren bis hin zu Einlegearbeiten. Für die Intarsien wurden Gold, Silber, Kupfer und Türkis verwendet, Motive waren dabei Tiere und geometrische Formen. Diese Verzierungen waren handwerklich sorgfältig ausgeführt und verliehen den Gegenständen einen besonderen Reiz.

Im Laufe der Jahrtausende unterlagen die Bronzeobjekte, die unter der Erde begraben und dadurch hoher Feuchtigkeit ausgesetzt waren, einer natürlichen Veränderung der Oberfläche, bei der sich eine helle und schöne äußere Schicht entwickelte. Diese Patina bewahrte das darunter befindliche Metall vor Schäden. Die Farbe selbst, die von Rot bis Smaragdgrün und Saphirblau reicht, verleiht dem Gefäß zusätzliche Schönheit und Eleganz. Die Chinesen schätzen und erhalten daher diese farbige Patina. Das Nationale Palastmuseum besitzt über 4000 Bronzeobjekte, von denen 43 zu der Ausstellung nach Paris geschickt werden.

Keramik

Die Geschichte der Keramikerzeugung in China reicht zurück bis in die Jungsteinzeit. Die Zähmung des Feuers ermöglichte das Brennen von Ton, und am Gelben Fluß sowie am Yangtze entstanden die ersten kulturellen Zentren. Schon vor 5000 Jahren wurden die ersten bemalten Tonwaren gebrannt, und mit der Verbesserung der Brenntechnik zwischen der Shang-Zeit (ca. 1500-1000 v. Chr.) und der Han-Dynastie kamen neue Keramikarten auf. Eins der berühmtesten Zeugnisse früher chinesischer Keramikkunst ist die Terrakotta-Armee, die das Grab des ersten Kaisers Ch’in Shih-Huangti (秦始皇帝,gest. 209 v. Chr.) bewachte und Ende der siebziger Jahre bei Xi’an (Provinz Shaanxi) ausgegraben wurde.

Vier Hauptfaktoren beeinflußten die Anfänge und Entwicklung der chinesischen Töpferkunst und des Porzellans: das Vorhandensein von Tonerde, Brennmaterial, Flußsystemen und Märkten. Aufgrund der hohen Transportkosten war die Herstellung von Keramik in Gegenden, die diese Voraussetzungen nicht hatten, unwirtschaftlich. Gebiete mit Tonerde und Holz als Brennmaterial im Überfluß waren die am besten geeigneten Plätze für die Errichtung von Brennöfen.

Die Periode zwischen Ende der Han- und Beginn der Sung-Dynastie (2. bis 10. Jahrhundert) war geprägt von langen Phasen der Teilung und politischen Wirren. Die Umstände förderten aber auch den Austausch zwischen den jeweiligen Regionalkulturen und brachten so neue Formen des Keramikdesigns hervor. Während der Sui-Dynastie (581-618) und Tang -Zeit (618-906) wurde in den Provinzen Shaanxi und Henan vorwiegend weiße Keramik hergestellt. Die auffallendsten Töpferprodukte der Tang-Zeit waren dreifarbig kolorierte Gegenstände mit zuweilen plumpen Formen und vermitteln einen Eindruck von der Macht und dem Wohlstand der Tang, einer Zeit, in der überall im ganzen Land neue Brennereien eingerichtet wurden. In der Chin-Dynastie (1115-1234) entstand die grünglasierte Keramikware, die nicht nur für tägliche Gebrauchsgegenstände verwendet wurde.

Die Kunst der Aufbereitung des Tons, des Glasierens und Brennens wurde oft von einer Generation an die nächste weitergegeben. In jeder Gegend entwickelte man eine eigene individuelle Technik für Glasuren, Tonaufbereitung und Verzierung, so daß man heute anhand besonderer Charakteristika eines Stückes gewöhnlich ermitteln kann, wann und wo es hergestellt wurde.

Porzellan

China gilt als das Ursprungsland von Porzellan nicht umsonst ist das Wort “China” im Englischen auch eine Bezeichnung für Porzellan. “Porzellan” bezeichnet Gegenstände aus Lehm mit einer Beimischung von Kaolin und Porzellanstein, die mit einer Glasur überzogen sind und bei 1300 °C gebrannt werden.

Die Herstellung von Porzellan wurde von der Sung-Dynastie sehr gefördert. Berühmt wurde die Brennerei von Ching-te-chen(景德鎮), die später in der Yuan-Dynastie (1279-1368) das Zentrum für Porzellanproduktion des Reiches wurde. Fein glasierte Produkte wie die sogenannte Ju-Ware(汝窯) galten schon vor tausend Jahren als seltene Meisterwerke. Typisch für die Yuan -Dynastie waren Porzellangegenstände mit kobaltblau oder kupferrot gemalten Mustern unter der Deckglasur. Porzellan aus der Yuan-Zeit war gewöhnlich dick, schwer und großformatig.

In der späten Yuan- und der frühen Ming-Dynastie (1368-1644) bestand das Material zur Herstellung von Porzellan beispielsweise in der Provinz Jiangxi aus einer Mischung von Tonerde und Kaolin, einem Werkstoff mit relativ geringer Formbarkeit. Zur Lösung dieses Problems entwickelten die Porzellanhersteller die Idee, den Grundstoff sehr fein zu mahlen und ihn dann mehrere Jahre lang in Wasser einzuweichen. Durch diesen Hydrolysevorgang wurde der Werkstoff klebrig und seine Formbarkeit erhöht. Der Ton konnte nun gedehnt und auf der Töpferscheibe zu wunderschönen Gegenständen geformt werden. Im halbtrockenen Zustand wurde er dann mit einem Spezialmesser bearbeitet, um extrem dünne Wände zu schaffen so entstand das berühmte chinesische “Eierschalen”-Porzellan, ein Produkt aus den Kaiserlichen Brennereien der Ming- und Ch’ing-Dynastie. Dieser außergewöhnliche Porzellanverarbeitungsprozeß wäre auch heute trotz hochentwickelter Ausrüstung und moderner Technologie nur sehr schwer nachzuahmen.

Seinen Höhepunkt erreichte die Porzellankunst während der Regentschaft des Kaisers Hsuan-tsung (宣宗,1426-1436) in der Ming-Dynastie. Die meisten Stücke des von Kunsthistorikern als besonders exquisit eingeschätzten Hsuante-Porzellans zählen zu der auch im Westen wohlbekannten typischen weiß-blauen Kategorie. Die während der nur zehnjährigen Regentschaft von Kaiser Hsuan-tsung produzierte Menge von Porzellan ist frappierend: Laut historischen Dokumenten wurden allein im Jahre 1433 über 443 000 Objekte mit dem Drachen-und-Phönix-Muster angefertigt.

Eine lobenswerte Eigenschaft des Hsuante-Porzellans war der große Formenreichtum der Objekte. Die verschiedenen Formen umfaßten große Objekte wie überdimensionales Geschirr und sphärische Vasen mit zylindrischem Hals sowie kleinere Stücke wie Wasserspender, Schalen mit Deckel und Vogelfuttertröge.

Atemberaubende Glasuren waren eine andere hervorragende Eigenschaft. In den Porzellanarbeiten der Hsuante-Periode tauchten viele Glasurfarben und Motive auf, die es vorher nicht gegeben hatte. Zusätzlich wurden verschiedene Ornamentarten angewandt, darunter Landschafts-, Porträt-, Blumen und Vogelmotive manchmal sieben oder acht verschiedene Motive auf einem einzelnen Porzellanobjekt.

Das Nationale Palastmuseum besitzt nicht weniger als 23 000 Keramik- und Porzellanartikel, von denen 65 zu der Ausstellung nach Paris geschickt werden.

Jade

Da sich chinesische Kaiser kaum für Diamanten, Rubine, Saphire, Smaragde oder andere im Abendland begehrte Edelsteine interessierten, gibt es in diesem Sinne keine “Kronjuwelen”. Umso reicher ist dafür die Sammlung von Jadestücken.

Jade ist ein Mineral, das im Gebirge wie auch in Flußtälern vorkommt und dessen Farbspektrum sich von weiß über grün bis zu braunen Farbtönen erstreckt. Seit dem dritten vorchristlichen Jahrtausend ist Jade ein Symbol für irdische wie himmlische Macht, und später verband man mit Jade auch Beständigkeit, Perfektion, Unsterblichkeit und das Edle schlechthin.

Geschnitzt und poliert werden Jadestücken bestimmte kulturelle Merkmale zugeordnet. Für rituelle Zeremonien und als Grab- und Opferbeigaben wurden etwa schon im Neolithikum runde Scheiben mit einem Loch in der Mitte (pi壁) zu Ehren der Himmelsgötter oder rechteckige, hohle Ornamente (ts’ung琮) zu Ehren der Erdgeister geschnitzt.

Die Jadebearbeitung war bereits in der Shang-Zeit hochentwickelt und erreichte zu Beginn der Han-Dynastie ihren zweiten Höhepunkt. Eine Technik ermöglichte Künstlern dieser Zeit das Schnitzen eines aus mehreren miteinander verbundenen Teilen beispielsweise Ringen bestehenden Gegenstandes aus einem Stück Jade.

Die Entwicklung der Jadebearbeitung tendierte in der Kaiserzeit, besonders ab der Sung-Dynastie, mehr in Richtung Kunsthandwerk und Kunst. Die meisten Jadeschnitzereien hatten dekorativen Charakter, manchmal aber auch praktischen Wert: Aus Jade wurden unter anderem Kämme, Haarnadeln, Blumenvasen, Wassertassen, Eßstäbchen, Halter und Waschgefäße für Pinsel, Behälter für rote Tintenpaste oder Namenssiegel hergestellt.

Jadeornamente sind in China bis heute beliebt und werden gerne getragen oder verschenkt. Viele Chinesen glauben, daß Jade nicht nur schön anzusehen ist, sondern auch vor Unglück bewahrt und Glück bringt. Jadeschmuckstücke stellen häufig Glückssysmbole wie Drachen oder Phönixe dar. Das Nationale Palastmuseum besitzt über 10 000 Jadestücke, von denen 42 zu der Ausstellung nach Paris geschickt werden.

Lackarbeiten

Der Lacksumach (rhus verniciflua) ist ein in China weit verbreiteter Baum und vor allem am Mittel- und Unterlauf des Gelben Flusses und in ganz Südchina überall wildwachsend zu sehen. Nach zuverlässigen archäologischen Funden haben die Chinesen schon vor 6000 Jahren entdeckt, daß der Saft des Lacksumachs eine starke Klebefähigkeit und einen schönen Glanz besitzt und dazu dienen kann, Gegenstände mit einer Schutzschicht zu überziehen und zu verschönern. Im ersten vorchristlichen Jahrtausend wurden Gegenstände aller Art lackiert und mit Mustern symbolischer Tiere wie Drache, Schlange oder Phönix verziert. Etwa mit Beginn der Zeit der Streitenden Reiche (475-221 v. Chr.) ging die Nachfrage nach Bronzearbeiten zurück, und die Gunst der Käufer wandte sich Lackerzeugnissen zu.

Eine weitere Hochblüte erlebte die Lackkunst in der Ming- und Ch’ing-Zeit. Die Ming-Kaiser ließen eigene Produktionsstätten für Lackwaren errichten, so daß die Lackkunst sehr in Mode kam. Das Nationale Palastmuseum besitzt heute über 600 Lackarbeiten.

Im Vergleich mit modernen Ölfarben und chemischen Lacken sind die traditionellen chinesischen Lacke viel strapazierfähiger und haltbarer und verrotten auch nach zweitausend Jahren nicht. Außerdem lassen sich vom chinesischen Lack nacheinander hundert Schichten und mehr auftragen, wogegen Ölfarbe oder Chemielacke dann nicht mehr die Festigkeit hätten, sich anschließend schnitzen zu lassen.

Email- und Glasurarbeiten (Cloisonné)

Email ist eine durch Verschmelzen von Mennige, Borat und Glasstaub gewonnene durchsichtige oder halbdurchsichtige, glänzende Substanz mit relativ niedrigem Schmelzpunkt, die durch Beimengung von Metalloxiden verschiedene Farben annimmt und durch Erhitzung an die Oberflächen metallischer Gegenstände gebunden werden kann. Für Emailarbeiten gibt es verschiedene Techniken, von denen “Cloisonné” am bekanntesten geworden ist.

Diese komplizierte Technik kam im 13. Jahrhundert über das islamische Zentralasien nach China. Wegen der Erfahrung der Chinesen bei der Metallverarbeitung, bei Herstellung von Glas und Farblasuren und beim Umgang mit Brennöfen konnte die Technik aber so weit verbessert werden, daß Cloisonnéarbeiten aus China zum internationalen Standard geworden sind. In der Ching-t’ai-Ära (1450-1457) während der Ming-Dynastie erlebte die Emailproduktion ihre Hochblüte. Cloisonné besitzt den glatten Glanz von Jade, den Schein von Perlen und die filigrane Feinheit von Porzellan. Das Nationale Palastmuseum besitzt über 2500 Email- und Glasurarbeiten.

Schnitzereien

Schnitzerei gilt als eine der ältesten Kunstformen in China. Schon im Altertum wurden aus Holz, Bambus, Knochen, Tierhorn, Elfenbein, Stein, Jade usw. sowohl funktionelle als auch dekorative Gegenstände geschnitzt. Obwohl archäologische Funde die frühen Aktivitäten belegen, so gibt es doch kaum historische Dokumente über die Entwicklung dieser Kunstform. Als erster namentlich bekannter Schnitzkünstler gilt Chan Ch’eng(詹成) aus der Sung-Dynastie.

In der Ming-Zeit wurden durch Schnitzereien verzierte Tuschereibsteine und Tische bei den Literatenbeamten beliebt. Die Vorliebe für kunstvoll geschnitzte Gegenstände ergriff in der Ch’ing-Dynastie auch das Kaiserhaus, und die vom Hof geförderte Schnitzkunst erreichte ein hohes Niveau. Doch auch in der Ming- und Ch’ing-Dynastie gerieten die Namen großer Schnitzkünstler schnell in Vergessenheit und blieben der Nachwelt im Gegensatz zu den Werken nicht erhalten.

Es gab regionale Schulen, in denen verschiedene Materialien verarbeitet und unterschiedliche Techniken angewandt wurden. Die Bambusschnitzereien der Nanking-Schule waren wegen der runden Konturen und der halbpolierten Finishes bekannt. Die Elfenbeinschnitzereien der Kuangchou-Schule hatten eine sehr feine Linienführung, und die Chiating-Schule achtete bei ihren Bambusschnitzereien besonders auf die Feinheit im Detail. Die Sammlung des Nationalen Palastmuseums enthält über 300 Schnitzereien.

Malerei

Das Nationale Palastmuseum besitzt über 4000 Gemälde, die weltweit größte und feinste Sammlung chinesischer Malerei überhaupt. Dazu zählen mit Blumen und Vögeln bemalte Fächer wie auch meterlange Bildrollen aus Papier und Seide. Selbst über tausend Jahre alte Gemälde bestechen heute noch durch die Klarheit ihrer Farben und belegen die damaligen Leistungen bei der Herstellung von haltbarem Papier und nicht-verblassender Tusche.

Die traditionelle chinesische Malerei erfuhr in der Tang-Dynastie einen stilistischen Wandel. Bei den älteren Werken handelte es sich hauptsächlich um Linienzeichnungen von Personen. In der Mitte der Tang-Dynastie begann die Landschafts- und Blumenmalerei an Boden zu gewinnen. Literaten und Beamte schätzten diese Art von Bildern, weil sie sie von den Ärgernissen der materiellen Welt in eine friedvolle, sorgenfreie Sphäre versetzen konnte.

Die herrschenden Oberschichten der Tang- und Sung-Dynastie waren wichtige Förderer der Malerei. Der Sung-Hof eröffnete eine systematisch aufgebaute Kunstakademie. Da auch Dichter und Literaten wie der berühmte Dichter Su Shih(蘇軾,1036-1101) gerne malten, gewann die Literatur einen immer größeren Einfluß auf die Malerei; es entstand das Genre der “Literatenmalerei”. Der Sung-Kaiser Hui-tsung (徽宗,Regierungszeit 1119-1126) selbst ein bekannter Kalligraph prüfte Maler in Dichtkunst. Es wurde zur Mode, auf einem Gemälde kurze kalligraphische Gedichte einzufügen. In der Yuan -Dynastie begann man mit dem Anbringen von Namenssiegeln.

Traditionelle chinesische Malerei kann nach westlicher Auffassung nicht unbedingt als realistisch gelten. Gegenstände und Personen auf den Bildern haben beispielsweise keine Schatten. Nach den Gesetzen der Perspektive müßte außerdem die hintere Kante eines rechteckigen Tisches verkürzt gemalt werden, doch bei traditioneller chinesischer Malerei sind die vorderen und hinteren Kanten rechteckiger Gegenstände gleich lang, wodurch ein dreidimensionaler Effekt ausbleibt.

Kalligraphien

Kalligraphie ist eine künstlerische Form von Schönschrift, die sich für die chinesische Schrift wegen der Vielzahl der Schriftzeichen und des verwendeten Schreibwerkzeugs Tusche und Pinsel besonders anbietet. Die ersten Ursprünge der Schreibkunst gehen zurück bis in die Jungsteinzeit, als zur Orakelbefragung Schriftzeichen in Tierknochen eingeritzt wurden. In der Ch’in-Dynastie (221-207 v. Chr.) wurden die vorher regional unterschiedlichen Schriftzeichen in der sogenannten Siegelschrift (chuan-shu篆書) auf Befehl des Ersten Kaisers vereinheitlicht. Inschriften in diesem Stil wurden auf Steinstelen und Bronzekesseln eingraviert.

Nach der Erfindung des Papiers in der Späteren Han-Dynastie (23-220) entwickelten sich im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Schreibstile: die strenge Kanzleischrift (li-shu隸書), die ästhetische Normalschrift (kai-shu楷書), die lockere Schreibschrift (hsing-shu 行書) und die spontan-überschwengliche und oft nur schwer lesbare kursorische Schnellschrift (tsao-shu草書), auch “Grasschrift” genannt. Alle diese Schriftformen waren bereits lange vor Beginn der Tang-Dynastie voll entwickelt und blieben in den folgenden Jahrhunderten lebendig.

Die piktographische Siegelschrift wurde wie der Name schon andeutet auf Siegelstempeln eingraviert. Die senkrechten und waagerechten Linien sind fein, gleichmäßig und kraftvoll ausgeführt und laufen leicht spitz aus. Die Siegelschrift erreichte in der Ch’in-Dynastie ihren Höhepunkt. In der folgenden Han-Dynastie setzte sich als eckige Abwandlung der Siegelschrift die Kanzleischrift durch, die vor allem auf offiziellen Dokumenten verwendet wurde. Die Hauptmerkmale der Kanzleischrift sind schnurgerade senkrechte und waagerechte Linien und eine enge Struktur, wodurch sie sich leichter schreiben läßt als die Siegelschrift. Ebenfalls in der Han-Zeit entstand die Normalschrift, die in der Tang-Zeit zur beliebtesten Form wurde. Bis heute ist die Normalschrift die Standard-Schreibweise und zeichnet sich durch schlichte Eleganz aus. Aus der Normalschrift entstand die Schreibschrift, bei der die Schriftzeichen schneller und freier gepinselt werden, aber noch erkennbar sind. Die Schreibschrift war kennzeichnend für die Kalligraphie der Sung-Dynastie. Bei der Grasschrift hat der Kalligraph die größte Freiheit; die Schriftzeichen haben das Merkmal einer stark vereinfachten Struktur, schnell geschriebener und fließender Linien. Wegen der geringen Lesbarkeit ist die Grasschrift eine reine Kunstform und für schriftliche Kommunikation ungeeignet.

Kalligraphie ist eine universelle Kunstform, die praktisch in allen Textarten angewandt werden kann: bei Essays, Gedichten, Briefen, sogar auf Schildern und Emblemen. Das Sammeln von Kalligraphien mit Schriftzeichen jeder Stilrichtung und Größe ist in allen Schichten des chinesischen Volkes verbreitet. Man findet Kalligraphien als Rollbilder oder gerahmt in Privaträumen, Büros, Geschäften und Ämtern. Die Kalligraphie als Kunstform setzte sich übrigens auch in Japan, Korea und jenen Ländern Südostasiens durch, die die chinesische Schrift zeitweise oder dauerhaft für den eigenen Gebrauch übernahmen. Dort entwickelten sich mit der Zeit auch eigene Schulen und Stile.

Das Nationale Palastmuseum besitzt über 1000 Kalligraphien. Es werden 106 Gemälde und Kalligraphien zu der Ausstellung nach Paris geschickt.

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