Überleben bedeutet für die Fischereiindustrie Taiwans: sich verändern. Doch manche Fischer sind mehr für illegale Alternativen, zum Beispiel Schmuggeln ... Experten diskutieren, was zu einer Aufwertung des Wirtschaftszweiges nötig ist und den Weg ins nächste Jahrhundert gangbar macht.
Ein Großteil der Berichterstattung über Taiwans Fischereiwirtschaft wurde in letzter Zeit von Anschuldigungen weitverbreiteten Schmugglertums bestimmt. Schmuggelei ist jedoch nur eines von vielen Problemen, mit denen der Wirtschaftszweig in diesen Tagen zu kämpfen hat. Gestiegene Produktionskosten, chronischer Arbeitskräftemangel, das Zurückgehen der Fangerträge sowie internationale Streitigkeiten über Fangrechte: Das alles sind ernste Probleme, mit denen die Fischerei sich konfrontiert sieht. Trotz dieser Probleme gibt es eine allgemeine Übereinstimmung darüber, daß sich die Fischerei Taiwans in einer Übergangsphase befindet; die Entwicklung geht langsam in Richtung mehr systematisches Management, mehr internationale Zusammenarbeit und in Richtung vermehrte Unterstützung durch die Regierung. Die "Free China Review" hat, zur Diskussion der die Fischerei betreffenden Probleme, der Verantwortung und Unternehmungen der Regierung auf diesem Gebiet und auch der sich so offen aufdrängenden Frage des Schmuggelns mit ihren Ursachen und möglichen Lösungen, eine Gruppe von Experten an den Diskussionstisch gebeten. Teilnehmer der im April 1992 geführten Gespräche waren Chu Ming (曲銘), Bootsbesitzer, Vizepräsident der "Internationalen Union der Fischereiverbände" (International Coalition of Fishery Associations) und Vorsitzender der "Fischereivereinigung Chinas" (China Fisheries Association); Hsu Pin-jung (徐濱榮), stellvertretender Direktor im Fischereiamt Taiwan, Provinzregierung Taiwan (Taiwan Fisheries Bureau, Taiwan Provincial Government); Liao Ching-keng (廖清鏗), Generaldirektor der Fischervereinigung Provinz Taiwan (Taiwan Provincial Fishermen's Association); Lee Jen-chuan (李健全), Direktor der Fischereiabteilung im Rat für Landwirtschaft (Council of Agriculture); und Fu Kun-tzeng (傅崑成), außerordentlicher Professor an der Juristischen Fakultät, Nationale Taiwan-Universität. Es folgen Auszüge.
Chu Ming: Die Fischereiwirtschaft geht in eine neue Ära, und es werden Veränderungen vorzunehmen sein. Vorherrschend in Taiwans Fischereiindustrie ist die Hochseefischerei, aber neue Seerechte und Hochseevorschriften sowie der Druck internationaler Umweltorganisationen sorgten dafür, daß sie einige Rückschläge einstecken mußte. Beispielsweise durch die internationale Protestbewegung gegen das Treibnetzfischen. Und so wird zukünftig eine engere Zusammenarbeit aller betroffenen Länder vonnöten sein, also die Regierungen müssen nun diesbezüglich zusammenarbeiten. Die Regierung der USA gab zum Beispiel für die Erlangung von Fangrechten im Südpazifik 10 Millionen US$ aus, während der private Sektor nur für 2 Millionen US$ aufkam. In Japan handelt die Regierung auch nach diesem Muster. Aber hier auf Taiwan muß der private Sektor allein die volle Rechnung für die Fangrechte im Südpazifik begleichen. Unsere Fischer haben über 10 Millionen US$ an die Regierungen Indonesiens und Papua-Neuguineas gezahlt. Auch in anderen Gebieten, weltweit, zahlen unsere Fischer Millionen Dollar für Fangrechte. Die Kosten für die Erlangung dieser Rechte sind eine Last für den Privatsektor, da sollte die Regierung schon helfen. Der Direktor des Fischereiamtes war auch gerade in Rußland auf Besuch, um Gespräche über die Aufnahme einer Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Fischerei zu führen.
Das Schmuggelproblem begann im Jahr 1987 mit der Aufhebung des Kriegsrechts, als einigen Fischern die Idee kam, die durch die Liberalisierung verstärkten Kontakte zu Festlandchina für gesetzeswidrige, aber profitable Geschäfte zu nutzen.
Unverantwortliche, riskante Fischereimethoden werden aufhören müssen. In Ländern mit wohlentwickelter Fischerei geht die Tendenz dahin, den Industriezweig straffer zu organisieren. Fangbeschränkungen sollen dafür sorgen, daß bedrohte Arten nicht aussterben. Das Fischen in den Fischereizonen der einzelnen Länder wird überwacht. Auch die Fischerei auf hoher See sollte, gemeinsam von allen Ländern, überwacht werden. Wir möchten vermeiden, daß man auf unsere Fischer als "drittklassige" von oben herabschaut. Ich hoffe, daß die Regierung bei der Modernisierung unseres Industriezweiges mithilft und sich am internationalen Organisierungsprozeß beteiligt.
Wir sollten jedenfalls mehr Augenmerk auf die Küsten- und küstennahe Fischerei legen. Diese beiden haben heutzutage am meisten mit dem Schmuggeln zu tun, hauptsächlich deshalb, weil unsere Fischer so arm sind. Die Regierung sollte mehr Geld in die küstennahe Fischerei investieren. In Japan beispielsweise wurden Milliarden Dollar in diesen Zweig gepumpt. Die wichtigste Aufgabe ist zur Zeit, Taiwans küstennahe Fischerei zu fördern und unsere Fischer dazu zu erziehen, daß sie sich nicht an Schmuggelgeschäften mit dem chinesischen Festland beteiligen.
Die Fischer wollen ja keine Verbrechen begehen. Sie sind zwar arm, aber sie haben auch ihre Prinzipien. Der Hauptgrund für ihre Verwicklung ins [Fisch-]Schmuggelgeschäft ist, daß sie zwar Boote besitzen; doch es fehlen ihnen die Fischgründe, oder die Schiffsbesatzungen sind nicht komplett. Für sie ist die leichteste Art, sich den Lebensunterhalt zu verdienen, mit den Fischern vom chinesischen Festland ins "Geschäft" zu kommen. Eine Mannschaft von dreien oder vieren ist schon genug für eine Schmuggelfahrt. Das Geschäft ist leicht zu organisieren, und es braucht nur eine minimale Investition. Ich sage dazu lieber "Geschäft" als "Schmuggel". Die wenigsten Fischer sind wirklich kriminell. Wollten sie echt ein Verbrechen begehen, dann würden sie Waffen schmuggeln, denn das wäre erst richtig profitabel. Mit Fischschmuggeln verdient man keine Riesensummen. Ich habe mit vielen Fischern gesprochen und verstehe deshalb deren Situation.
Um dem Schmuggeln Einhalt zu gebieten, müssen zuerst die Beziehungen zwischen den beiden Seiten der Taiwanstraße geregelt werden. Direkte Handelsbeziehungen mit dem Festland könnten zur Lösung des Problems beitragen. Aber wenn unsere Regierung das Verbot über freien Handel mit dem Festland aufheben würde, da würden die Fischer und Bauern Taiwans Protest anmelden. Es ist eine komplizierte Frage und auf keinen Fall leicht zu handhaben.
Ein Problem ist auch, daß nicht genug öffentlich Bedienstete für den Bereich Fischereiangelegenheiten eingestellt sind. In der Fischereiabteilung des Rates für Landwirtschaft sitzen bloß dreißig Leute. Ein Mitarbeiterstab dieser Größe kann doch nie mit einem solch großen Wirtschaftszweig zurechtkommen. Sie haben einfach nicht genug Leute, um mit den Fischern zu kommunizieren und deren Probleme zu verstehen. Im Vergleich dazu beschäftigt die entsprechende Stelle in den USA Tausende von Bediensteten. Zur Zeit unterstehen fernab der Küste fischende Schiffe mit einem Gewicht von unter 100 Tonnen dem Fischereiamt Taiwan [auf Provinzebene], während Schiffe über 100 Tonnen in die Zuständigkeit der Zentralregierung fallen. Wenn wir denn zu den Ländern mit hochentwickelter Fischerei gehören wollen, dann müssen wir umgehend eine Fischereidienststelle auf ministerieller Ebene einrichten.
Hsu Pin-jung: Die Fischerei befindet sich in einer problematischen Übergangsperiode. Erstmal muß sie sich mit neuen Zugangsbeschränkungen zu vielen Fischgewässern weltweit herumschlagen. In den letzten Jahren haben zahlreiche Länder ihre Hoheitszonen auf 200 Seemeilen ausgedehnt. Dadurch wurden die zugänglichen Fanggründe auf hoher See um ein Drittel weniger. Unsere Hochseefischerboote überschreiten oft diese neuen Grenzen - und werden festgehalten. Auf die Fischerei an und nahe der Küste haben Überfischung und industrielle Verschmutzung ihren negativen Einfluß.
Seit mit der internationalen Energiekrise von 1974 der Ölpreis in die Höhe schoß, sind die Produktionskosten stark angestiegen. Früher machte der Treibstoffanteil bloß 20 bis 30 Prozent der Gesamtausgaben aus. Doch heute beläuft er sich auf über 60 Prozent. Die Produktionskosten sind im Begriff, unerschwinglich zu werden.
Wir haben auch großen Mangel an Fischern. Der wirtschaftliche Wohlstand und die Breitfächerung des Arbeitsmarktes sind dafür verantwortlich, daß nur mehr wenige bereit sind, als Fischer zu arbeiten. Die Arbeit kann strapaziös und gefährlich sein, der Verdienst ist gering. Zur Zeit werden zirka 170 000 Fischer benötigt, davon 40 000 für den Einsatz auf hoher See, 93 000 für die küstennahe Fischerei und 35 000 für die Küstenfischerei. Um diesen Mangel zu beseitigen, stellen viele Fischereibetriebe Ureinwohner an. Betriebe auf Taiwan beschäftigen 17 000 Ureinwohner, 5000 ausländische Fischer und 3000 Fischer vom chinesischen Festland. Dieser Arbeitskräftemangel bringt auch mit sich, daß die Schiffsbesitzer unausgebildete Mannschaften anheuern müssen, was bereits zu einem vermehrten Auftreten von Streitereien und Unfällen auf See geführt hat. Auch die Infrastruktur der Fischereiwirtschaft hat mit Problemen zu kämpfen. Von den zur Zeit in Verwendung befindlichen 32 000 Booten, Flößen und Sampanen sind mehr als 5400 schon über 15 Jahre alt.
Auch das wachsende internationale Umweltbewußtsein und die schonendere Verwendung von Rohstoffen hat sich auf die Entwicklung der Hochseefischerei ausgewirkt.
Und dann verändert sich die Marktstruktur. Durch den wirtschaftlichen Wohlstand und durch das Anwachsen des Bruttosozialprodukts veränderten sich die Konsumgewohnheiten bei Meeresfrüchten. Mit den gut ausgebauten Transportverbindungen und dem gesteigerten Konsum entstand ein blühender Schwarzhandel. Dies störte das gesunde Gleichgewicht des Binnenmarktes. Wir sind besorgt darüber. Obengenannte Probleme sind die bedeutendsten, mit denen sich unsere Fischereiindustrie konfrontiert sieht. Ihre Lösung ist abhängig von der Zusammenarbeit zwischen Regierung und Unternehmen.
Die Regierung unternimmt ja einiges zur Modernisierung der Fischereiwirtschaft. Zum Beispiel wurde 1989 der öffentlich finanzierte Rat zur Entwicklung der Überseefischerei gegründet, der die Zusammenarbeit zwischen einheimischen und ausländischen Hochseefischereiunternehmen fördert. In diesem Bereich hat die Regierung der Republik China Übereinkünfte mit bis dato 21 Ländern getroffen.
Der Arbeitskräftemangel ist so drastisch, daß bisweilen keine komplette Mannschaft zusammengestellt werden kann und die Schiffe im Hafen bleiben müssen. Ausländische Arbeiter sind willkommene Helfer an Bord.
Wir bemühen uns, mehr für die Erschließung bisher ungenutzter Hochseeressourcen zu tun und die umstrittene Methode der Wandnetzfischerei in gelenkte Bahnen zu bringen. Neue Ressourcen sind zum Beispiel Thun- und Tintenfisch im nördlichen Pazifik sowie Tintenfisch im Südpazifik. Die Zentralregierung beschränkt die Anzahl der mit Wandnetz fischenden Schiffe und kontrolliert die Lizenzverlängerungen für alte Boote. Das Fischereiamt der Provinz Taiwan ist dabei, die Artenschutz- und Hegemaßnahmen für küstennahe Meeresressourcen zu verstärken. So schuf man der Küste entlang 25 Schutzgebiete und 57 künstliche Riffe, welche Lebensraum und Laichstätten für Fische wie für Muscheln bieten.
Für die Anlage letzterer sowie für Jungfischkulturen hat das genannte Amt im Zeitraum von 1988 bis 1992 15 Millionen US$ investiert. Damit ist von seiten der Regierung aber noch nicht genug getan; diese Auslagen sind sogar sehr gering, wenn man einen Vergleich mit Japan zieht. Beginnend mit 1992 wird das Budget jedoch aufgestockt. Künftig werden für Jungfischkulturen und künstliche Riffe 4 Millionen US$ zur Verfügung stehen. Wir planen auch, in Nord-, Mittel- und Südtaiwan Zuchtplätze einzurichten. Diesen wird vor allem die Funktion zukommen, die Überlebensrate von Jungfischen zu erhöhen und die Nahrungsversorgung im Meer zu garantieren.
Im August 1989 begann die Regierung, den Bau neuer Schiffe zu regulieren. Sie will auch veralterte Schiffe aufkaufen. Ab dem Finanzjahr 1991 wurden 24 Millionen US$ dafür bereitgestellt, Boote anzukaufen, die über fünfzehn Jahre alt sind. 1991 wurden 886 Boote aus dem Verkehr gezogen. Dieses Programm wird in den kommenden Jahren weitergeführt. Die Schiffe verbrennen wir entweder, oder wir verwenden sie beim Bau künstlicher Riffe in Küstennähe. Ziel und Zweck dieser Unternehmung ist: die Anzahl von Unfällen auf See zu verringern, das Schmuggeln einzudämmen und die Fischereiressourcen in den küstennahen Gewässern zu vermehren.
In früheren Tagen hat die Regierung den freien Wettbewerb gefördert. Man muß aber sagen, daß die hiesigen Fischer teilweise schlecht ausgebildet sind und die internationalen Tendenzen nicht kennen; sie weisen sich oftmals wie Blinde untereinander den Weg. Es gibt keine systematische Planung. Ändern sich die äußeren Bedingungen oder Gesetze, dann sind die Fischer oft außerstande, mit den Änderungen zurechtzukommen und sich den neuen Umständen anzupassen. Die Meeresressourcen sind international, zwischen den Ländern, aufgeteilt und unterliegen gewissen Inspektionen und Restriktionen. Wir brauchen eine weitblickende Fischereipolitik, die die Fischer zur Zusammenarbeit anregt. Das würde, auf lange Sicht gesehen, der Fischerei auf Taiwan zugute kommen.
Das Problem des Schmuggelns begann eigentlich mit der Aufhebung des Kriegsrechts im Jahre 1987. Daß da Beschränkungen zum Besuch Festlandchinas aufgehoben wurden, erwies sich als günstige Gelegenheit zum profitablen Schmuggel - mit Hilfe von Fischerbooten. Die Auswirkungen des Schmuggelns auf die Fischerei Taiwans sind recht bedeutend: der Fischpreis fällt am lokalen Markt drastisch und gefährdet die Existenz der mit legalen Methoden arbeitenden Fischer. Letztlich wird es auch nachhaltige Auswirkungen auf die gesamte Fischereiwirtschaft, auf die öffentliche Gesundheit und auf die Staateinnahmen haben. Zusammenarbeit wäre eine Lösung. Unsere Schiffe sind im allgemeinen besser ausgerüstet als die vom Festland; aber uns fehlen jetzt die Arbeitskräfte. Festlandchina besitzt schlechtausgerüstete Boote, jedoch eine genügend große Anzahl an Fischern. Wenn wir uns zusammentun, werden beide Seiten der Taiwanstraße profitieren.
Liao Ching-keng: Unsere Fischerei steht jetzt einer großen Anzahl von Problemen gegenüber und spielt in der Wirtschaft eine immer geringere Rolle. Für die Hochseefischerei haben wir kein systematisches Management. Die meisten Betriebe sind klein, viele haben überhaupt nur ein einziges Schiff. Aber zahlreiche Probleme reichen über den Kontrollbereich der kleinen Bootsbesitzer hinaus. Beispielsweise mußten unsere Schiffe früher an einige Länder Gebühren bezahlen, wenn sie in deren Fischereizonen auf Fang gingen. Später verlangten einige ausländische Regierungen kooperative Maßnahmen, wie die Bereitstellung von Arbeitsmöglichkeiten für einheimische Mannschaften oder den Verkauf des Fanges in jenen Ländern. Seit kurzem aber bemühen sich einige Regierungen um gemeinsame Investitionen, zu denen in manchen Fällen die Weitergabe unseres technischen Wissens und unsere Hilfe beim Bau von Fischereieinrichtungen gehört. Um diesen Anforderungen nachzukommen, müssen Regierung, Fischerei und Fischereiexperten zusammenarbeiten.
Die in Küstennähe auf Fang gehenden Schiffe werden immer mehr, was zu einer Verringerung der Ressourcen, zu Fangbeschränkungen und zum Absinken des Einkommens der Fischer führt. Diese Situation bringt auf beiden Seiten der Taiwanstraße eine gewisse Attraktivität illegaler Handlungen - wie des Schmuggelns - mit sich. Die Regierung sollte die Anzahl der Fischerboote kontrolliert halten und die Meeresressourcen schützen. Alte Schiffe sollten verschrottet, Industrieabwässer überprüft und künstliche Riffe angelegt werden. Die Regierung hat bereits begonnen, in diesen Bereichen aktiv zu werden, aber es werden mehr finanzielle Mittel benötigt.
Wenn die Regierung den Fischern in Zukunft verstärkt unter die Arme greift, dann läßt sich vielleicht für die Frage der Schmuggelei eine Lösung finden; und dann könnten Taiwans Fischer wieder unbeschwert aller diesbezüglichen Anschuldigungen in See stechen.
Ein weiteres Problem ist, daß die Fischgründe weniger werden, weil viele Länder ihre Fischereizonen erweitert haben. Wir haben uns nach neuen Fanggründen umgeschaut, aber aufgrund der fehlenden diplomatischen Beziehungen zwischen der Republik China und zahlreichen Ländern waren wir dabei nicht erfolgreich. Nichtsdestoweniger führten wir viele kooperative Unternehmungen durch, und zwar entweder unter der Schirmherrschaft von privaten Fischereivereinigungen oder unter Leitung der Fischereibetriebe selbst. Trotzdem die Regierung zur Lösung der Probleme den Rat zur Entwicklung der Überseefischerei gegründet hat, war das Ergebnis nicht zufriedenstellend. Dem Rat steht nur ein sehr eingeschränktes Budget und eine begrenzte Anzahl von Mitarbeitern zur Verfügung. Unsere Regierung sollte mehr Mittel und mehr Personal zuteilen.
Unsere Fischer befischen die Meere der ganzen Erde. Dadurch kam natürlich eine Reihe von internationalen Auseinandersetzungen auf. Einige davon müssen wir auf unser Konto buchen, aber oftmals sind die Konflikte eine Folge der Diskriminierung. Auseinandersetzungen sind manchmal schwierig zu lösen, weil wir diplomatische Kontakte zu so wenigen Ländern haben. In solchen Fällen kann die Regierung meist gar nichts tun. Die Fischer müssen sich auf ihre eigene Initiative oder die Vermittlung von Auslandschinesen des jeweiligen Landes verlassen. Der Rat zur Entwicklung der Überseefischerei sollte Fachleute einstellen, die in solchen Situationen helfen.
Dann ist eine weitere Schwierigkeit, daß aus Mangel an Arbeitskräften oft keine volle Schiffsbesatzung zusammengestellt werden kann. Bei auf hoher See fischenden Betrieben dürfen die Mannschaften bis zu einem Drittel aus Ausländern bestehen. Die Fischerei in Küstennähe ist nicht solchermaßen privilegiert, und so bleiben in gewissen Sektoren die Mangelerscheinungen bestehen. In Keelung und Kaohsiung liegen Fischerboote auf unbestimmte Zeit vertäut im Hafen, weil keine volle Mannschaft angeheuert werden kann. Wir hoffen, daß die Regierung das Verbot zur Einstellung von ausländischen Seemännern für die küstennahe Fischerei lockern wird.
Die Fischereiabteilung des Rates für Landwirtschaft ist auf nationaler Ebene für Fischereiangelegenheiten zuständig. Doch dort sind zu wenige Mitarbeiter eingestellt, sie können nicht alles schaffen. Vor zwei Jahren versprach der stellvertretende Premierminister, die Einrichtung einer eigenen Fischereiverwaltung in Betracht zu ziehen. Der Entwurf dazu wurde aber in seiner überarbeiteten Fassung vom Legislativ-Yüan zurückgezogen. Ich glaube, die beste Methode zur Vereinigung der verschiedenen mit der Fischerei befaßten Regierungsstellen ist, die Fischereiabteilung auf die ministerielle Ebene zu heben. Mit ihren ungefähr dreißig Beschäftigten entspricht die Abteilung derzeit gerade nur einem Fischereiamt auf Landkreisebene, so wie sie in Ländern wie Japan, Südkorea oder den Philippinen bestehen.
Als Mitarbeiter der Fischervereinigung Provinz Taiwan fühle ich mich verpflichtet zu erklären, warum einige Fischer auf das Schmuggeln umgestiegen sind. Es gab eigentlich kaum Fälle von Schmuggelei, bevor im Jahr 1987 das Kriegsrecht aufgehoben wurde. Aber die Fischer erfuhren dann aus dem Radio, daß Fischerzentren auf dem Festland Reparaturservice anboten, einen sturmgeschützten Anlegeplatz bereithielten und die Fischer mit frischem Wasser versorgten, und daß diese Leistungen auch Fischer aus Taiwan in Anspruch nehmen konnten. Die Regierung der Republik China verbietet den Fischern nicht, zum Festland hinüberzufahren.
Als unsere Fischer die ersten Male übersetzten, brachten sie ja nur ein paar Souvenirs mit. Mit verstärkter Kommunikation zwischen den bei den Seiten investierten zunehmend mehr Unternehmer auf dem Festland. Da kam einigen Fischern die Idee, daß es wohl einbringlich wäre, manche Waren herüberzutransportieren, um sich so ein wenig dazuzuverdienen. Zuerst war das Geschäft ein Tauschhandel, wurde später aber mit Bargeld abgewickelt. In den Fällen größeren Ausmaßes waren die Fischer meist von Geschäftsleuten beauftragt worden. Ich muß aber wirklich betonen, daß nur ein kleiner Teil der Fischer in das Schmuggel geschäft verwickelt ist. Selbstverständlich sind wir uns einig: die Regierung sollte gegen solche Aktivitäten schon hart durchgreifen. Aber es müssen auch Wege gefunden werden, die Einkommen der Fischer zu erhöhen.
Lee Jen-chuan: Herr Chu und Herr Hsu haben bereits einige Probleme diskutiert, mit denen sich die Fischerei konfrontiert sieht. Ich möchte noch ein paar Worte daran anschließen. Diese Probleme sind ja oft von ihrer Natur her international. Beispielsweise hat die Republik China mit verschiedenen Ländern Auseinandersetzungen über Hoheitszonen ausgetragen. Der zwischenstaatliche Charakter dieser Fragen verkompliziert Organisation und Überwachung unserer Fischerei. Außerdem gehören die Fischressourcen allen Völkern gemeinsam, aber die Chinesen haben keinen Begriff von der Bewahrung dieser Ressourcen. Wir meinen irrtümlich, wenn etwas nicht ausdrücklich jemandem gehört, dann steht es automatisch zur Ausbeutung frei. Wir sollten unsere Fischer über die Bedeutung des Begriffs "gemeinsames Besitztum" näher aufklären; denn sonst wird die Verwaltung der Fischereiwirtschaft immer ein großes Problem bleiben.
Andere sich uns stellende Fragen sind: der zunehmende Verlust von Fischgründen, ein rapides Ansteigen der Zahl der im Fischfang eingesetzten Boote, daß unsere Fischer von fremden Regierungen in Haft genommen werden und die Neudefinition einiger Spezien von Beutefischen in der hohen See. Viele der Fischarten, über die es oftmals Zank gibt, wechseln frei über die Grenzen, von landeseigenen Fischereizonen in internationale Gewässer und zurück. Man muß die Handhabung dieser Spezien mit Blick aufs Ganze regeln. Solche Fischarten sind mit einer Vielzahl von Verfügungen belegt worden, welche den Fischer in seiner Freiheit, sie nach Lust und Laune zu fangen, einschränken.
Zusätzlich zu den gerade erwähnten Problemen treten oft Konflikte zwischen den festländischen und unseren Fischern auf, weil sich die Fischgebiete überschneiden. Eine andere schwerwiegende Frage, die auch das Festland betrifft, ist der Handel mit den erbeuteten Fängen. Das Festland hat aus Küsten- und küstennaher Fischerei jährlich einen Ertrag von zirka 3,5 Millionen Tonnen, während unsere Küstenfischer nur 300 000 Tonnen fangen. Wenn die uns ein Zehntel ihrer Beute verkaufen würden - was etwa unserer jährlichen Fangquote entspräche -, dann würde uns das billiger kommen, als selbst auf Fang auszufahren. Der durchschnittliche Fischpreis liegt auf Taiwan bei 2,60 US$ pro Kilogramm, auf dem Festland aber nur bei 50 Cents. Warum sollten sich unsere Fischer da so abrackern? Viele einheimische Fischerboote sind gar nicht einmal mit Netzen bestückt. Sie fahren halt bloß über die Taiwanstraße und kaufen Fisch.
Die sich schnell mehrende Zahl von Fischerbooten in unseren Hoheitszonen sollte besser überwacht werden. Derzeit sind es 32 000 Schiffe, von denen 30 000 zur Fischerei an und nahe der Küste eingesetzt werden. Es ist kein Wunder, daß die Fangerträge so rapide abgenommen haben. Wir sollten mehr Augenmerk auf Schonung legen. Zur Kontrolle der immer mehr werdenden Fischerboote hält die Regierung den Bau neuer Schiffe in Maßen. Gleichzeitig kauft und verschrottet sie die über fünfzehn Jahre alten Schiffe. Man erwartet, daß in zwei bis drei Jahren zweitausend alte Boote aus dem Verkehr gezogen werden können. Demzufolge wird für das einzelne Boot der Fang reicher aufallen, und der Lohn für den Fischer wird sich erhöhen.
Fu Kun-tzeng: Die Hochsee- und küstennahe Fischerei Taiwans ist in einen Engpaß geraten. Unsere Regierung versucht, die Fischereiwirtschaft auf Nullwachstum zu halten. Ich denke jedoch nicht, daß wir die Fischerei im Stich lassen sollten. Sie hat doch für Taiwan ebensoviel Bedeutung wie die Landwirtschaft. Sie ist eine wichtige Nahrungsquelle. Man kann doch nicht sagen, daß die Fischerei bloß ein untergehender Wirtschaftszweig sei und sie links liegen lassen.
Unserem Wirtschaftszweig stellen sich jetzt einige Probleme. Vor allem sind Umweltverschmutzung und Überfischung drastisch geworden. Die küstennahe Fischerei Taiwans sollte sich als unmittelbares Ziel setzen, Fischschutzmaßnahmen durchzuführen. Wenn wir nicht schnell handeln, erschöpfen wir unsere heimischen Gewässer bald. Um Wohlfahrt und Aufbau der Schiffsbesatzungen muß man sich auch kümmern. Die ganze Organisation der Mannschaften ist so unvernünftig. Immer fehlen Arbeitskräfte.
Der Zugang zu vielen Fischgründen ist ebenfalls schwieriger geworden. Eine Anzahl von Ländern hat in den letzten Jahren ihren Zuständigkeitsbereich auf dem Meer so ausgedehnt, daß die Fanggründe auf hoher See abnahmen. Dazu überlappen sich auch noch Taiwans Fanggründe mit denen von Japan, den Philippinen und Vietnam. Ich meine, unsere Regierung sollte zur Lösung dieser dringenden Probleme die Initiative ergreifen. In der Zwischenzeit soll der Privatsektor mit der öffentlichen Hand zusammenarbeiten.
Das [Fisch-]Schmuggeln ist ein Problem, das die küstennahe Fischerei betrifft. Und es stellt eine Bedrohung für die Verteidigung unserer Küste dar. Militär und Fischerei müssen bei der Überwachung der Küste zusammenhelfen. Wir können es uns mit unserem beschränkten Budget nicht leisten, eine spezielle Einrichtung wie die amerikanische Küstenwache aufzustellen. Aber die Marine könnte zum Schutz unserer Meeresgebiete mit den Fischern kooperieren.
Die Problematik des Schmuggelns ist eine schwerwiegende, und sie übt negativen Einfluß auf unsere Fischereiwirtschaft aus. Unsere Fischer fischen nicht; stattdessen kaufen sie den Fisch zu Niedrigstpreisen auf dem Festland, in Singapur und in anderen südostasiatischen Ländern. Die Regierung sollte den Handel zwischen Taiwan und Festlandchina legalisieren. So lang das nicht geschieht, und solang das Einkommen der Fischer dermaßen niedrig ist, so lang wird geschmuggelt werden. Da Taiwan und Festlandchina dasselbe Gebiet befischen, sollten wir doch gemeinsam Fischressourcen entwickeln. Joint-venture-Betriebe wären eine gute Möglichkeit.
Wir sollten zur Regelung verschiedener fischereibezogener Vorgehensweisen Gesetze erlassen. Wenn ein Schiff seinen Fang einbringt, ohne Probleme zu verursachen, dann sollte der Staat dem Besitzer ein Lob aussprechen. Wenn ein Schiff aber wiederholte Male das Gesetz bricht, dann sollte der Staat den Eigner bestrafen, ihm vorübergehend die Lizenz entziehen. Wir sollten außerdem die Besitzer der kleineren Betriebe dazu erziehen, sich ans Gesetz zu halten. Von ihnen meinen viele noch immer, Geld löse alle Probleme. Sie haben US-Dollar an Bord, wenn sie zum Fischen ausfahren; stoßen sie auf eine schwierige Situation, dann verteilen sie eben ein paar Dollar Schmiergeld. Bei ausländischen Marineangehörigen sind Fischerboote aus Taiwan infolgedessen gern gesehen, denn sie lösen alle Streitfragen mit Geld, bar auf die Hand.
Unsere Regierung sollte der Privatwirtschaft bei Prozessen im Ausland auch beistehen. Und sie sollte dort Verträge mit Ländern abschließen, wo unsere Schiffe oft auf Fang unterwegs sind und wo sie oft im Hafen Station machen. Wenn ein Konflikt entsteht, tritt der Schiffsbesitzer als Kläger auf und versucht auf allen zur Verfügung stehenden Kanälen, über Verwaltung und Justizverfahren, den Streit zu schlichten. Hat er nach Erschöpfung aller lokal vorhandenen Möglichkeiten sein Recht nicht bekommen, dann bleibt ihm als einziger Ausweg, die Regierung um Beistand zu bitten. Da aber unsere Regierung zu vielen Staaten keine diplomatischen Beziehungen unterhält, nehmen die Verhandlungen meist keinen recht vorteilhaften Verlauf.
Unter diesen Umständen haben wir nur mehr die Wahl zwischen einem Quasi-Prozeß und einem internationalen Prozeß. Doch nach den Statuten des Internationalen Gerichtshofs können nur Staaten als Parteien vor Gericht gelten. Da die Frage ungelöst blieb, ob unsere Insel ein Staat ist oder nicht, so haben wir oft die Möglichkeit eines internationalen Verfahrens gar nicht. Als letzte Alternative bleibt uns, die Sache vor eine internationale Schlichtungskommission zu bringen. Aber diese Schlichtung im Quasi-Verfahren muß von beiden Seiten angenommen werden. Oft können wir die Gegenseite zur Unterzeichnung eines Abkommens bringen, indem wir Vorteile auf den Gebieten Wirtschaft, Handel und Kultur anbieten. Wenn später ein Konfliktfall auftritt, können wir über Vermittlung zur Schlichtung des Streits kommen. Unter den gegenwärtigen Voraussetzungen ist dies meiner Meinung nach die beste Lösung zur Ausräumung von fischereibezogenen Streitigkeiten. Unsere Regierung muß etwas unternehmen, bis jetzt ist noch zuwenig getan worden.
Ein weiteres Sorgenkind sind für mich die Fangrechte auf hoher See. Ich finde, daß unsere Regierung zuviel um die Meinung der USA besorgt ist. Hinichtlich der Lachsfischerei beispielsweise besteht die US-Regierung darauf, daß die Zuständigkeit im Bereich des Urprungslandes liegt und wir darum kein Recht haben, den Fisch zu fangen. In Wirklichkeit sind die USA nicht mit dem Verfügungsrecht über Lachs ausgestattet, sondern nur mit dem Hauptinteresse und der Verantwortung dafür. Ich denke, unsere Regierung hat in diesem Fall zu viele Zugeständnisse gemacht.
Andere Forderungen der USA sind ebenso anmaßend. Sie betonen beim Erteilen von Fangbeschränkungen, wie wichtig die Bewahrung der Umwelt sei. Real gesehen ist für sie zuallererst einmal wichtig, den eigenen Gewinn zu sichern. Die Regierung der USA möchte ihre Fischereiwirtschaft schützen. Ich weiß schon, daß unsere Regierung bisweilen andere Gesichtspunkte in Erwägung ziehen muß, wenn sie mit den USA verhandelt. Aber die Regierungsvertreter sollten unseren Fischern mehr Unterstützung geben und Mut zusprechen, und nicht nur immer über ein paar illegale Aktivitäten wehklagen.
(Englisch von "Free China Review"; Deutsch von Brigitte Rieger)