CETRA, vor 20 Jahren gegründet, wird finanziert durch Zuschüsse der Regierung und Beiträge der Exportindustrie. 85% des Budgets wird vom Wirtschaftsministerium getragen; den Rest bringt die Exportindustrie auf, die einen geringen Prozentsatz (weit unter 1 %) ihrer Exporterlöse beisteuert.
Um der Aufgabe gerecht zu werden, die Bedeutung des (Noch-) Schwellenlandes Taiwan hervorzuheben, die weltweit gestiegenen Ansprüche zu befriedigen und mehr Fachkräfte für den Außenhandel auszubilden, wurde 1988 das "International Trade Institute" (ITI) gegründet, mit Sitz in Hsinchu, etwa 80 km südlich von Taipei. Abseits von der Metropole gelegen, sei es nun, um den Studenten "das ungehinderte und aufs Programm konzentrierte Studium zu ermöglichen" (CETRA), oder um "uns in die Wüste zu verbannen, damit wir nicht den Verführungen und Ablenkungen der Großstadt unterliegen" (eine Studentin). Aus welchem Grund auch immer Hsinchu als Standort gewählt wurde, der Campus liegt am Rande der Stadt, nahe einer erholsamen Umgebung, und ist ausgestattet mit modernsten Unterrichtsräumen, Sprachlabor, Bibliothek, Kantine und Wohnheimen für Studenten und Lehrkräfte. Das ehemalige Sprachzentrum der Fu Jen-Universität ist ohne Übertreibung der ideale Ort für ein intensives Trainingsprogramm. Unter Aufsicht der - ausnahmslos ausländischen - Lehrer und der allgegenwärtigen Verwaltung büffeln Studenten im Alter zwischen 21 und 35 Jahren ihre gewählte Fremdsprache, wobei der Schwerpunkt im ersten Jahr auf Grammatik, Text und Hörübungen und im zweiten Jahr auf an spruchsvollen Wirtschaftstexten sowie Fragen des Marketings und Außenhandels liegt. Begleitet wird das Programm durch allerdings in Chinesisch gehaltene Fachvorträge einheimischer Spezialisten.
Unter der Beratung durch Professor Peter Wang(王仁宏)von der Nationalen Taiwan-Universität und unter Leitung des Verfassers als Koordinator hat das Lehrerteam der Deutschabteilung, zu dem Herr Schnell als Fachmann für Finanz- und Buchhaltungswesen und Frau Hermanns als Spezialistin für Marketing- und Werbefragen gehören, erfolgreich die nicht leichte Aufgabe bewältigt, 25 durch Aufnahmeprüfung ausgewählten Studenten ein Wissen zu vermitteln, das sie in die Lage versetzen soll, für deutsche und andere ausländische Firmen auf Taiwan eine Führungsaufgabe zu übernehmen oder taiwanesische Firmen bzw. Organisationen in Deutschland oder Europa zu vertreten.
Ein Forum internationaler Firmen und Produkte: Blick in die Ausstellungshalle des TWTC.
Erfolgreich ist das Zweijahresprogramm schon deshalb abgelaufen, weil ausnahmslos alle Studenten nach Beendigung ihres Trainingsprogramms eine Anstellung gefunden haben, in einigen Fällen sogar schon als Führungskräfte oder im Management, um den hiesigen Firmen ihre ersten Schritte ins Ungewisse, nämlich den europäischen Binnenmarkt ab 1992, zu erleichtern. Herr Wang Chien-shien(王建煊), der Gründer des ITI, stellvertretender Wirtschaftsminister bis April dieses Jahres und seit Mai Finanzminister der ROC, sieht die Aufgabe dieses Instituts in erster Linie darin, den Erfolg des Modellcharakters des freiheitlich-demokratischen Teils Chinas zu bestätigen. Der erste Abschluß eines Deutsch-Programms seit Bestehen des ITI gibt ihm recht, und er verweist dabei auf die schon bestehenden und sich jetzt anbahnenden Möglichkeiten der Exportindustrie in einem vereinten Deutschland oder in der zusammenrückenden Europäischen Gemeinschaft in naher Zukunft (siehe auch nachfolgendes Interview mit dem Verfasser dieses Berichts).
Ebenso wie Herr Wang unterstreicht der Generalsekretär von CETRA, Herr Augustin Liu(劉廷祖), die Bedeutung der einheimischen Exportindustrie und somit diejenige CETRAs als Berater und Helfer für die teilweise schon getätigten Versuche Taiwans, in Europa Fuß zu fassen. Deutschland, als wirtschaftlicher Mittelpunkt Europas, nimmt in seinen Planungen eine besondere Stellung ein: ein drittes CETRA-Büro, neben Düsseldorf und Hamburg, wird demnächst in Berlin eröffnet (siehe auch nachfolgendes Interview).
Das neue Zweijahresprogramm des ITI, das im Juni dieses Jahres beginnen soll und zu dem sich über 1300 Kandidaten gemeldet haben, wird den "Auserwählten" die Möglichkeit geben, Taiwan durch ihr Wissen, das sie im englischen, japanischen, spanischen und nicht zuletzt im deutschen Programm erwerben werden, wirtschaftlich weiter zu stärken.
Doch befassen wir uns ein wenig mehr mit CETRA selbst. Hinter diesem Kürzel verbirgt sich eine gewaltige Organisation, geschaffen, um den Außenhandel Taiwans zu intensivieren, die Qualität seiner Exportprodukte und das Image seiner Industrie zu verbessern sowie den Menschen hier das Gefühl zu geben, daß es sich lohnt, im freien Teil Chinas zu leben.
Information und Beratung gehören zu den wichtigsten Aufgaben des CETRA.
Diese Aufgaben hat CETRA bisher in vorbildlicher Weise erfüllt, natürlich tatkräftig unterstützt durch die einheimischen Unternehmen, die längst erkannt haben, daß sie ohne einen starken und erfahrenen Partner weltweit nicht konkurrenzfähig sind.
Schon lange ist die Insel kein Lieferant mehr von Billigprodukten, die auch den deutschen Markt in Massen zu überschwemmen pflegten. Die Textilindustrie war ein gutes Beispiel hierfür. Die Zukunft der Wirtschaft dieses Landes liegt vielmehr bei High-Tech-Produkten, und da ist man mit der Zusammenarbeit mit CETRA gut beraten, was wohl auch bekannt ist und anerkannt wird.
Ohne genaue und umfassende Handelsinformationen kann heute kein Unternehmen mehr auf den internationalen Märkten mitreden, nicht einmal mit den besten Produkten und erfolgversprechendsten Marketingstrategien.
Die Konsequenz ist, daß man alle Möglichkeiten in den Bereichen der Wirtschaft, des Finanzwesens, der Gesetzgebung, der sozialen Strukturen und der Beschaffenheit der Märkte rund um den Globus kennen muß. Diese Kenntnisse - und einiges mehr - bietet CETRA, das weltweit durch eigene Büros vertreten und im Besitz einer zwanzigjährigen Erfahrung ist, um dem Geschäftsmann wie auch dem Produzenten hilfreich und beratend zur Seite stehen zu können.
Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, ist die Organisation in acht Abteilungen gegliedert, jede mit eigener Verantwortung. Außerdem gehören das Sammeln von Informationen und Daten dazu, das Ubersetzen und Veröffentlichen von ausländischen Fachpublikationen und verwaltungsmäßige Angelegenheiten, um nur einiges zu nennen.
Dieses Arbeitspensum erledigen 23 Niederlassungen im Ausland und 43 Auslandsbüros des Wirtschaftsministeriums. Bei der Hauptverwaltung in Taipei werden alle eingehenden Informationen gesammelt, aufgearbeitet und in den hauseigenen Bibliotheken in Taipei, Taichung und Kaohsiung den Interessenten zugänglich gemacht.
Um dem Leser eine Idee von dem Ausmaß dieser Arbeit zu geben, sollen hier einige Zahlen genannt werden: Etwa 600 000 Wörter werden jährlich gesammelt und ungefähr 260 000 Handelsvorgänge auf Tonträgern, Mikrofilmen und in Computern aufgenommen und gespeichert.
Hinzu kommen Marktuntersuchungen und in letzter Zeit verstärkt Aktivitäten bezüglich Messen und Ausstellungen, wovon sich jeder ein Bild machen kann, der einen Blick in den Ausstellungskalender des "Taipei World Trade Center" wirft.
Eine andere Abteilung erarbeitet jährlich etwa 40 "Marktberichte" , die individuell Regionen, Produkte, Produzenten und neue Märkte behandeln. Seit der Gründung von CETRA im Jahre 1970 wurden etwa 700 solcher Berichte angefertigt, ein gewaltiges Potential an Informationen, zum Nutzen der einheimischen Industrie. Schließlich wären noch die vielen Vorträge, Seminare und Symposien zu nennen, die mehr oder weniger regelmäßig veranstaltet werden.
Kaum denkbar, daß sich Taiwan ohne CETRA zu dem "Wirtschaftswunderland" entwickelt hätte, das es heute ist, jedenfalls nicht in dieser Kürze und in diesem Ausmaß.
Interview mit dem damaligen stellvertretenden Wirtschaftsminister, Herrn Wang Chien-shien, seit dem 20. 5. Finanzminister der ROC (Auszug)
FC: Herr Wang, in welcher Beziehung stehen Sie zum ITI, dem Handeisinstitut des CETRA?
Wang: Ich habe das Institut vor drei Jahren gegründet, natürlich mit Unterstützung anderer Leute.
FC: Welche Möglichkeiten sehen Sie für die Wirtschaft Taiwans im Hinblick auf Europa 1992?
Wang: Es gibt schon viele Kontakte zwischen Taiwan und Europa, besonders zu Deutschland. Die BRD ist unser wichtigster Partner in Europa und steht an vierter Stelle in unseren Handelsbeziehungen, nach den USA, Japan und Hongkong. Diese Beziehungen müssen ausgebaut und vertieft werden; eine Aufgabe, an der wir beständig arbeiten. Es ist jedoch ebenso wichtig, daß wir den Handel von und nach Taiwan stärker in unsere Hände nehmen. Bisher stehen wir da unter starkem Einfluß ausländischer Handelsgesellschaften, die auch den großen Gewinn machen.
FC: Was würden Sie einem deutschen Unternehmer antworten, der Sie um Rat in Wirtschaftsfragen, Taiwan betreffend, bitten würde?
Wang: Verstärken Sie Ihre Repräsentanz und investieren Sie sorglos. Ihr Kapital ist in guten Händen, wir haben fleißige und gut ausgebildete Leute und vieles mehr zu bieten.
Und meinen Landsleuten möchte ich mit auf den Weg geben, von den Deutschen zu lernen und sie durch ihre Sprache besser zu verstehen. Das ITI ist ein erfolgreiches Beispiel dafür.
Interview mit dem Generalsekretär von CETRA, Herrn Augustin Liu (Auszug)
FC: Herr Liu, was genau ist CETRA und welche Aufgabe hat diese Organisation?
Liu: CETRA wurde vor zwanzig Jahren gegründet mit dem Ziel, unserer Wirtschaft im Bereich des Außenhandels neue und stärkere Impulse zu geben. Wir beraten und unterstützen die einheimische Exportwirtschaft und fördern die internationalen Beziehungen auf wirtschaftlicher Ebene. Die verstärkten und erfolgreichen Aktivitäten des Taipei World Trade Center sind ein lebhaftes Beispiel dafür.
FC: Sind Sie zufrieden mit dem bisher Erreichten?
Liu: Wir können stolz sein auf das, was bisher getan wurde, aber zufrieden sein hieße, die Hände in den Schoß zu legen, und das darf auf keinen Fall sein.
FC: Welche Rolle spielt das ITI in Hsinchu bei Ihren zukünftigen Planungen?
Liu: Dieses Institut steht erst in den Anfängen, und wir streben ständig nach Veränderungen, die zu Verbesserungen führen sollen. Die Unterstützung seitens unserer Lehrer, wie Sie sie aus Ihrer Tätigkeit bei uns ja kennen, ist ein wichtiger Faktor dabei.
FC: Wie sehen Sie die Beziehungen zu einem vereinten Deutschland bzw. zur EG ab 1992?
Liu: Deutschland spielt eine besondere Rolle in unseren Planungen. Demnächst wird dort unser drittes CETRA-Büro eröffnet, nämlich in Ost-Berlin. Somit unterstreichen wir die Bedeutung Berlins als Mittelpunkt Europas und Vermittler zu Osteuropa.
FC: Die meisten taiwanesischen Firmen, die jetzt in Europa Fuß fassen wollen, wagen ihre ersten zaghaften Schritte in dieser Richtung. Welche Hilfe kann CETRA ihnen anbieten?
Liu: Wir helfen jedem, der um Rat bittet. Wir sind eine "Non-Profit-Organisation" und stellen unsere Dienste in Form von Informationsübermittlung, Beratung und ähnlicher Unterstützung zur Verfügung, natürlich nur auf Anfrage, wie eine Art Wirtschaftsanwalt.
FC: Welchen Rat möchten Sie in diesem Zusammenhang der deutschen Wirtschaft geben?
Liu: Wir wünschen uns mehr Kontakte zu Deutschen und deutschen Einrichtungen. Wir unterhalten z. B. gute Beziehungen zum Deutschen Wirtschaftsbüro, aber das ist nicht genug. Nicht nur auf wirtschaftlichen, auch auf anderen Ebenen würden wir verstärkte deutsche Aktivitäten von Herzen begrüßen.