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Taiwan sucht nach seinen Wurzeln

28.04.2007
Der Yushan (Jadeberg) ist mit 3952 Metern der höchste Gipfel auf Taiwan. (Foto: Jian Min-nan)

In den letzten Jahren spielte der Jadeberg Yushan bei der Suche nach Symbolen für Taiwans neuen nationalistischen Geist eine führende Rolle.

Taiwan ist eine gebirgige Insel, auf der über 100 Gipfel höher als 3000 Meter sind. Der Yushan(玉山), zu Deutsch Jadeberg, erreicht eine Höhe von 3952 Metern und ist damit nicht nur der höchste Berg der Insel, sondern ganz Nordostasiens. Das Bergmassiv ist das Quellgebiet dreier Flusssysteme, die in die zentral- und südtaiwanischen Ebenen fließen, besitzt ein reiches Tier- und Pflanzenleben und hat überdies für die Bunun-Ureinwohner eine tiefe religiöse und kulturelle Bedeutung. Die Gegend wird außerdem vom Patungkuan-Bergpfad durchkreuzt, einem historischen Monument der Klasse eins.

Bei Akademikern trägt der Yushan den Spitznamen "die Arche", da sie den Berg als Schatzkammer seltener Arten betrachten. Der Yushan ist fast schon eine Enzyklopädie von Taiwans Ökosystemen, ein geologisches Museum und ein wichtiger Lebensraum für ein Drittel von Taiwans endemischen Arten, etwa dem Schwarzbär (Ursus thibetanus formosanus oder Selenarctos thibetanus formosanus), dem Formosa-Serau (Capricornis crispus) und dem Reeves-Muntjak (Muntiacus reevesi). Von allen Gebieten, die vom Wendekreis des Krebses gekreuzt werden, gibt es nur am Yushan tropische, subtropische, gemäßigte und alpine Wälder.

Der Yushan hat von verschiedenen Menschen unterschiedliche Namen erhalten, und diese Namen sind interessant und aufschlussreich im Hinblick auf das Verhältnis des Menschen zu dem Berg. Der Bunun-Stamm, die frühesten bekannten Bewohner der Gegend, nannten den Gipfel Tongku Saveg(東谷沙飛), was "der Unterschlupf" bedeutet. Gemäß der Bunun-Mythologie war der Berg einst eine Zuflucht für die Ahnen des Stammes, als sie vor einer Urflut Schutz suchten. Yu Yong-he, ein Beamter der Qing-Dynastie (1644-1911), der für den Abbau von Schwefel von China nach Taiwan geschickt wurde, beschrieb den Yushan als ein für ihn allzeit unerreichbares Juwel, wie ein Stück kostbare Jade auf seinen Wanderungen. Ein Jahrhundert lang war der Berg im Westen unter dem Namen Mount Morrison bekannt, benannt nach dem Kapitän des US-amerikanischen Frachters USS Alexander, der den Berg 1857 in seinem Logbuch erwähnte und als erster die Aufmerksamkeit des Westens auf ihn lenkte. Während der japanischen Kolonialzeit (1895-1945) wurde der Yushan Niitakayama(新高山) genannt, was "neuer hoher Berg" bedeutet, weil er 176 Meter höher ist als der Fuji-Berg.

Eindringlinge und Konflikt

Menschliches Treiben in der Yushan-Region kann etwa 1000 Jahre zurückverfolgt werden. Es ist nicht bekannt, wer die ersten Siedler waren, doch es gilt als sicher, dass die Bunun-Ureinwohner seit über 300 Jahren dort leben und die Gegend um den Berg als ihr exklusives Jagdgebiet betrachteten. Wenn andere Stämme dort eindrangen, hatte das ernsthafte Kämpfe zur Folge. Während der Herrschaft der Qing-Dynastie bewog der territoriale Expansionsdrang Japans den Qing-Kaiser dazu, Taiwan aktiv zu entwickeln, um die Insel besser beschützen zu können. Infolgedessen wurden drei Straßen quer über die Insel gebaut, die den Osten mit dem Westen verbanden. Die 132 Jahre alte zentraltaiwanische Route ist der heutige Patungkuan-Pfad.

Die Japaner führten während ihrer Kolonialherrschaft ausgiebige Studien der Naturschätze am Yushan durch, um diese ausbeuten zu können. Die Bunun erkannten darin eine Bedrohung ihres Lebensraumes und leisteten den Japanern heftigen Widerstand, mit dem Ergebnis, dass die Kolonialverwaltung eine "strategische Politiklinie" festlegte, um die Ureinwohner auf vorgesehene Gebiete zu begrenzen. Diese Isolation des Yushan setzte sich nach der Kolonialzeit durch die Beschränkungen der Regierung der Nationalen Volkspartei (Kuomintang, KMT) bezüglich Zugang zum Berg, die jahrzehntelang in Kraft blieben, fort. Die versäumte Entwicklung aufgrund dieser Politik war indes ein Segen für das Ökosystem. 1985 wurde der Yushan-Nationalpark gegründet, um den Reichtum des Ökosystems und auch das Kulturerbe zu bewahren.

Yushans kahler und felsiger Gipfel war Zeuge der veränderlichen Natur politischer Macht. Zuerst war 1925 auf dem Westgipfel ein japanischer Tempel errichtet worden. Während der Zeit der autoritären KMT-Herrschaft wurde auf dem Hauptgipfel des Yushan eine Bronzestatue von Yu You-ren (于右任)aufgestellt, einem ehemaligen Präsidenten des Kontroll-Yuan, der vehement für die Wiedereroberung des chinesischen Festlandes eintrat. Aufgrund von Veränderungen der politischen Atmosphäre wurde die Statue später entfernt und durch eine Steintafel ersetzt, auf der folgende Worte eingraviert sind: "Ein Herz so rein wie Jade, ein Sinn für Rechtschaffenheit so fest wie der Berg"(心清如玉,義重如山). Und heute hat der Berg einen neuen politischen Zweck, nämlich den eines Symbols für Taiwans Identität.

Nach der Aufhebung des Kriegsrechts und dem Ende der sinozentristischen Unterdrückung einheimischer taiwanischer Kultur und einheimischen taiwanischen Bewusstseins durch die KMT-Regierung hat sich die Identifizierung der Bürger mit Taiwan als Nation stark entwickelt. Doch welches Symbol kann man benutzen, um diese Nation zu repräsentieren? Vor einigen Jahren starteten mehrere taiwanische Künstler die "Yushan-Bewegung", die darauf abzielte, diesen abgelegenen und isolierten Ort im Bewusstsein der Menschen als Wahrzeichen für Taiwan zu etablieren. Um diesen Gedanken zu entwickeln, wurden die Menschen ermuntert, den Yushan zu besteigen, damit sie dadurch Taiwan kennen lernten. Man forderte sie auf, vor einer solchen Expedition Unterricht über die Ökologie, Flora und Fauna, Topografie und Kulturgeschichte des Yushan sowie über die Ethik von gutem Alpinismus zu nehmen.

Die Nutzung des Yushan als Motiv taiwanischer nationalistischer Agitprop-Kunstwerke erregte Interesse am Besteigen des Berges, mit dem Ergebnis, dass der Gipfel, obwohl er Taiwans höchster ist, das beliebteste Ziel für Bergsteiger auf der Insel geworden ist. Der Aufstieg auf dem Berg ist eher eine Bergwandertour als eine Kletterpartie, und man kann ihn ohne große Alpinismusfertigkeiten schaffen. Bei gutem Wetter machen sich viele Bergwanderer zum Yushan auf, um, wie es in einer touristischen Werbung heißt, "zum Yushan [zu] fahren, den Gipfel [zu] bezwingen und den Sonnenaufgang [zu] sehen". Dieses Phänomen ist in Taiwan unter dem Namen "Yushan-Fieber" bekannt.

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Die Dorfbewohner in Wanghsiang wurden von ihren Ahnen gemahnt, in Sichtweite des Tongku Saveg zu bleiben". (Foto: Chang Su-ching)

Wessen "heiliger Berg"?

Die Zentrale des Yushan-Nationalparks hat sich diesem Trend angeschlossen und versucht, die Idee von Yushan als heiligem Berg Taiwans zu verbreiten. Nach den Worten von Lin Wen-ho, Sektionsleiter in der Zentrale, ist diese bereits seit zwei Jahren laufende Kampagne Teil eines größeren Planes, der eine taiwanische nationale Identität aufbauen soll. "Wir ermuntern die Menschen, den Yushan zumindest ein Mal in ihrem Leben zu besteigen", rapportiert Lin.

Gegenwärtig bezwingen jedes Jahr 40 000 bis 50 000 Menschen den Hauptgipfel des Yushan. Zum Schutz der Ökologie dürfen an einem Tag maximal 90 Personen den Gipfel besuchen, und die Kletterer brauchen außerdem eine Genehmigung. "In der Vergangenheit trafen sich die Kletterer um Mitternacht in Taipeh und schliefen während der Fahrt zum Yushan im Bus", beschreibt Lin. "Vor Sonnenaufgang machten sie sich halbwach an den Aufstieg und machten Rast am Paiyun Lodge, um sich den Sonnenaufgang anzuschauen, danach kehrten sie wieder um. Wenn man die Bergwanderer dann fragte, was sie erlebt hatten, bekam man immer zu hören, sie seien total erschöpft gewesen." Um den Menschen einen freundlicheren und ökologischeren Zugang zum Berg zu ermöglichen, bietet der Nationalpark verschiedene Bildungsprogramme an. Jedes Jahr im Februar wird der Gipfel von der Nationalparkverwaltung für Bergsteiger oder Touristen gesperrt, damit der Yushan sich erholen kann.

Im Jahre 2006 organisierte das Regierungsinformationsamt (Government Information Office, GIO) eine Kampagne zur Auswahl eines Symbols, das Taiwan im Ausland repräsentieren soll. Der Yushan belegte mit 118 491 Stimmen hinter Handpuppen den zweiten Platz. Cheng Wen-tsang(鄭文燦), bis Anfang April 2007 GIO-Minister, erklärte in einem Bericht der Zeitschrift Taiwan Panorama, der Yushan symbolisiere die großen Ambitionen dieses kleinen Landes. In dem Artikel hieß es allerdings auch, das Ergebnis der Abstimmung zeige, dass die Taiwaner sich von dem Berg immer noch entfremdet fühlten. Der genaue Status des Yushan in der taiwanischen Ikonografie ist weiterhin im Fluss.

Die Kultur der Bunun wurde oft dazu benutzt, die Vorstellung des Yushan als nationales Symbol zu bereichern. Ironischerweise wird die Beteiligung der Bunun selbst dabei jedoch etwas vernachlässigt. Der Berg gilt seit langem als spirituelles Symbol des Bunun-Stammes, und er ist auch die letzte Ruhestätte ihrer Ahnengeister. Das bekannte Bunun-Volkslied "Pasibutbut" -- eine Achtton-Melodie, die gesungen wurde, um Segen für die Hirseernte zu erheischen -- ist seit Jahrhunderten in den Tälern des Yushan zu hören. Doch während der Geist des Yushan betont wird, welkt die Kultur der Bunun und anderer Ureinwohnerstämme dahin. Die Entwicklung der Bezeichnungen für diese Gruppen -- "Barbaren", "zahme Barbaren", "Bergmenschen", "Eingeborene" und "Ureinwohner" -- zeigt eine zunehmende Toleranz und Akzeptanz für sie von seiten der Han-chinesischen Mehrheit, doch viele Bunun haben immer noch das Gefühl, dass ihre Kultur gefährdet ist, und sie fragen sich, ob das "Yushan-Fieber" -- welches die Bunun-Kultur ausgenutzt hat, ohne den Bunun-Stammesangehörigen viel zu geben -- für sie vorteilhafter gestaltet werden könnte.

Führung als Geschäft

Die Dorfbewohner in Wanghsiang, einer kleinen Gemeinde im Landkreis Nantou, versuchen nun, sich bemerkbar zu machen. Wanghsiang befindet sich auf einem Plateau im Nordwesten des Yushan-Hauptgipfels. Als die Bunun 1938 im Rahmen der japanischen "Barbaren-Verwaltungspolitik" gezwungen wurden, den Berg zu verlassen, siedelten sich einige Familien der Luan-Untergruppe des Stammes im heutigen Wanghsiang an. Die Dorfbewohner betrachten sich als Kinder des Yushan. Vom Dorf aus kann man die heilige Stätte Tongku Saveg deutlich sehen.

Da immer mehr Menschen durch ihren Lebensraum ziehen, gründeten mehrere junge Bunun-Männer ein Bergführer-Geschäft. Es macht ihnen Freude, Leuten den Tongku Saveg vorzustellen. "Wir würden gern eine vom Geist des Berges durchdrungene Kletterethik fördern", sagt Neqou Sokluman, der im Jahre 2004 "Söhne des Yushan -- Bergtour-Allianz von Kultur und Ökologie des Bunun-Stammes" organisierte und seitdem viele Bergsteiger auf den Yushan hinauf begleitet hat.

Tatsächlich sind die Bunun schon seit langem bei Taiwans Bergsteigerei als Träger dabei und sind sozusagen die Sherpas des Yushan. Seit Jahrzehnten verlassen sich Bergsteiger in Taiwan auf ihre Dienste, doch die Rolle der Träger ist immer unsichtbar. "Es gab einige Bunun-Träger, die alle von Taiwans 100 höchsten Gipfeln bestiegen haben, doch von denen ist kein einziger in der offiziellen Liste derjenigen eingetragen, die diese Leistung vollbracht haben", kritisiert Neqou. "Die Rolle der Träger, die beim Klettern immer viel schwerere Ausrüstung schleppen, ist durchweg vernachlässigt worden. Das hindert uns daran, unsere Bergerfahrungen mit anderen zu teilen." Die Bergführungen mit auffälligerem Profil könnten dazu beitragen, das Verhältnis der Bunun zu den Bergen besser im Bewusstsein der Nicht-Bunun-Besucher zu verankern.

Neqou ist der erste Bunun in einem taiwanischen Dorf, der überhaupt ein Bergführer-Gewerbe aufgezogen hat. "Ich hoffe, dass Söhne des Yushan auf lange Sicht das gesamte Führungsgeschäft auf dem Yushan übernehmen wird", teilt er mit. "In Malaysia werden den Ureinwohnern Arbeitsplätze an ihrem heiligen Berg Kinabalu garantiert." Neqou und seine Partner bemühen sich, ihre Kenntnisse bei Management zu verbessern, besonders bei der Interpretation ihrer Kultur. Um die Bergkultur der Bunun zu erklären, geben sie beim Begleiten von Bergsteigern traditionelle Lieder, Musik und Geschichten zum besten und machen sie mit ihren Speisen und sogar Jagdmethoden bekannt, außerdem teilen sie ihr Wissen über Pflanzen und Tiere.

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Besucher aus Hawaii zu Gast beim Bunun-Bergführer Neqou Sokluman. (Foto: Chang Su-ching)

Buag Sokluman, der zu den Söhnen des Yushan gehört, begann seine Laufbahn als Bergführer vor vier Jahren. Im Alter von 10 Jahren war er ausgiebig im Jagen in den Bergen unterwiesen worden. "Ich konnte nicht ans Essen denken, wenn ich nichts fing", erinnert sich Buag. Seit das Nationalparkgesetz bei der Jagd Schonfristen vorschreibt, musste er die Jagd aufgeben und arbeitet nun seit einigen Jahren als lizensierter Führer. "Als Führer muss man eine Leidenschaft für den Berg haben, andernfalls hält man das nicht durch", meint er.

Träger und Führer Suntiq Manqoqo hält wahrscheinlich den Rekord für die Anzahl von Besteigungen des Yushan -- seit etlichen Jahren geht er mindestens drei Mal die Woche rauf. "Die Landschaft des Yushan ist für mich bei jeder Besteigung anders", behauptet Suntiq. "Dort oben ist der Druck des Lebens viel geringer."

Diese Männer fühlen sich in den Bergen zu Hause. In ihrer Welt liegen die Städte am Rand, den Mittelpunkt bildet der Berg. Suntiq und Buag waren bei vielen historischen Ereignissen auf dem Yushan dabei, darunter beim Bau der Hängebrücke auf dem Payungkuan-Pfad oder mehreren dramatischen Rettungsaktionen am Berg.

Vertrautheit mit dem Berg sowie ihre Stärke und Energie sind der Wettbewerbsvorteil der Bunun in diesem Gewerbe. Nach Ansicht vieler Bergsteiger braucht ein qualifizierter Führer aber noch mehr, etwa die Fähigkeit, Technologie zum Kartenlesen zu benutzen. "In Wirklichkeit ist GPS-Technologie in Taiwans Bergland nutzlos, weil sie nur beschränkte topografische Informationen bietet", stellt Buag klar. Er ärgert sich über das Vorurteil, die Bunun könnten nur Arbeitskraft bieten und kein Knowhow, und dem Wissen und der Erfahrung der Bunun könne man weniger trauen als Hightech-Geräten.

Buag hat schon viele Leute auf dem Berg begleitet und genau beobachtet, wie sie auf den Yushan reagieren. "Wenn die Leute den Gipfel erreichen, sind sie alle stolz und rühmen sich damit, auf dem höchsten Punkt Taiwans zu stehen", berichtet er. "Manche behaupten, sie seien stolz darauf, Taiwaner zu sein", ergänzt Neqou. In ihren Augen kommt beim Bergsteigen jedoch nicht die Körperkraft, sondern die Einstellung an den Tag. Während manche taiwanischen Bergsteiger auf dem Berg Götterstatuen bauen oder Geistergeld verbrennen, konnten die Führer bei den japanischen Bergsteigern eine völlig andere Ethik beobachten. "Die japanischen Bergsteiger helfen immer dabei, den Abfall anderer Leute aufzuheben", lobt Buag.

Wie soll man ihn nennen?

Die traditionelle Bunun-Kultur bietet ein Modell für dauerhafte Beziehungen des Menschen mit dem Berg, und Söhne des Yushan hofft, Außenstehenden einen Blick auf dieses Modell zu ermöglichen. "Wir sind nicht gegen die Idee, dass der Yushan Taiwans heiliger Berg sei", erläutert Neqou. "Doch das wirkt hegemonial. Schließlich ist der Yushan wirklich unser heiliger Berg, die Bunun haben ein mystisches Verhältnis zu ihm. Wir sagen nicht, der Mt. Tapachien sei unser heiliger Berg, denn er ist für den Atayal-Stamm heilig." Zwar gibt es keine lautstarke Bewegung, die den Yushan als Bunun-Symbol zurückfordert, doch es gibt das Gefühl, dass das besondere Verhältnis der Bunun zum Berg breiter anerkannt werden könnte. "Vielleicht könnte man in der breiteren Gesellschaft eines Tages darüber nachdenken, ob man den Yushan nicht Tongku Saveg nennen sollte", schlägt Neqou vor.

Ein Fußmarsch vom Ausläufer des Yushan zu seinem Gipfel dauert einen Tag, doch die Entwicklung eines Systems verantwortungsvoller Landverwaltung benötigt erheblich mehr Zeit. Laut Einschätzungen von Fachleuten besitzt der Yushan das Potenzial, zum UNESCO-Welterbe erklärt zu werden. Um das möglich zu machen, sollten neben der Erfüllung anderer Kriterien nicht zu viele Touristen im Jahr auf den Berg gelassen werden, damit die Qualität der Umwelt aufrechterhalten wird, und der Berg braucht zudem eine deutlich definierte Identität bei der Mehrheit der Einheimischen. "Da Taiwan kein Mitglied der Vereinten Nationen ist, ist eine Erklärung des Yushan zum Welterbe derzeit unwahrscheinlich", sinniert Lin. "Wir glauben aber, dass das in der Zukunft erreicht werden wird."

Während Taiwan weiter aus dem Schatten der Kontrolle durch ausländische Regimes und ihren alles Einheimische ablehnenden Einstellungen heraustritt und die Taiwaner gleichzeitig ein Nationalbewusstsein entwickeln, kann man sicher sein, dass der Yushan die Rolle eines Symbols spielen wird.

(Deutsch von Tilman Aretz)

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