Kein Zweifel, das stimmt. Die Unterrichtssendung feierte im vergangenen August ihren dreißigsten Geburtstag. Eine geschätzte Zahl von vier Millionen Studenten, Hausfrauen, Berufstätigen und Pensionären hört mittlerweile dabei zu. Die Programme werden 45mal pro Tag auf zwanzig Sendern in ganz Taiwan ausgestrahlt, und die Unterrichtslektionen eines jeden Monats erscheinen in zwei Zeitschriften - es gibt eine für Anfänger und eine für mittlere bis fortgeschrittene Studenten. Die Magazine haben eine Gesamtauflage von 200 000 Exemplaren.
Brougham kam 1951 als 22jährige Missionarin nach Taiwan, wo sie seitdem lebt. Zunächst hat sie mit den Ureinwohnern an der Ostküste gearbeitet, und dann ist sie nach Taipei gezogen, um bei der Gründung der ORTV mitzuhelfen. Im Anfang produzierte die Gesellschaft mehrsprachige erzieherische und religiöse Sendungen für Rundfunk und Fernsehen. Aber 1962 erweiterte sie ihre Produktion um Englischunterrichtsprogramme, und die Beiträge wurden bald zu Taiwans beliebtesten Sprachsendungen.
Brougham, die hierzuorten besser unter ihrem chinesischen Namen Peng Meng-hui（彭蒙惠）bekannt ist, erinnert sich: "Wir erkannten, daß die Leute Englisch lernen mußten, weil das Land sich änderte und industrialisiert wurde. Darum begann ORTV eine halbstündige Sendung zu produzieren, um das Englisch der Leute aufzubessern und ihnen bei der Anpassung an die moderne Welt außerhalb Taiwans zu helfen."
Die Sendung wurde so gut aufgenommen, daß Brougham innerhalb weniger Wochen gebeten wurde, ein zweites Programm auf einem höheren Sprachniveau zusammenzustellen. Heutzutage bringt die Gesellschaft drei Englischlektionen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad, und die ursprünglich schwarz-weißen Begleitblätter haben sich in zwei glänzende, vierfarbige Zeitschriften verwandelt.
Die Sendungen umfassen eine Bandbreite von zeitgenössischen Ereignissen und sozialen Themen, darunter Nachrichten aus den Schlagzeilen sowie über Umwelt, Technik und Geschichte. Spezielle Reportagen berichten über ethnische Gruppen oder besondere Orte auf der ganzen Welt. Brougham und die acht Lehrer, die mit ihr zusammenarbeiten, sehen jeden Tag Hunderte von Publikationen aus den Vereinigten Staaten und Europa durch, um "das Aktuellste" in den Sendungen zu bringen. Sie ist stolz darauf, daß die Sendungen ihre Zuhörer mit solchen Begriffen wie "Silikonchip" vertraut gemacht haben. "Dadurch kennen die Leute schon den Hintergrund, wenn sie etwas in den Nachrichten hören. Wir sagen gerne, 'Denk daran. Das hast du zuerst bei Studio Classroom gehört.'" Die zuletzt von den angestellten Lehrern verfaßten oder aus anderen Zeitungen abgedruckten Artikel beschäftigen sich mit Bankautomaten- beziehungsweise Computerkarten mit erweiterten Anwendungsmöglichkeiten, Eiern mit niedrigem Cholesteringehalt und der Geschichte und Kultur Armeniens.
"Wir versuchen, uns auf nützliche Dinge zu konzentrieren", sagt Brougham. "Wenn eine Handelsmission nach Costa Rica fährt, dann werden wir einen Sonderbericht über Costa Rica machen." Sie berichtet von einem einheimischen Polizeibeamten, der kürzlich eine Stadt in Oklahoma besuchte, um an einer Konferenz teilzunehmen. Der Polizist kannte die Stadt durch eine der Sendungen. Als er fragte: "Ist das nicht hier, wo die 'Spur der Tränen' endete?", war der Bürgermeister der Stadt entsprechend beeindruckt.
Wohin wird sich die Produktionsgesellschaft von hier aus wenden? Festlandchina scheint das nächste Ziel zu sein. Die ORTV brachte bereits im September 1991 ihre Englischunterrichts-Materialien über die Taiwanstraße. Programme auf Anfängerniveau werden nun von zwei Dutzend Rundfunksendern auf dem Festland ausgestrahlt und die Zeitschrift findet reißenden Absatz. Als die Publikationen im letzten Herbst in Shanghai auf den Markt kamen, wurden innerhalb von zwei Tagen 150 000 Exemplare verkauft.
(Deutsch von Jessika Steckenborn)