Ein Gesetz, mit dem die Sprachen von Taiwans Ureinwohner-Volksgruppen bewahrt und gefördert werden sollen, trat am 14. Juni in Kraft und erweitert die laufenden Bemühungen, die vielfältigen Ureinwohnerkulturen des Landes zu schützen und die Übergangsgerechtigkeit für die Ureinwohnervölker voranzubringen.
Das Gesetz bezeichnet die Sprachen der 16 offiziell von der Regierung anerkannten Ureinwohner-Volksgruppen als nationale Sprachen der Republik China (Taiwan). Außerdem wird die Regierung verpflichtet, eine Stiftung einzurichten, die sich der Erforschung und Unterstützung der Ureinwohnersprachen widmet und des Weiteren bei der Entwicklung umfassenderer Schriftsysteme und Wörterbücher beisteht.
Nach Auskunft des Rates der Ureinwohnervölker (Council of Indigenous Peoples, CIP), einer Behörde in Ministeriumsrang, haben die 16 offiziell anerkannten taiwanischen Ureinwohnersprachen 42 Dialekte.
Im Rahmen des Gesetzes dürfen die Ureinwohnervölker die Dialekte bei legislativen und juristischen Angelegenheiten benutzen. Behörden von Lokalverwaltungen in Ureinwohnergebieten, die 55 Gemeinden im ganzen Land umfassen, können zudem offizielle Dokumente in Ureinwohnersprachen und Chinesisch verfassen.
CIP-Minister Icyang Parod erklärte, neben der Förderung von Sprachbewahrung stelle das Gesetz einen wesentlichen Schritt in die Richtung dar, die Übergangsgerechtigkeit für die Ureinwohnervölker voranzubringen, indem ihr Recht auf Nutzung der Muttersprache in offiziellem Zusammenhang geschützt wird.
Das Sprachengesetz ist das dritte Gesetz in Taiwan, das mit dem Ziel, die Situation bei Ureinwohnerrechten und Kulturen zu verbessern, verabschiedet wurde, nachdem im Jahr 2005 das Ureinwohnervölker-Grundgesetz und im Jahr 2007 das Gesetz über den Schutz von traditionellen geistigen Kreationen der Ureinwohner verkündet worden waren.
In dem neuen Gesetz heißt es, dass in Regierungsbehörden und öffentlichen Einrichtungen in Ureinwohnergebieten die Beschilderung Ureinwohnersprachen enthalten muss, und die Beschilderung für Berge, Denkmäler und Straßen in solchen Gebieten sollte traditionelle Ureinwohnernamen aufweisen.
Andere vorrangige Maßnahmen, die in dem Gesetz genannt wurden, sind die Erstellung von Lehrmaterialien, Ausbildung von Unterweisungspersonal und Förderung akademischer Forschung. Staatliche Ureinwohner-Medienanstalten werden überdies in dem Gesetz verpflichtet, Programme und Publikationen zu erzeugen, um die Ureinwohnersprachen zu fördern und zu unterrichten.
Unter Taiwans 16 offiziell anerkannten Ureinwohnersprachen ist im Atlas bedrohter Sprachen von der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization, UNESCO) Saisiyat als schwer gefährdet aufgelistet, während Kanakanavu, Kavalan, Hla’alua und Thao als existenziell gefährdet bezeichnet werden. Bunun gilt bei jener Behörde der Vereinten Nationen (United Nations, UN) als eindeutig gefährdet, weitere acht — Amis, Atayal, Paiwan, Puyuma, Rukai, Truku, Tao und Tsou — werden als anfällig eingestuft.
Laut CIP spielen die Ureinwohnersprachen Taiwans eine entscheidende Rolle dabei, die Ausbreitung austronesischer Sprachen in der asiatisch-pazifischen Region zu verstehen, da Forschungsergebnisse darauf hindeuten, dass Taiwan die Ursprungs-Heimat der Völker ist, welche austronesische Sprachen sprechen.
Indigene malaiisch-polynesische Völker haben jahrtausendelang auf Taiwan gelebt, und archäologische Belege bestätigen ihr Vorhandensein vor 12 000 bis 15 000 Jahren. Aus jüngsten CIP-Statistiken geht hervor, dass die Bevölkerungszahl der 16 offiziell anerkannten Ureinwohnervölker des Landes etwa 530 000 beträgt, also 2,3 der Gesamtbevölkerung.
—Quelle: Taiwan Today, 06/15/2017 (CPY-E)
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