Eines Tages im Jahre 1988 hatten zwei Professoren endgültig die Nase voll von den Lebensumständen in Taipei und beschlossen, etwas dafür zu unternehmen. Yang Chih-hung und Chen Ming-cheu waren entschlossen, eine Stiftung zu gründen, die zur Verbesserung des Erscheinungsbildes und des Lebensumfeldes der Stadt beitragen würde. "Das war besser, als nur meckernd herumzusitzen und das Gefühl zu haben, daß wir nichts machen können", kommentiert Chen. Er ist außerordentlicher Professor am Graduierteninstitut für Architektur der Taipeier Tamkang-Universität, und Yang steht dem Fachbereich für Massenkommunikation am Ming Chuan-College in Taipei vor.
Im Jahr darauf nahm die "Stiftung für Forschung über Offenen Raum" ihre Arbeit auf. Ihr Ziel ist sicherzustellen, daß auch in übervölkerten Stadtgebieten die Öffentlichkeit mehr offene Plätze für Erholung und Gemeinschaftsaktivitäten haben wird. "Wir sind mit unserem Umfeld nicht zufrieden", erklärt Chen, der jetzt Vorsitzender der Stiftung ist. "Und wir tun etwas dagegen. Doch versuchen wir, den Prozeß angenehm zu gestalten."
Chen zufolge ergeben sich bei Stadtplanungsprojekten wegen Kommunikationsproblemen oft Konflikte. Die betroffenen Anwohner sind häufig im Unklaren über die langfristigen Ziele der Regierung, welche selten ausreichend Informationen gibt und nicht entschieden genug die Ansichten der Öffentlichkeit in Erfahrung zu bringen versucht. Die Stiftung dient nun als eine Kommunikationsverbindung zwischen der Öffentlichkeit und der Regierung. Und als die einzige Stiftung, die mit Stadtplanung befaßt ist, kommt sie gerade zur rechten Zeit. Die Veränderung der Städte und so bedeutende Bauprojekte wie das S-Bahn-System haben schlimme Auswirkungen für eine bereits übervölkerte Stadt mit einer bedenklich strapazierten Infrastruktur. Doch die Stiftung nimmt die Lage optimistisch, denn sie sieht all die Umbrüche in Taipei als eine seltene Gelegenheit zur Erneuerung und Verbesserung einer durcheinandergeratenen Großstadtgemeinde.
Es ist kein Zufall, daß sich die Stiftung überwiegend aus Professoren und Fachleuten im Bereich Stadtplanung und Massenkommunikation zusammensetzt. Diese Kombination hat einen großen Vorteil. "Wir finden heraus, welche Probleme die Gemeinde hat und denken über Lösungswege nach. Dann übersetzen wir unsere Lösungen in eine alltägliche Sprache, bevor wir sie der Öffentlichkeit präsentieren", begründet Yang.
Dieses Bemühen um das öffentliche Interesse ist typisch für viele der mehr als siebenhundert sogenannten "Bildungs- und Kulturstiftungen" auf Taiwan, von denen 380 nationale Organisationen sind. Weil es so eine große Zahl von ihnen gibt und diese rasch zunimmt, ist eine genaue Definition ihres Wesens schwierig. Eine Stichprobe der Hauptanliegen solcher Stiftungen zeigt ihre Unterschiedlichkeit: Golf, Teezubereitung, Literatur, Modernisierung, Vorschul-Erziehung, Kulturaustausch zwischen Taiwan und dem Festland, Kampfsportarten, Verbraucherschutz, Frauenrechte, Buddhismus, Sun Yat-sen's Drei Prinzipien des Volkes und Qualitätskontrolle. Das Bild wird auch nicht gerade klarer dadurch, daß die erste auf Taiwan gegründete Bildungs- und Kulturstiftung die "Stiftung für Budget, Buchhaltung und Statistik" (Budget, Accounting, and Statistics Foundation) war.
Gemäß amtlicher Definition in "Die Standard-Industrieklassifikation der Republik China" (The Standard Industrial Classification of the ROC sind Bildungs- und Kulturstiftungen "Organisationen, die bei den zuständigen Regierungsbehörden als Stiftungen eingetragen sind und sich für gemeinnützige Aktivitäten im Bereich Erziehung und Kultur engagieren." Die genannten "Regierungsbehörden" sind die Erziehungsministerien der Zentralregierung und der lokalen Regierungen.
"Unsere Aufgabe sollte es eigentlich sein, die Aufsicht über diese Stiftungen zu führen", verweist Benjamin Y. C. Lee, Chef der Abteilung für nationale Bildungs- und Kulturstiftungen im Bereich Sozialerziehung des Erziehungsministeriums. "Statt dessen geben wir die meiste Zeit Hilfestellung." Lee erklärt, daß die Abteilung diejenigen, die eine Stiftung einrichten wollen, beim Durchlaufen der Beantragungsprozeduren anleitet.
Gerade in China ist das Essen ein bedeutender Aspekt der Kultur, und eine Stiftung trägt u. a. durch Unterhaltung einer entsprechend bestückten Bibliothek dazu bei, dieses Wissen allgemein zugänglich zu machen.
Wird die Einrichtung einer Stiftung beantragt, muß der Antragsteller ein Bankguthaben von 10 Millionen NT$ (annähernd 370 000 US$) haben; die Zinsen dienen als Finanzierungsgrundlage der Stiftung. Eine Aufstellung über die Finanzquellen der Stiftung, über die Vorstandsmitglieder und über die Zuständigkeitsverteilung sowie über Zweck und Vorhaben sind der zuständigen Regierungsbehörde einzureichen. Erforderlich sind auch schriftliche Einverständniserklärungen der Vorstandsmitglieder. Solange eine Stiftung vorhat, ihre Aktivitäten auf ein bestimmtes Gebiet in Taiwan zu beschränken, wird der Antrag an das Erziehungsministerium der jeweiligen Regierung vor Ort weitergeleitet. (Beispielsweise ist die "Stiftung für Forschung über Offenen Raum", welche sich nur mit Taipei befaßt, bei der Regierung der Stadt Taipei eingetragen.) Wenn eine Stiftung ihre Aktivitäten jedoch auf ganz Taiwan ausdehnen will, dann ist dem Erziehungsministerium der Zentral- oder der Provinzregierung das Zustimmungsrecht vorbehalten.
Die Billigung eines Antrags hängt von der Einhaltung folgender Anforderungen ab: die Stiftung muß ein pädagogisches oder kulturelles Ziel haben; mindestens ein Drittel des Präsidiums sollte fachliche Qualifikationen und Erfahrungen im Wirkungsbereich der Stiftung haben; mindestens zwei Drittel des Vorstandes sollten Bürger der Republik China sein und die Bankeinlage sollte nicht unter dem vorgeschriebenen Betrag liegen. Die Bestimmungen über das Verhältnis zwischen den Stiftungen und der Regierung sind ziemlich einfach. Die Regierung wird von einer Stiftung über die beiden Jahresversammlungen des Stiftungspräsidiums informiert, so daß Repräsentanten daran teilnehmen können, wenn sie das wünschen. Auch muß sie einen Jahresbericht über ihre Aktivitäten vorlegen.
Die Finanzierung kann durch verschiedene Quellen erfolgen: durch den Zinsertrag aus dem Bankguthaben, durch Zuwendungen von Privatleuten und Unternehmen sowie durch Spendenaufrufe. Das Einkommen einer Stiftung ist steuerlich absetzbar, wenn ihre Ausgaben mehr als 80 Prozent der Einnahmen betragen. Grundsätzlich ist eine Stiftung eine Einrichtung auf Dauer. Aufgelöst werden kann sie nur durch Mehrheitsvotum auf einer Sitzung, bei der zwei Drittel des Vorstandes anwesend sein müssen. Die Entscheidung wird dann der Regierung zur Billigung vorgelegt. Wenn eine Stiftung aufgelöst wird, fallen alle ihre Finanzmittel -- einschließlich der vorgeschriebenen Bankeinlage -- und Eigentumsrechte an die Regierung, die für das Gebiet, in dem die Stiftung ihren Hauptsitz hatte, zuständig ist. Soweit Lee weiß, wurde bislang noch keine Stiftung aufgelöst.
Die einfachen Verfahrensgänge und das nahezu vollständige Nicht-Vorhandensein von bürokratischen Hindernissen bei der Einrichtung einer Stiftung hat zu deren weiter Verbreitung geführt. Es ist kaum eine Übertreibung zu sagen, daß eine Stiftung entsteht, sobald mehr als fünf Leute gemeinsam eine Überzeugung teilen (und sie genügend Geld zusammenbringen können). Tatsächlich könnten viele der Organisationen, die als Bildungs- und Kulturstiftungen eingetragen sind, als bürgerliche oder berufliche Vereinigungen, also eigentlich als Interessenvertretungen, eingestuft werden. Dafür gibt es einen Grund. Bevor der Legislativ-Yüan im Jahre 1989 das Gesetz über Bürgerliche Vereinigungen überarbeitete, waren derartige Zusammenschlüsse, die nicht von der Regierung gebilligt worden waren, illegal. Stiftungen dagegen boten eine Möglichkeit für Widerspruch und gaben den Menschen Gelegenheit, eine rechtmäßige Organisation zu bilden, vor allem Mitte der achtziger Jahre, als sich Leute zu Gruppen zusammenzuschließen begannen, um sich um den gesellschaftlichen Wandel zu kümmern.
Das Internat "Waldschule", eines der Projekte, die, im Zusammenhang mit Taiwans forgesetzter sozialer Entwicklung, auf Reform des Erziehungssystems zielen. Betont wird die Förderung der Kreativität und Persönlichkeit der Kinder.
Lee verweist darauf, daß viele Stiftungen der ersten Stunde aus einer Erbschaft hervorgingen und oft Zuwendungen für die Begabtenförderung und Stipendien vergaben. Als die Gesellschaft wohlhabender und liberaler wurde, entwickelten sich Stiftungen zu Trägern für das Zusammentrommeln öffentlicher Unterstützung und Bestärkung zu geschlossener Aktion in bestimmten Fragen. Die "Verbraucherstiftung" (Consumers' Foundation) und die Organisation "Hausfrauen-Verein und -Stiftung" (Homemakers' Union and Foundation) sind zwei der relativ bekannten Stiftungen, die kein Blatt vor den Mund nehmen und Regierung wie Öffentlichkeit energisch in Richtung Reform und Liberalisierung drängen. In den letzten fünf Jahren wurden mehr als zweihundertfünfzig Stiftungen gegründet, deren Interessensbreite sich noch erweitert hat.
Die Wirtschaft zeigte auch mehr Bereitschaft, Zuwendungen an Stiftungen zu vergeben oder ihre eigenen zu schaffen. Spenden für bildungsbezogene, kulturelle und wohltätige Organisationen sind steuerlich absetzbar, solange sie nicht als mehr als 20 Prozent am Bruttoeinkommen des Förderers ausmachen. Ein Beispiel für eine solche Stiftung, hinter der die Wirtschaft steht, ist die "United Daily News-Kulturstiftung" (United Daily News Cultural Foundation), gegründet von der United Daily News Co., einem Zeitungsimperium. Ihr Ziel ist die Anhebung des journalistischen Niveaus auf Taiwan.
Der Mangel an Finanzmitteln ist ein gewichtiges, für viele Stiftungen typisches Problem. Die vorgeschriebene Einlage von 10 Millionen NT$ ist erst 1989 festgesetzt worden. Zwischen 1985 und 1989 lag die Mindestanforderung bei nur einer Million NT$ (also annähernd 37 000 US$) und vor 1985 gab es keine solche Vorschrift. "Wir bestreiten nicht die bedeutende Rolle, die kleine Stiftungen spielen können", sagt Lee, "aber es gibt wirklich nicht viel, was eine Stiftung mit den Zinserträgen von einer Million NT$ machen kann." Er verweist darauf, daß es etliche kleine Stiftungen gibt, die es sich nicht einmal leisten können, ihre eigenen Räumlichkeiten zu mieten oder Vollzeitkräfte einzustellen, ganz zu schweigen von Förderungsarbeit.
Die "Stiftung für Forschung über Offenen Raum" hat sich in ihrem Enthusiasmus von ihrer chronischen Knappheit an Mitteln nicht bremsen lassen. Die Stiftung überlebt von den Zinsen aus ihrer Einlage von umgerechnet 74 000 US$ sowie von regelmäßigen und sporadischen Zuwendungen von Privatleuten und Unternehmen, so Yang Chih-hung, der die Geschäfte führt. Obgleich die Unterstützung durch einen großen Konzern ihre Geldprobleme lösen würde, bedeutete dies auch, daß das Interesse des Unternehmens allem übergeordnet würde. "Das Ideale ist", sinniert er, "das Geld großer Firmen mit der Unterstützung durch die Öffentlichkeit und dem Wissen von Fachleuten zu kombinieren. "
Im vierten Abschnitt der Chung-hsiao-Ost-Straße, dem betriebsamsten Geschäftsviertel im Zentrum Taipeis, liegt die vollgestopfte, aus einem Raum bestehende Geschäftsstelle der Stiftung mit drei angestellten Vollzeitmitarbeitern. Die Mitgliederliste des Vorstandes, der sich aus Stadtplanern, Akademikern, Journalisten und einem Großunternehmer zusammensetzt, zeigt jedoch, daß die Stiftung sich der Idealsituation nähert. Unterstützung durch die Öffentlichkeit und Miteinbeziehung der Regierung haben sich aufgebaut, doch das hat auf seiten der Stiftung viel harter Arbeit bedurft.
Beispielsweise kostete es die Stiftung 1990 sechs Monate, um Anwohner und Geschäftsinhaber im vierten Abschnitt der Chunghsiao-Ost-Straße zum Eintritt in einen Bürger- und Händlerverein zu bewegen. Eine der sechs Linien der Taipeier S-Bahn wird durch diesen Abschnitt verlaufen. Der starke Verkehr, der sich durch die Bauarbeiten ergeben wird, könnte das Geschäft sowie das tägliche Leben der Anwohner ernstlich beeinträchtigen. Nach Ansicht der Stiftung könnte eine Nachbarschaftsorganisation die Geschäftsinhaber und Anwohner bei der Suche nach Lösungen zur Minimierung der durch die Bauarbeiten verursachten Belastungen zusammenbringen. Besser noch, sie könnten die Gewinne, die sich aus dem Projekt ergeben, maximieren.
In Umfragen, Seminaren und öffentlichen Anhörungen fand die Stiftung die Ansichten von Anwohnern und Händlern allmählich heraus. Die Ergebnisse wurden der Regierung der Stadt Taipei unterbreitet. Außerdem waren Vertreter der Stadtplanungsabteilung des Bauamtes zur Teilnahme an den Sitzungen eingeladen, um den Bürgern ihre Pläne persönlich zu erklären. "Es war nicht leicht, die Leute davon zu überzeugen, daß sie sich beteiligen müssen", blickt Chen zurück. Doch nach der Teilnahme an den Sitzungen wurden Anwohner wie Händler engagierte Vereinsmitglieder. Daneben steuerten sie etwa umgerechnet 18 000 US$ zu dem Projekt bei.
"Klar, ich will in einem gut geplanten Viertel leben", versichert Hsu Wen-hua, der seit mehr als zwanzig Jahren im vierten Abschnitt der Chunghsiao-Ost-Straße gelebt hat. "Und jetzt können wir unsere Ideen und Erwartungen durch ein angemessenes Sprachrohr ausdrücken." Und Chao Wu-wei, ein anderer Anwohner, ergänzt: "Es ist gut zu wissen, daß unsere Meinungen ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit erhalten. Das gibt uns das Gefühl, respektiert zu werden."
Die Regierung betrachtet den Verein mit Wohlwollen. Behörden haben sich nicht nur an den Seminaren beteiligt, sondern diese auch zum Teil zusammen mit anderen Geldgebern finanziell unterstützt. Ein endgültiger Plan zur städtischen Entwicklung für dieses Gebiet muß erst noch unter den von der Stiftung vorgestellten Modellvorstellungen ausgewählt werden. Aber alleine der Prozeß als solcher hat eine Menge zur Verbesserung der Kommunikation zwischen der Regierung und ihren Stadtplanern einerseits und den Anwohnern und Geschäftsinhabern dieses Viertels andererseits beigetragen und kann sich sehen lassen im Vergleich zu dem, was als Black box bekannt ist, nämlich die hermetische Abgeschlossenheit des behördlichen Entscheidungsprozesses und die Selbstzufriedenheit der breiten Öffentlichkeit.
Aufgrund des Erfolgs der Stiftung als eine Kommunikationsverbindung hat die Stadtregierung sie beauftragt, den ganzen Prozeß im Gebiet von Hsimen-Wanhua, das im Westen Taipeis liegt, zu wiederholen. Eine S-Bahn-Strecke wird auch durch diesen Bezirk verlaufen, ein altes Viertel, das seit langem von einem Mangel an öffentlichen Einrichtungen, einem Labyrinth enger Straßen und Gassen und einem ungezügelten Zuwachs illegaler Gebäude geplagt wurde. Die Finanzierung des Projekts durch die Regierung beläuft sich auf umgerechnet etwa 110 000 US$.
Das Interesse eines Herrn an chinesischem Essen hat zur "Stiftung für Chinesische Ernährungskultur " (Foundation of Chinese Dietary Culture) geführt. Die vom Vorsitzenden George C. S. Wong 1989 gegründete Stiftung wird von Mercuries and Associates Ltd., der Firma des 57jährigen Großunternehmers, finanziert, welche ein Kaufhaus und eine Restaurantkette betreibt. Mit einem Vermögenswert von 193 Millionen US$ ist Mercuries die Nummer 29 der Unternehmen auf Taiwari, die nicht im Bereich der Herstellung operieren. Die Stiftung hat die meisten der Präsidiumsdirektoren aus dem oberen Mercuries-Management geholt, doch gehören auch zwei Forscher der Academia Sinica, dem führenden der von der Regierung finanzierten Expertenkollegien, dazu.
Zweck der Stiftung ist es, mehr Menschen für das Studium der chinesischen Eßkultur zu interessieren und ihre Entwicklung zu fördern. Die Hauptaufgabe der Organisation ist Chen Mu-Ian, der Koordinatorin der Stiftung, zufolge die Unterhaltung der "Bibliothek für Chinesische Ernährungskultur", welche sich im Untergeschoß des Mercuries-Gebäude in Taipei befindet. Auf einer Fläche von 1800 Quadratmetern hält die Bücherei über 14 000 Titel in achtzehn Sprachen und 2000 audio-visuelle Materialien, abonniert mehr als 30 Magazine über Nahrungsmittel und hat eine sich rasch erweiternde Sammlung von Besprechungen und Speisekarten aus chinesischen Restaurants auf Taiwan und in der ganzen Welt. Die Mitgliedschaft ist frei und steht jedem im Alter von über fünfzehn Jahren offen.
Die Stiftung unternimmt auch die finanzielle Förderung und Organisation von Konferenzen über chinesische Ernährungskultur. Die erste wurde 1989 in der Konferenzhalle des Unternehmens in Taipei abgehalten. Etwa vierzig Gelehrte der Literatur und Geschichte sowie Repräsentanten der Lebensmittelindustrie aus Hongkong, Japan, Singapur und Taiwan hatten die Einladung angenommen. Zweck solcher Konferenzen ist, so Chen, die Förderung wissenschaftlicher Studien über chinesische Lebensmittel und Ernährung sowie das Zusammenbringen von Menschen aus anderen Ländern, die an diesem labsamen Aspekt der chinesischen Kultur Interesse haben.
Geld ist für die Stiftung, da sie nun einmal von einem großen Unternehmen finanziert wird, kein großes Problem. Und doch gibt es Schwierigkeiten. Eine ist, daß man nicht genügend Personal hat. Chen erzählt, daß man Schwierigkeiten hatte, qualifizierte Bibliothekare zu finden. Die Stiftung hätte gerne auch mehr Hilfe von seiten der Behörden beim Sammeln von Material im Ausland und beim Kontaktieren ausländischer Organisationen oder Wissenschaftler. Aber "wir werden von einer Abteilung zur anderen verwiesen", klagt Chen.
Für Emily Ju, Vorstandsvorsitzende der "Stiftung für Humanistische Erziehung " (Foundation for Humanistic Education), sind Leute und ihr Enthusiasmus das größte Kapital einer Stiftung. "Sicher ist Geld wichtig", meint sie, "aber überleben werden wir, weil wir eine Menge ermutigender Unterstützung aus der Öffentlichkeit erhalten." Ein Besuch in der Stiftungszentrale im Süden Taipeis an einem beliebigen Tag belegt das. Über ein Dutzend Freiwillige sind bei der Verwaltungsarbeit behilflich, beraten Eltern und Jugendliche und befassen sich mit Beschwerden über Schulen.
Die Stiftung wurde 1989 von Shih Ying, einem Mathematikprofessor an der Nationalen Taiwan-Universität, gegründet, der der Stiftung auch als erster Vorsitzender diente. Sie ist eine der aktivsten Organisationen, die versuchen, der weitverbreiteten Unzufriedenheit mit Taiwans Erziehungssystem abzuhelfen, einem System, das dafür bekannt ist, guten Prüfungsergebnissen und Disziplin Priorität über die Entwicklung kreativer Lernfähigkeiten zu geben. Als Ergebnis sind Schulen im allgemeinen nicht in der Lage, junge Köpfe zu Vorstellungskraft und Kreativität sowie zu einem Bewußtsein von ihrer Verantwortlichkeit in der Gemeinschaft anzuleiten. "Es ist ein punkteorientiertes System", urteilt Ju.
Im März 1990 eröffnete die Stiftung in Linkou, Landkreis Taipei, die "Waldschule". Dieses Internat bietet für Grundschüler ein alternatives Erziehungsprogramm. Die Schule ist jedoch nicht anerkannt, was es für die 77 Kinder erforderlich macht, gleichzeitig in anerkannten Schulen eingeschrieben zu sein, wo sie sich monatlichen Beurteilungstest unterziehen müssen. Die "Waldschule" hat Demütigung, Schimpfen und Prüfungen als Antrieb zum Lernen abgeschafft. Statt dessen wird Respekt betont -- für den Ausdruck des Selbst, für eigenständige Denken sowie für Erfolg, und zwar gegenüber dem eigenen wie auch dem der anderen. Diese Orientierung definiert Ju als eine grundlegend humanistische Erziehung.
Unterrichtet wird von Universitätsabsolventen, die an dem zwölfwöchigen Lehrertrainingsprogramm der Stiftung teilgenommen haben. Das Programm besteht aus Kursen mit Diskussionen, die um Themen wie Erziehungstheorie, Kinderpsychologie, Kommunikation und einen Überblick über Taiwans Erziehungssystem kreisen. Die Lehrer nehmen die Kinder auch nach draußen zu Auflügen mit, auf denen die Lektionen in Gesdrichte, Geographie, Mathematik und Gruppendynamik bekräftigt werden. Des weiteren besprechen die Kinder untereinander die disziplinarischen Maßnahmen, die sie für Fehlverfhalten erhalten sollen. Die Schulgebühren von umgerechnet 4600 US$ pro Semester schließen zwar Unterkunft und Verpflegung ein, sind jedoch im Vergleich zu denen der öffentlichen Schulen (umgerechnet 40 US$ pro Semester) und der privaten Schulen (umgerechnet 750 US$ pro Semester) hoch.
Vor zwei Jahren begann die Stiftung, Beratung und Training für Eltern in Fragen der familiaren Harmonie, Psychologie und Kommunikation anzubieten. Sie hat ein Programm zur Kindererziehung für Lehrer und veroffentlicht monatlich die Zeitschrift "Humanistische Erziehung". Man hat Grund, auf die Erfolge stolz zu ein. Ju berichtet, daß einen bemerkenswerten Zuwachs bei der Zahl der Grundschul- und Obeschullehrer gegeben hat, die da Lehrertrainingsprogramm absolvieren wollen. Auch möchten mehr Eltern bei den Elterntrainingskursen mitmachen und ihre Kinder auf die "Waldschule" schicken. "Es bedeutet viel für uns, daß mehr Menschen mit unserer Vorstellung, was Erziehung ein oll, übereinstimmen", sagt Ju. "Und wichtiger noch, sie fangen an, sich über die Erziehung auf Taiwan Gedanken zu machen."
In den letzten zwei Jahren haben mehr als fünfhundert Eltern an den Elterntrainingskursen teilgenommen und viele von ihnen sind als freiwillige Mitarbeiter dabeigeblieben. Liang Hsiu-chin ist eine von ihnen. "Ich habe meine Einstellung gegenüber meinen Kindern geändert und bin jetzt vertrauensvoller und eher bereit, ihnen Freiheiten zu lassen. Und ich bin auch meiner selbst als Mutter sicherer", meiner selbst als Mutter sicherer", reümiert sie.
Die Stiftung finanziert ihre Programrne durch die Zinseruäge aus einer Einlage von 37 000 US$ und durch Zuwendungen von Förderern, Schulen und anderen Stiftungen. So werden die Elterntrainingskurse von sieben Grundschulen untersützt. Bei dem Beratungsprogramm für Jugendliche arbeitet man mit einer Stiftung zusammen, die von einer Bank gegründet und finanziert ist, und erhält zusätzliche finanzielle Unterstützung von einer Baufirma.
Doch teilt Lee den Eifer der Stiftungen. "Meine Leute und ich mögen unsere Aufgabe", sag er. "Wenn wir mehr Geld und mehr Leute hätten, könnten wir besser helfen. Die Stiftungen repräsentieren die Stärke der Menschen. Sie mögen Schwierigkeiten haben oder mit immensen Herausforderungen konfrontiert sein, doch mit der richtigen Unterstützung und der Beteiligung der Öffentlichkeit werden sie bald eine der wichtigsten Kräfte für den gesellschaftlichen Fortschritt sein.
(Deutsch von Martin Kaiser)