09.05.2025

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Von Mikrochips zu Biochips

01.07.2001
Nach der Investition von 250 bis 350 Millionen US$ und 10 bis 14 jahren Forschungszeit beträgt die Quote für erfolgreiche Formeln in der Medikamentenforschung nicht mehr als zehn Prozent.

Es soll später die Heilung von Krebs, Aids und Alzheimer ermöglichen. Es soll zur Erzeugung schöner und gesunder Designer-Babies führen können. Vielleicht ist es aber auch der Geist, den der Zauberlehrling nicht los wird, nachdem er ihn gerufen hat. Über kaum eine Branche wird derzeit so viel geredet wie über Genmedizin. Taiwan versucht zwar schon seit 19 Jahren, in diesem Bereich ein Gewerbe aufzubauen, hinkt aber weit hinter den USA und Europa hinterher. Auf der Insel gibt es etwa 180 Biotechnik-Firmen, in den Staaten aber 1400 -- da gilt es also noch viel aufzuholen.

Die Entschlüsselung des menschlichen Gen-Bauplans vor kurzer Zeit wird vermutlich die Diagnose und Behandlung von Krankheiten, die Schaffung neuer Medikamente und auch genetische Kurpfuscherei stark beeinflussen. Die Wissenschaftler sind sich jedoch darin einig, dass die Nutzung der neuen Forschung für Therapien und Arzneien mindestens genau so lange dauern wird wie vorher die Entschlüsselung des menschlichen Erbguts, wenn nicht gar länger.

In der Hoffnung, ein zweites "Wirtschaftswunder" in Taiwan zu schaffen, startete die Regierung der Republik China im Jahre 1982 ihr Gentechnologie-Programm und hielt sich dabei an die Methode, die sich beim Aufbau der Elektronikbranche der Insel bewährt hatte. Zu den Anreizen gehören Steuerbefreiungen, Zuschüsse für Forschung und Entwicklung, niedrig verzinste Darlehen und subventionierte Grundstücke. Wegen der guten Grundlagen der Insel bei Elektronik, Informationstechnologie und Halbleiterherstellung erscheint Taiwan wie der perfekte Kandidat für die Entwicklung von Technologie wie Biochips und Geninformatik.

(Biochips sind aus biologischen Molekülen hergestellte Computerchips. Wenn die Technologie sich als durchführbar erweisen sollte, könnten Biochips eines Tages zur Steuerung von Körperfunktionen und Ersetzung menschlicher Sinne benutzt werden, oder auch zur Diagnosehilfe bei einer Krankheit durch die Ermittlung der DNS, die eine Veranlagung für eine bestimmte Krankheit enthält. Beim Fach Geninformatik geht es um die Sammlung, Organisierung und Analyse großer Mengen biologischer Daten, wobei Netzwerke von Computern und Datenbanken benutzt werden, meist im Zusammenhang mit Genom -Projekten und DNS-Sequenzinformationen.)

Das Programm hat bereits eine Reihe von Firmen und Investoren angelockt, aber Branchenkenner haben schnell einige Schwächen in den Plänen der Regierung ausfindig gemacht. Angeblich betreiben zu viele Organisationen ähnliche Forschung, was zu Überschneidungen, heftiger Konkurrenz um Finanzhilfen und schlechter Koordination führt. Investoren wiederum werden als unrealistisch kritisiert, zumindest in Bezug auf die zu erwartende Zeit, bis sich in diesem forschungsintensiven Bereich Profite einstellen. Die Forschung und Entwicklung von Medikamenten ist besonders riskant -- normalerweise braucht man 250 bis 350 Millionen US$ Investitionen und zehn bis 14 Jahre Forschung, und dabei beträgt die Erfolgsquote gerade mal zehn Prozent.

An Geld herrscht in Taiwan im Prinzip kein Mangel, aber es fehlt ein zusammenhängender Plan zur Förderung der genmedizinischen Branche. So lautete zumindest die Kritik bei einem im März dieses Jahres von der Stiftung China Development Industrial Bank Foundation durchgeführten Seminar über Gentechnologie. "Ich würde sagen, unsere Regierung hat sich noch nicht viele solide Strategien für die Entwicklung von Gentechnologie ausgedacht", zitierte die englischsprachige Tageszeitung Taipei Times den Präsidenten des staatlichen Gentechnologie-Entwicklungszentrums ( Development Center for Biotechnology, DCB), Chang Tse-wen. "Sicher hat die Regierung viele Konferenzen abgehalten, aber ich würde nicht sagen, dass sie viele Strategien hervorgebracht hat."

Bei einer immerhin recht erfolgreichen Strategie werden chinesische Wissenschaftler eingestellt, die sich im Ausland eine solide Gentechnik-Karriere aufgebaut haben. Das Wirtschaftsministerium der Republik China eröffnete dazu im Jahre 1995 das Amt für Gentechnologie und pharmazeutische Investitions-Programme ( Biotechnology and Pharmaceutical Investment Program Office , BPIPO). Bis Ende 2000 waren beim Wirtschaftsministerium 52 gentechnische Investitionsprojekte mit einem Investitionskapital-Gesamtvolumen von 26,2 Milliarden NT$ (903 Millionen Euro) registriert.

Ein typisches Beispiel für die Sorte von Leuten, die die Regierung sucht, ist Ellson Chen von der in den USA tätigen Firma Celera Genomics. Diese Firma gilt quasi als das Äquivalent zu Intel im gentechnischen Bereich -- in der Ausgabe des Magazins Science vom 16. Februar stellte sie den Bauplan des menschlichen Genoms vor.

Chen, federführender Wissenschaftler bei dem Projekt, kündigte im Oktober 2000 an, er werde die Leitung von Celera Asien übernehmen. Dieses Zentrum für Forschung und Entwicklung soll spätestens Ende 2001 im südtaiwanischen Wissenschaftspark Tainan fertiggestellt werden. Das Projekt wird von bedeutenden privaten Firmen wie President Enter prises und Ho-tung Chemicals mitgetragen und verfügt über eine Kapitaldecke von 2,5 Milliarden NT$ (86 Millionen Euro). Der größte Trumpf des Zentrums ist der Zugang zur Genforschung von Celera Genomics. Damit hofft Celera Asien eine Datenbank genetischer Informationen aufzubauen, die zur Entwicklung von Medikamenten und Gentherapien gegen in Ostasien verbreitete Krankheiten führen können.

Ein anderes Beispiel ist Hardy Chan, Vizepräsident von ScinoPharm. 1994 wurde er von der Academia Sinica nach Taiwan eingeladen und um Rat gebeten, wie man die noch junge Branche der Insel auf Vordermann bringen könne. Doch Chan war anfangs von den Zuständen auf der Insel überhaupt nicht begeistert. "Ich wusste, dass die Regierung hier diese Branche unbedingt fördern wollte", berichtet Chan. "Aber damals war ich, offen gesagt, nicht optimistisch, denn in dieser Branche braucht man eine breitere Perspektive. Viele taiwanische Investoren haben entweder keine Ahnung von diesem Bereich oder haben an die Profite überzogene Erwartungen, die von ihren Erfahrungen bei der Elektronik- oder Halbleiterherstellung herrühren."

Trotz dieser Umstände gründete Chan Ende 1994 -- damals noch Vizepräsident der US-amerikanischen Pharmafirma Syntex -- gemeinsam mit drei anderen Syntex-Managern ScinoPharm. Das Jointventure mit 4,54 Milliarden NT$ (156 Millionen Euro) vom staatlichen und vom privaten Bereich umfasste Investitionen von President Enterprises und der Taiwan Sugar Corp. Chan und seine Partner waren schwer beeindruckt, dass die 120 Millionen US$ teure Fabrik nicht mehr kostete und innerhalb von zwei Jahren fertig war. "Eine vergleichbare Anlage in den USA hätte drei bis vier Mal so viel gekostet, und die Bauzeit hätte drei bis vier Jahre betragen", schätzt Chan.

Als geschäftliches Vorbild führt Chan den Halbleiterhersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. an und meint, ScinoPharm konzentriert sich auf die Herstellung von aktiven pharmazeutischen Bestandteilen für Markenfirmen. "Die Geduld der Investoren hat ihre Grenzen", weiß er. "Wir müssen Einrichtungen und Produkte haben, bevor wir über Einnahmen nachdenken können. Dieses Geschäftsmodell der Herstellung für andere ( original equipment manufacturing, OEM) wird uns in die Lage versetzen, eine dauerhafte Grundlage und vor allem die erwiesene Fähigkeit zu schaffen, mit führenden ausländischen Unternehmen umzugehen."

Taiwan Genome Sciences ist eine weitere Firma, die auf den fahrenden genmedizinischen Zug aufgesprungen ist. Die Firma bezeichnet sich selbst als die erste voll integrierte Genomforschungs- und -service-Firma und befasst sich mit Vermarktungsforschung neuer Medikamente, Herstellung von Biochips, Genomdienstleistungen nach Maß und Geninformatik. Sie ist Taiwans erstes genmedizinisches Jointventure zwischen Privatfirmen und Forschungsinstituten, gegründet wurde sie im April 2000 mit 200 Millionen NT$ (6,9 Millionen Euro) von President Enterprises, dem Yuen Foong Yu-Konzern und der Academia Sinica. An der Spitze von Taiwan Genome Sciences steht ebenfalls ein Rückkehrer aus den USA, nämlich Andrew Kuo, Generaldirektor des Unternehmens. "Vor der Gründung der Firma fragte ich mich, welche Rolle Taiwan in der Branche spielen könnte und wo Gewinne gemacht werden würden", verrät er. "Die Antwort auf beide Fragen lautet: die Entwicklung neuer Medikamente."

Die Fabrik auf einem 670 Quadratmeter großen Gelände mit modernsten Maschinen, darunter ein automatisches System zur Vollendung von Biochips, soll in einem industriellen Umfeld allgemeine biochemische Experimente durchführen. "Genomik und die untergeordneten Technologien werden zu mannigfaltigen Möglichkeiten bei der Medikamentenentdeckung und -entwicklung führen", prophezeit Kuo. " Das gegenwärtige gentechnologische Haupthindernis ist, von genomischen Informationen zur wirksamen Vermarktung der Medikamente zu kommen."

Zur Beschleunigung des Prozesses hat Kuos Firma Bündnisse mit ausländischen Firmen geschmiedet, etwa Pheno Genomics Corp. in Seattle (Washington, USA). " Die Branche hier ist noch nicht reif", urteilt Kuo. "Die meisten Biotech-Firmen sind klein und auf globaler Ebene noch nicht wettbewerbsfähig genug, daher sind strategische Bündnisse mit ausländischen Firmen wesentlich."

Von Mikrochips zu Biochips

Ende 2000 waren beim Wirtschaftsministerium der Republik China 52 gentechnologische Investitionsprojekte registriert.

Rechtzeitige Forschung spielt bei Erfolg oder Misserfolg in diesem kostspieligen Gewerbe die entscheidende Rolle, deswegen haben sich Institute wie die Academia Sinica, das staatliche und gemeinnützige Forschungsinstitut für industrielle Technik (Industrial Technology Research Institute , ITRI), der Nationale Wissenschaftsrat (National Science Council , NSC) und das Nationale Gesundheitsforschungsinstitut eingeschaltet.

Die Academia Sinica gründete bereits 1981 das Institut für Genmedizinwissenschaften ( Institute of Biomedical Sciences, IBMS). Um die durch Grundlagenforschung gewonnenen Kenntnisse in klinisch relevante Bereiche zu übertragen, kooperiert das Institut mit drei großen Krankenhäusern: die Universitätsklinik der National Taiwan University (NTU), das Militärkrankenhaus Tri Service General Hospital und das Veterans General Hospital. "Einer der aufregendsten Aspekte ist die Entwicklung neuer Technologien und Produkte", schwärmt Lee Sho-tone, geschäftsführender Direktor des IBMS. Bei einigen dieser Produkte wie einer Methode zur Erkennung von Gebärmutterhalskrebs und verschiedenen DNS-Impfstoffen sind bereits Patente anhängig.

Zur Nutzung dieses riesigen Informationsreichtums hat auch Kuo von Taiwan Genome Sciences kooperative Beziehungen mit mehreren Instituten etabliert. Durch diese Beziehungen konnte die Firma wichtige Technologien und Fertigkeiten der Bereiche Microarray-Technologie, DNS-Sequenzierung, RNS-Daten und Verwaltung klinischer Informationen erwerben. Die Qualität der vorhandenen Talente in Taiwan beurteilt Kuo als ausgezeichnet, und das Forschungsniveau der taiwanischen Akademiker erreicht internationalen Standard.

Während der kommerzielle Bereich von der einheimischen Forschung profitiert, befinden die Wissenschaftler sich offensichtlich auf einer Einbahnstraße. Die Regierung hat es akademischem Forschungspersonal untersagt, im kommerziellen Bereich Firmen zu gründen oder als Berater zu arbeiten. "Der mangelhafte Informationsfluss in beide Richtungen ist ein Hindernis für die Entwicklung der Gentechnologie in Taiwan", kritisiert Lee vom IBMS. "Die Situation trägt auch zu einer kontinuierlichen Abwanderung von akademischen Talenten in die lukrativere Geschäftswelt bei." Zusätzlich zur Lockerung der Bestimmungen sollte die Regierung auch große Investitionen erleichtern und private Firmen Forschungsarbeiten übernehmen lassen.

Andererseits gibt es zahlreiche Beispiele für finanzielle Beiträge der Regierung in dem Gewerbe. Das Celera Asien -Projekt soll vom Taiwan-Entwicklungsfonds des Regierungskabinetts 500 Millionen NT$ (17,2 Millionen Euro) abgesahnt haben, und die Regierung war auch ein wichtiger Investor bei der Gründung von ScinoPharm. Im Dezember 2000 gab die Regierung bekannt, sie wolle im Laufe der kommenden fünf Jahre zur Förderung der Biotech-Industrie 5 Milliarden US$ ausgeben.

Su Tsann-long, Wissenschaftler im IBMS, findet die Anstrengungen der Regierung bei der Förderung der genmedizinischen Branche Taiwans lobenswert, aber die Regierung solle bei Investitionen keine Führungsrolle übernehmen. "Taiwans großer Vorteil ist die stattliche Anzahl von reichen Wirtschaftskonglomeraten, die zu Investitionen in diesem Bereich bereit sind", charakterisiert er. "Das Problem ist, dass es ihnen auf schnelle Profite ankommt. Es muss sich mit der Zeit eine langfristige Perspektive entwickeln."

Zusätzlich zu Personalproblemen und ungeduldigen Investoren leidet die Branche auch unter Führungsschwäche. Nach den Worten von Jerome Shen, Vizepräsident der Risikokapitalfirma Cheng Xin Technology Development Corp., gibt es zu viele staatliche Organisationen und akademische Institutionen, die ähnliche oder gar gleiche Aufgaben wahrnehmen. Diese Überschneidungen haben zu einem heftigen Konkurrenzkampf zwischen Gruppen geführt, die eigentlich zusammenarbeiten und Forschungsergebnisse miteinander teilen sollten. "Die Regierung sollte ein Dienstleistungsinstitut unter einem Dach schaffen, das der Branche als Grundlage verschiedene Einrichtungen für Forschung und Entwicklung anbietet", schlägt Shen vor. "So werden die Kosten für die privaten Firmen reduziert, und der Forschungsprozess wird effizienter."

Beispiele gibt es zuhauf. Das DCB und das BPIPO haben offenbar die gleichen Ziele, und die Academia Sinica hat eine Reihe spezialisierter Institutionen wie das IBMS und das Institut für Molekularbiologie eingerichtet. Die Academia Sinica plant überdies gemeinsam mit dem Scripps-Institut -- der größten privaten, gemeinnützigen Forschungsorganisation der USA -- ein Zentrum für Genomik. Unterdessen hat das ITRI im Jahre 1999 das Genmedizinische Technikzentrum ( Biomedical Engineering Center, BMEC) eingerichtet.

Nach den Worten von Hu Yu-pu, Direktor des Büros für pharmazeutische Angelegenheiten im Gesundheitsamt der Republik China (Department of Health, DOH), ist die Regierung offen für Kritik an ihren Bemühungen und ergreift Maßnahmen zur Verbesserung des Umfeldes für gentechnologische Firmen und Verbraucher. "Wir nehmen zum Schutz der Verbraucher Änderungen im Rechtssystem vor, und wir versuchen sie mit öffentlichen Bekanntmachungen über Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen und über die richtige Anwendung neuer Medikamente zu erziehen", bemerkt er. "Wir bieten einheimischen Gentechnologie-Firmen auch Hinweise zu den Bestimmungen sowie Beistand, damit sie nicht so viele Kräfte für bestimmte Untersuchungen verschwenden müssen."

Die Straffung des Prozesses von der Forschung bis zum Endprodukt ist das Ziel des BMEC. "Wir wollen als Brücke zwischen den Akademikern und dem gewerblichen Sektor fungieren", erklärt Johnsee Lee, Generaldirektor des BMEC. Und weil Investoren nur ungern die der Branche innewohnenden Langzeitrisiken auf sich nehmen wollen, würde das BMEC gerne zur Senkung der Investitionsrisiken durch Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium eine Pionierrolle übernehmen, nämlich Forschung und Entwicklung bei den neuen Technologien betreiben und die Ergebnisse an den privaten Sektor weitergeben.

Laut Johnsee Lee wird Taiwans Überlegenheit im Bereich der Herstellung von Elektronik und Halbleitern bei der Entwicklung eines soliden genmedizinischen Know-hows hilfreich sein. Die Forschung und Entwicklung bei BMEC dreht sich hauptsächlich um Biochips, Gen-Informatik, pharmazeutische Technik sowie medizinische Geräte. Das Center hat bereits Biochips zur Entdeckung von Hepatitis und Tuberkulose entwickelt.

Von Mikrochips zu Biochips

Eine häufig gehörte Kritik lautet, dass zu viele Institutionen ähnliche Forschungsaufgaben übernehmen und sich zum Zuschüsse streiten, anstatt die Aufgaben zur Vermeidung von Überschneidungen zu koordinieren und Forschungsergebnisse zu teilen.

Die Insel hat noch einen weiteren Vorteil. "Taiwan besitzt die Rohmaterialien und die historischen Daten zur Erforschung der traditionellen chinesischen Kräutermedizin", prahlt Lee vom BMEC. "Mit den Daten vom menschlichen Genom werden wir den genetischen Querschnitt chinesischer Heilkräuter besser verstehen können." Bei einem Inlandsmarkt mit einem Wert von 24 Milliarden NT$ (827 Millionen Euro) nannte das Wirtschaftsministerium im Jahre 1998 chinesische Medizin ein Ziel für gentechnische Anwendungen. Dieses Jahr startete das Ministerium einen fünfjährigen Entwicklungsplan, welcher der Forschung des privaten Sektors 3,5 Milliarden NT$ (120 Millionen Euro) für Fabrikationsbetriebe und klinische Versuche zuschießen soll.

Die bahnbrechendsten Entwicklungen bei der chinesischen Kräuterheilkunde ereigneten sich bei der Behandlung von Aids. Wisdom Lin, stellvertretender Generalmanager der Firma Genic Biotech Co., verbrachte mit seinem Forschungsteam die letzten zehn Jahre mit dem Studium der verschiedenen Effekte bestimmter Pflanzenextrakte auf Viren, besonders Hepa titis B, Hepatitis C und HIV. Ein neuer Kräutercocktail wurde in dem Kölner Virenforschungszentrum ana/lysis" mit ermutigenden Ergebnissen getestet. Sobald das DOH die Genehmigung erteilt, wird in Taipeh mit klinischen Tests begonnen, und die Ergebnisse werden in den USA ausgewertet. Die Genehmigungszeit für neue Arzneien in Taiwan ging von 485 Tagen (Stand: 1999) auf derzeit 212 Tage zurück. In den USA dauert das entsprechende Verfahren ein Jahr, in Japan drei Jahre.

Taiwans Gentechnikfirmen sind im Vergleich mit US-amerikanischen Gentechnikfirmen immer noch klein. Risikokapitalist Jerome Shen glaubt jedoch, dass die Insel ihre Mängel bei Technologie und Personal leicht wettmachen wird. Unrealistische Erwartungen bei Investoren und das Fehlen eines zusammenhängenden Planes bei der Regierung bleiben indes reale Hindernisse. "Weil Gentechnologie massive Investitionen über einen langen Zeitraum erfordert, wird man erst in zwei oder drei Jahren sehen können, ob diese Art von Kapitalmarkt in Taiwan Gestalt annehmen kann", sinniert Shen. "Wegen der Betonung der Gentechnologie durch die Regierung betätigen sich aber immer mehr Firmen ernsthaft in diesem Bereich, und das wird wiederum mehr Interesse erzeugen." Zwar gibt es Zweifel, ob Taiwan bei der Genmedizin bald neuen Boden gewinnen kann, aber in jedem Fall wird einer vielversprechenden Zukunft der Weg geebnet.

(Deutsch von Tilman Aretz)

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