12.06.2025

Taiwan Today

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Phönix aus der Asche

01.11.1998

Was wird nie gelehrt, ist aber allbekannt?
Was wird selten erforscht, muß aber gezeigt werden?

Dieses Rätsel klingt in gesprochenem Taiwanesisch (die Antwort auf die erste Frage) wahrscheinlich sehr schön und würde als Kunstgriff gut in die Haupthandlung einer traditionellen taiwanesischen Oper (die Antwort auf die zweite Frage) passen.

Der taiwanesische Dialekt stand nie auf den Lehrplänen in Taiwans Schulen, und der unaufhaltsame Aufstieg der chinesischen Standardhochsprache hatte zur Folge, daß immer weniger Menschen in Grammatik, Satzbau und Redensarten des Taiwanesischen sattelfest sind -- und diese Menschen sind alle nicht mehr jung. Während der Zeit des Kriegsrechts (1947-1987) war der Gebrauch des Taiwanesischen in Gesprächen und in den Medien nicht angesagt. Jetzt ist es wieder "in", ein Taiwanese zu sein -- aber wo findet man die Kultur, aus der dieses blühende Identitätsgefühl seine Energie bezieht?

Vorhang auf für die taiwanesische Oper, die mit ihrer über ein Jahrhundert alten reichen Tradition die Herzen all derjenigen anrührt, die auf die Frage nach ihrer ethnischen Herkunft instinktiv eher "Ich bin Taiwanese" als "Ich bin Chinese" sagen.

Ob in einem staubigen Innenhof eines Tempels, auf den Kinoleinwänden der Insel oder sogar im Nationaltheater, die taiwanesische Oper hat sich lautstark zurückgemeldet. Heute lauten die Fragen anders: Ist ihr neuer Lebensgeist von Dauer? Und was muß getan werden, damit über diesen Lebensgeist nie wieder der Vorhang fällt?

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