Vizepräsident Chen Chien-jen gewährte am 8. Mai dem französischen Auslandsfernsehen-Nachrichtenprogramm France 24 ein Interview, das im Präsidialamt in Taipeh per Videoanschluss geführt wurde und in dem er Taiwans Erfahrungen bei der Bekämpfung des Coronavirus COVID-19 zur Sprache brachte.
In dem 12-minütigen Interview erörterte Chen außerdem, wie Taiwan während der globalen Krise helfen könne, und er appellierte an die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO), das Land in alle ihre Aktivitäten, Mechanismen und Konferenzen einzubeziehen.
Nach den Worten von Chen, der im Jahr 1982 an der im US-amerikanischen Bundesstaat Maryland gelegenen Johns Hopkins University im Fach Epidemiologie und Humangenetik promoviert hatte, befindet Taiwan sich zwar nicht allzu weit von der chinesischen Millionenstadt Wuhan entfernt, wo COVID-19 im vergangenen Jahr erstmals aufgetreten war, doch sei es Taiwan trotzdem gelungen, dank der vortrefflich geplanten Epidemie-Reaktionsmaßnahmen, die aufgrund der Lektionen gestaltet wurden, die man während der SARS-Epidemie im Jahr 2003 gelernt hatte, Lockdowns und Massentests zu vermeiden.
Diverse Maßnahmen hätten zu diesem Erfolg beigetragen, berichtete Chen. Dazu gehören frühzeitige Diagnose und Behandlung bestätigter Krankheitsfälle, strenge Grenz- und Quarantäne-Verfahren, Kontaktsperre sowie die Nutzung von Analyse großer Datenmengen und Technologie, führte er aus.
Laut Chen hatte Taiwan die WHO am 31. Dezember vergangenen Jahres per Email darauf hingewiesen, dass das zu jenem Zeitpunkt nicht näher identifizierte Virus in China durch Infektion von Mensch zu Mensch übertragen werde, und bat um nähere Informationen. Das Schreiben blieb unbeantwortet, und die am 30. Januar erfolgte Ankündigung einer gesundheitlichen Notlage internationaler Tragweite kam zu spät, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, ergänzte er.
Beruhend auf dem gegenwärtigen Wissen über Coronaviren und die Zeit, die man zur Erzeugung eines Impfstoffes benötigt, ist nach Einschätzung des Vizepräsidenten eine zweite Infektionswelle im Herbst und Winter wahrscheinlich.
Taiwan sei willig und fähig, mit der internationalen Gemeinschaft dabei zusammenzuarbeiten, COVID-19 zu überwinden, betonte Chen. Allerdings brauche das Land einen Platz am Tisch der bevorstehenden Weltgesundheitsversammlung (World Health Assembly, WHA) in Genf, um seine Erfahrung bei der Krankheitsbekämpfung, Expertise, Wissen und Technologie mit anderen Ländern wirksam zu teilen, fügte er hinzu.
—Quelle: Taiwan Today, 05/11/2020 (SFC-E)
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